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    Marktkommentar  777  0 Kommentare Dr. Daniel Hartmann (BANTLEON): Italien bleibt eine Belastungsprobe

    Den Entscheidungsträgern in Brüssel wird nichts anderes übrig bleiben, als im Dezember ein Defizitverfahren gegen Italien einzuleiten.

    Die italienische Regierung ist im Budgetstreit weiterhin zu keinen Zugeständnissen bereit. Mit dem aktuellen Haushaltsentwurf verstösst sie mindestens gegen zwei Fiskalregeln der EU: Das strukturelle Budgetdefizit und die Schuldenstandsquote werden nicht in ausreichendem Maß zurückgeführt.

    Den Entscheidungsträgern in Brüssel wird somit nichts anderes übrig bleiben, als im Dezember ein Defizitverfahren gegen Italien einzuleiten. Entsprechend zeichnet sich derzeit keine Entspannung der Lage ab – Italien bleibt ein Belastungsfaktor für die Eurozone.

    Im italienischen Budgetstreit ist die nächste Eskalationsstufe erreicht. Nachdem die EU-Kommission – erstmals in der Historie überhaupt – einen Haushaltsplan abgelehnt hat, war die italienische Regierung in dieser Woche aufgefordert, einen überarbeiteten Entwurf für 2019 zu präsentieren. Lega und Cinque Stelle waren jedoch zu keinen Zugeständnissen bereit. Vor allem am Defizitziel in Höhe von 2,4% wird weiterhin manisch festgehalten, anders wären ihre Wahlkampfversprechen auch kaum realisierbar.

    Der EU-Kommission dürfte somit nichts anders übrigbleiben, als Italien noch stärker unter Druck zu setzen. Nach derzeitigem Stand bricht Italien die Fiskalregeln in mindestens zweierlei Hinsicht. Zum einen ist jedes Mitgliedsland aufgefordert, sein strukturelles Haushaltsdefizit in Richtung 0,0% des BIP abzubauen. Die EU-Kommission hat zuletzt für Italien eine Reduktion um 0,6%-Punkte pro Jahr empfohlen. Der bisherige Entwurf der italienischen Regierung sieht jedoch im krassen Wiederspruch dazu im Jahr 2019 eine Ausweitung um 0,8%-Punkte vor (von -0,9% auf -1,7%).

    Zum anderen müssen die Mitgliedsländer ihre Schuldenquote in »ausreichender Geschwindigkeit« zurückführen, wenn sie über 60% des BIP liegt. Wird die Regel im Falle Italiens konsequent ausgelegt, müsste die Defizitquote in den nächsten drei Jahren von 131% auf etwa 120% fallen. Das aktuelle Szenario der Regierung sieht aber nur einen Rückgang auf knapp 127% vor. 

    Dabei sind die Annahmen von Finanzminister Giovanni Tria noch sehr optimistisch. Die Kommission selbst geht in ihrer aktuellen Herbstprognose davon aus, dass das strukturelle Budgetdefizit Italiens nicht nur um 0,8%, sondern sogar um 1,2% ansteigen wird (von -1,8% auf -3,0%). Bei der Defizitquote rechnet sie in den nächsten Jahren mit einem Verharren auf dem aktuell völlig überhöhten Niveau von 131%. Bleiben die Eckpunkte des italienischen Budgetplans unverändert, wird die EU-Kommission somit um die Einleitung eines Defizitverfahrens nicht herumkommen. Dies wird vermutlich Anfang Dezember geschehen.

    Unmittelbare Konsequenzen ergeben sich daraus allerdings nicht. Vielmehr hat Italien dann noch einmal mindestens drei Monate Zeit, um auf den Kurs der Kommission einzuschwenken, erst danach kann der Ministerrat Strafen verhängen (z.B. keine Zahlungen mehr an Italien aus den Struktur- und Investitionsfonds). Ob es soweit kommt, ist indes fraglich. Schliesslich würde ein solches Urteil mitten in den Wahlkampf zum Europäischen Parlament fallen. Ist der Budgetstreit also nur viel Lärm um nichts?

    Wohl kaum. Italien würde weiterhin über Monate am Pranger stehen und eine institutionelle Krise innerhalb der EU auslösen – schliesslich basiert der Fiskalpakt auf der Kompromissfähigkeit der Euroländer. Bei den italienischen Unternehmen ruft der Konfrontationskurs der Regierung bereits jetzt Missstimmung und Unisicherheit hervor. Die Rating-Agenturen dürften ebenfalls hellhörig werden. Das Szenario der EU-Kommission zur künftigen Entwicklung der Schuldenquote ist alles andere als unrealistisch. Ist hier keine Besserung absehbar, drohen weitere Bonitäts-Herabstufungen.

    Nicht zuletzt erzeugt auch das konjunkturelle Umfeld Gegenwind. Italien leidet wie alle Euroländer unter der globalen Abkühlung. Nunmehr kommen noch die politischen Turbulenzen und die Ausweitung der Risikoaufschläge hinzu, die der gesamten italienischen Wirtschaft höhere Finanzierungskosten bescheren. Die Konjunkturbarometer befinden sich als Folge davon bereits im beschleunigten Abwärtstrend. Ein erneuter Rückfall der italienischen Wirtschaft in die Stagnation wird daher immer wahrscheinlicher. Dies macht es der Regierung noch schwerer, das Budgetdefizit unter Kontrolle zu halten. Italien dürfte somit ein anhaltender Belastungsfaktor für die Eurozone bleiben – Ausgang unsicher.




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