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     3024  0 Kommentare CHRONIC UNEASE: CRASH 1987 UND HEUTE – GIBT ES WIRKLICH PARALLELEN?

    Gestern Abend erklärte Ralph Acampora in einem Interview mit MarketWatch, dass ihn die aktuelle Marktlage an 1987 erinnere. Ob Acampora Recht hat oder nicht. Mal schauen. Während ich diese Zeilen schreibe, weisen mich einige Kollegen schon darauf hin, dass er so oft falsch gelegen habe, dass das auf keine Kuhhaut gehe. Klar. Stimmt.

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    Als Investoren mit Private-Equity-Ansatz basieren unsere Entscheidungen ja auch nicht allein auf Charts. Aber Charts sind ein wichtiges Element der Behavioral Finance und die ist für uns hoch relevant.

    Neben Ralph Acampora gibt es im Moment einen sehr viel präsenteren Bären, der bereits seit dem Sommer große Treffsicherheit bezüglich seiner Aussagen aufweist: Michael „Mike“ Wilson, Chief U.S. Equity Strategist & Chief Investment Officer Institutional Securities & Wealth Management bei Morgan Stanley. „The man who saw the selling coming“, so begrüßte ihn Scott Wapner, Moderator von CNBC Fast Money Halftime Report am 25. Oktober beim Halftime Report.

    Schon vor einem Jahr, am „30. Jahrestag“ des Crashs ’87, bin ich in den Keller gegangen und habe dort meine Diplomarbeit herausgesucht. Titel: „Der Kurssturz an den Aktienbörsen im Herbst 1987 – Darstellung von Verlauf und Erklärungsansätzen“, Kiel 1988.

    Vor einem Jahr war nicht der Zeitpunkt, einen Bezug zur Historie herzustellen. Das empfinde ich heute anders und schreibe deshalb die nachfolgende Gegenüberstellung in vier Punkten:

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    Ansätze zur Erklärung des Kurssturzes 1987
    versus
    Aussagen Mike Wilson zur Situation heute

    Mike Wilson hat sich als hoch relevanter Beurteiler der aktuellen Situation perfekt qualifiziert, weil er die vier aufgeführten Aussagen alle bei CNBC öffentlich getätigt hat.

    Sie werden sich vielleicht fragen, was Prof. Reinhart Schmitt, meinen damaligen Professor und späteren Doktorvater, bewogen hat, meinen Themenvorschlag für eine Diplomarbeit zu akzeptieren. Es war wohl – neben anderem – wichtig, dass ich das Börsengeschehen vor dem Kurssturz 1987 seit Beginn meiner Banklehre im August 1984 bei der Dresdner Bank in Frankfurt am Main nicht nur genau beobachtet hatte, sonders selbst auch intensiv an den Märkten aktiv war. Außerdem war es mir gelungen, die Analyseabteilung der Dresdner Bank dafür zu gewinnen, mich bei der Diplomarbeit zu unterstützen. Dies gelang mir, weil ich den September vor dem Crash dort gearbeitet hatte und die Endphase der Entwicklung hautnah mitbekam.

    1. Bewertung

    Kurssturz 1987
    „Ein Vergleich der absoluten Höhe der PE-Ratio zeigt das hohe Niveau der Gewinnbewertung in Japan. Dies hatte schon vor dem Kurssturz im Herbst 1987 eine Vielzahl von Analytikern veranlasst, für den japanischen Aktienmarkt einen Kurssturz zu prognostizieren. […] Das Bewertungsniveau der amerikanischen Aktien befand sich zwar auch im Bereich historischer Höchststände, aber eine Korrektur wurde aufgrund dieser Entwicklung noch nicht erwartet. Verschiedene europäische Aktienmärkte (Deutschland, Schweiz, Niederlande) wiesen bereits vor dem Kurssturz eine im Vergleich zu den USA und Japan niedrige PE-Ratio auf. Dieser Sachverhalt wurde zur Begründung von Anlageempfehlungen für diese Aktienmärkte genannt. []

    Die Tatsache jedoch, daß der Kurssturz 1987 nicht von Japan ausging und europäische Aktienmärkte besonders starke Kursrückgänge im Herbst 1987 zu verzeichnen hatten, zeigt, daß die Höhe der Kurs-Gewinn-Verhältnisse allein zur Erklärung des Kurssturzes nicht ausreicht. Offenbar sind auch andere Faktoren für die Entwicklung der Aktienmärkte von Bedeutung.“

    Mike Wilson 2018
    Die gute Nachricht sei, dass der Bärenmarkt schon länger laufe, als die meisten wahrnehmen – seit Dezember 2017 bzw. Januar 2018. Neu sei, dass jetzt nicht nur Aktien in den Emerging Markets und Europa fallen, sondern auch in den USA. „A lot of damage now“ bei Tech-, Growth- und Small-Cap-Aktien. Aber 80 % der Korrektur sei bereits durch.
    Die wirklichen Opportunitäten sieht er eher außerhalb der USA, weil dort der Bärenmarkt schon so lange läuft. Bei Growth ist er weiter vorsichtig, Zykliker findet er spannender, weil bei diesen die Korrektur weiter fortgeschritten ist. Bei vielen dieser Aktien sei eine mögliche Rezession bereits eingepreist.

