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     1206  0 Kommentare Widerrufsjoker: Baufinanzierung kann widerrufen werden - viele Verträge falsch

    Viele Verbraucher hatten den sogenannten Widerrufsjoker schon abgeschrieben. Doch jetzt lassen sich durch den Widerruf eines Hypothekendarlehens wieder etliche Tausend Euro sparen. Denn der BGH hat eine weit verbreitete Klausel zum Aufrechnungsverbot für fehlerhaft erklärt.

    Genau genommen sind es zwei Urteile, den Widerrufsjoker neu beleben. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zahlreicher Banken sei unwirksam, so der Bundesgerichtshof in seinem Urteil aus dem Frühjahr 2018 (XI ZR 309/16). Grund: Die Regel benachteilige Verbraucher und erschwere es ihnen, ihr Widerrufsrecht auszuüben. Allerdings hatten die obersten Richter zunächst offengelassen, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. 

    Dazu äußerst sich nun erstmals das Landgericht Ravensburg (2 O 21/18) – und zwar äußerst positiv für Verbraucher. Das Gericht stellt nämlich fest, dass durch die unwirksame Klausel die komplette Widerrufsbelehrung des Kredits nicht ordnungsgemäß ist. Damit fängt die übliche Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen an. Der Verbraucher kann also ein solches Darlehen noch Jahre nach Abschluss widerrufen.

    Bei der vom BGH beanstandeten Klausel geht es um das sogenannte Aufrechnungsverbot. Beklagte war in diesem Fall eine Sparkasse. In deren Vertragsunterlagen heißt es:

    „Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“

    Darin sieht der BGH eine unzulässige Benachteiligung des Verbrauchers, insbesondere, wenn dieser seinen Vertrag widerrufen sollte. In einem solchen Fall wird nämlich eine Rückabwicklung des Kredits vorgenommen, in dessen Rahmen sowohl Kreditnehmer als auch Bank Forderungen gegen die jeweils andere Seite haben, die üblicherweise gegeneinander verrechnet werden.

    Die Konsequenzen, die sich aus diesen beiden Urteilen ergeben, sind spektakulär: Setzt sich die Rechtsprechung des LG Ravensburg durch, so wären ein großer Teil der nach Juni 2010 abgeschlossenen Baufinanzierungen fehlerhaft und könnte vom Kunden widerrufen werden. Zwar bezieht sich das Ravensburger Urteil nicht auf eine Baufinanzierung, sondern auf einen unbesicherten Verbraucherkredit. Experten sind jedoch der Meinung, dass der Richterspruch uneingeschränkt auf Immobilienkredite anzuwenden ist. Zudem ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, da die Bank Berufung eingelegt hat. Allerdings haben sich inzwischen schon weitere Gerichte der Sichtweise der Ravensburger angeschlossen.

    Nach den Untersuchungen der Interessengemeinschaft Widerruf verwenden unter anderem folgende Kreditinstitute die unwirksame Klausel in ihren Verträgen: Volksbanken, Sparkassen, ING Diba, Sparda-Banken, DSL Bank, BW Bank und Commerzbank.

    Verbraucher, die bei diesen Banken ein Darlehen abgeschlossen haben, haben nun mit diesen beiden Urteilen gute Karten, hochverzinste Baufinanzierungen aus dem Zeitraum nach Juni 2010 zu widerrufen und in die aktuell niedrigen Konditionen umzuschulden. Da die Zinsen für zehnjährige Baufinanzierungen zwischen Mitte 2010 und 2012 noch zwischen drei und vier Prozent lagen, können private Immobilienbesitzer durch diesen sogenannten Widerrufsjoker ihre Zinsen häufig mehr als halbieren.

    Auch wenn ein Kredit vorzeitig aufgelöst wird, beispielsweise, weil die Immobilie verkauft wird, darf die Bank bei einem wirksamen Widerruf keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Wurde in der Vergangenheit eine solche Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt, dann kann der Verbraucher dieses Geld zurückfordern, wenn er den Widerrufsjoker zieht.

    Nach unseren Erfahrungen werden Verbraucher jedoch zunächst bei ihrer Bank auf Granit beißen, wenn sie ihre Baufinanzierung widerrufen wollen. Das ändert sich häufig, wenn ein fachkundiger Anwalt eingeschaltet wird. Wer wissen will, ob sein Kreditvertrag den hier besprochenen Fehler enthält und sich über weitere Schritte informieren will, sollte sein Darlehen prüfen lassen. Dies ist  kostenlos und unverbindlich möglich bei der Interessengemeinschaft Widerruf.


    Roland Klaus
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    Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerrufsjoker informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen, Kfz-Krediten und Lebensversicherungen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buches Wirtschaftliche Selbstverteidigung.

    Sie erreichen Ihn unter www.widerruf.info
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    Verfasst von Roland Klaus
    Widerrufsjoker: Baufinanzierung kann widerrufen werden - viele Verträge falsch Viele Verbraucher hatten den sogenannten Widerrufsjoker schon abgeschrieben. Doch jetzt lassen sich durch den Widerruf eines Hypothekendarlehens wieder etliche Tausend Euro sparen. Denn der BGH hat eine weit verbreitete Klausel zum Aufrechnungsverbot für fehlerhaft erklärt.