    Die Börse hat Humor. Zum Zeitpunkt der Aussagen von Mike Wilson laufen gerade „Discretionary & Tech“ – Sektoren, die er nicht empfiehlt …

    2. Zinsen und Liquidität

    Kurssturz 1987
    „Der Zins für 10-jährige US-Staatstitel fiel seit 1984 von über 13 auf circa 7,5 Prozentpunkte – ein Rückgang von etwa 40 %. Die Wende des Zinstrends vollzog sich im Frühjahr 1987. Die langfristigen US-Dollarzinsen stiegen innerhalb eines Dreivierteljahres vom Tiefstand gerechnet um über 30 % bis auf 10,25 Prozentpunkte am 15. Oktober 1987. Eine ähnliche Entwicklung machten auch die Zinsen für kürzere Laufzeiten durch und der US-Diskontsatz wurde im September 1987 von 5,5 auf 6 Prozentpunkte erhöht. Diese Entwicklungen lösten an den Finanzmärkten massive Zinsängste aus.“

    Untersuchungen von Ibbotson und Sinquefield (1982) haben ergeben, dass im langfristigen geometrischen Mittel – zwischen 1926 und 1981 – eine jährliche Rendite erzielt werden konnte von real 9,1 % bei US-Aktien und real 3 % bei langfristigen US-Staatstiteln. Die Ertragsschwankungen bei Aktien (Standardabweichung 21,9) lag […] viermal so hoch wie bei Staatstiteln (5,7).“

    „Im Oktober 1987 konnte nach den massiven Zinssteigerungen für langfristige US-Staatstitel eine Realverzinsung von über 5 % (Inflationsrate ca 4,5 %) erzielt werden. Der Ertrag eines Aktienportefeuilles lag nach den erheblichen Kursgewinnen seit Jahresbeginn Anfang Oktober bei über 30 %. Eine Neubewertung des Ertrags-Risiko-Verhältnisses von Aktien und Renten durch die Marktteilnehmer führte Mitte Oktober, nachdem der Nominalzins langfristiger Staatstitel über 10 Prozentpunkte gestiegen war, zu massiven Portfeuilleumschichtungen. Verkäufen von Aktien standen Käufe risikoärmerer Staatsanleihen gegenüber. Eine Hausse der Rentenkurse ließ den langfristigen US-Dollarzins bis Ende Oktober unter 9 Prozentpunkte sinken.“

    „Der Zinsanstieg, insbesondere in den USA, ist als eine der entscheidenden Ursachen des Kurssturzes im Herbst 1987 anzusehen.“

    Mike Wilson
    Der Hauptgrund für diesen Bärenmarkt ist Liquidität. Die weltweite Liquidität nimmt ab. Fed-Tightening, EZB-Tapering und gleichzeitig ein höheres Angebot bei Anleihen aufgrund der steigenden Staatsverschuldung der USA. Wenn die Kursrückgänge weitergehen, werde die Fed irgendwann in den Rückwärtsgang schalten. Die Zinserhöhung im Dezember werde kommen, aber vielleicht wird signalisiert, dass in 2019 die nächsten Zinserhöhungen langsamer kommen, als heute erwartet wird. Dann gehe die Börse wieder hoch und die riskantesten Anlagen steigen am meisten.

    Der Wechsel der Fed-Politik habe schon im vierten Quartal 2017 stattgefunden. Wechsel von Yellen zu Powell und der Beginn des Abbaus der Fed-Bilanz seien dafür die Stichworte. Die Fed sei eine Institution, die einfach ihren Job mache. Viele hätten nur nicht gedacht, dass die Änderung der Fed-Politik sich so schnell auf die Märkte auswirken werde.

    3. Weitere Probleme für den Markt

    Kurssturz 1987
    „Die Darstellung der Liquiditätsentwicklung zeigt, dass insbesondere in den USA eine Änderung des Notenbankkurses hin zu einer restriktiveren Geldpolitik zum Anstieg des Nominalzinsniveaus beigetragen hat. []

    Die Tatsache, dass der Kurswechsel der US-Notenbank sich bereits lange vor dem Kurssturz vollzogen hat, sollte auch den Finanzmarktteilnehmern zu denken geben. Das Rückschlagspotential, das sich im Oktober 1987 aufgestaut hatte, entstand ja nicht nur durch die Kursänderung der Notenbank, sondern auch durch die über 30-prozentige Kurssteigerung der amerikanischen Aktienmärkte [seit Jahresbeginn 1987]. Eine Begründung der Zinssteigerungen ausschließlich durch die restriktivere Geldpolitik erscheint unvollständig. Neben dem Rückgang der Geldmenge hatten wahrscheinlich auch die vermehrten Inflationsängste – ob begründet oder unbegründet – eine zinssteigernde Wirkung, die nur schwer von der Notenbank kontrolliert werden kann.“

    Mike Wilson
    Die US-Regierung agiere im Bereich der Handelspolitik so, als ob dies keine großen Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung habe. Die Zölle wirkten sich aber negativ auf die Beschaffungsmärkte aus. Das habe dann bereits in 2018 negative Effekte für die Gewinnmargen der Unternehmen, wie die gerade laufende Berichtssaison zeige.

    Im Ergebnis sei es so, dass die Unternehmensgewinne den Gipfel erreicht hätten – das sei noch keine Rezession – und die „Tariffs“ sind eine in dieser kritischen Situation zusätzliche Belastung für die Unternehmen. Die gesamte Wirtschaft stehe auf der Kippe, weil man damit rechnen müsse, dass es in 2019 (Q2 und Q3) zu größeren Gewinnrückgängen bei den US-Unternehmen komme. Das sage er bereits seit einiger Zeit voraus, so Wilson. Hauptgrund dafür sei, dass parallel zur Wachstumsabschwächung mit signifikant steigenden Kosten für die Unternehmen gerechnet werden müsse. Die Handelspolitik verstärke diese Entwicklung negativ.

    4. Ausblick

    Kurssturz 1987
    Für das im Zusammenhang mit 1987 meist angesprochene Thema „Kettenreaktion“ ist an dieser Stelle kein Platz. Die Börsen erholten sich 1987 relativ schnell, auf die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Jahren hatte der Kurssturz keine signifikate Auswirkung. Bedeutender war wohl die Rezeption im Kino und die bleibende Erinnerung einer Kettenreaktion neuer Art im Gedächtnis derjenigen, die diese miterlebt haben. Dazu bei anderer Gelegenheit gerne mehr.

    Mike Wilson
    erwartet für heute einen mehrjährigen Bärenmarkt – fügt aber hinzu, dieser habe ja bereits Dezember 2017 / Januar 2018 begonnen. Außerdem erwarte er nicht, dass der S&P signifikant unter 2.400 Punkte fallen werde. Aber er gehe auch nicht davon aus, dass es in 2019 zu signifikanten Kurssteigerungen des Index kommen werde wie in den letzten Jahren. Die Phase der Konsolidierung könne bis in das Jahr 2020 andauern. Der Bärenmarkt sei ein Seitwärtsmarkt, in dem mit den Strategien der letzten Jahre nur schwer Geld zu verdienen sei.

    Positiv sei, dass der generelle Bullenmarkt, der vor sechs oder sieben Jahren begonnen habe, danach weitergehen werde. Und viele Aktien seien jetzt schon nicht mehr weit von interessanten Kaufniveaus entfernt.

    Lesen sie auch unsere Notiz zu „Vampir und Gier“ vom 29. Juli 2018.

    Es ist vielleicht in Zukunft nicht mehr alles nur „FANG“, füge ich mal hinzu. Und dass die Indizes seitwärts laufen, wenn FANG weiter korrigiert, das ist angesichts des Gewichts dieser Aktien in den Indizes schon mit dem kleinen Einmaleins nachzurechnen.

    Dass Stockpicker in der kommenden Zeit bessere Chancen auf Outperformance haben als auch schon, davon sind wir überzeugt.

    Ob sich 1987 in 2018 in Sachen „Crash“ wiederholt?
    Das kann niemand wissen. Sie nicht, wir nicht. Keiner.

    Aber vorsichtig kann man sein.

    Notiz „Mind the Gap“ vom 24. Oktober 2018



    Dr. Georg Oehm
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    Dr. Georg Oehm arbeitet seit seiner Banklehre Mitte der 80er Jahre in Frankfurt "rund um die Börse". Nicht nur die Diplomarbeit über den Kurssturz 1987 und seine Promotion über den Rohstoffhandel von Kupfer hatten mit der Börse zu tun. Auch Unternehmenskäufe, Verkäufe und die Begleitung von IPOs gehörten zu seinen Tätigkeiten.

    Seit 2008 bei Mellinckrodt aktiv ist er heute Verwaltungsrat der Mellinckrodt 2 SICAV in Luxemburg, die mit Mellinckrodt German Opportunities einen UCITS-Fonds anbietet, der einen Private Equity-Ansatz nutzt, um Anleger vor den Fallstricken der Behavioural Finance zu schützen.

    Seine "Notizen zum Aktienmarkt" erscheinen jetzt auch bei wallstreet:online.
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    Verfasst von Dr. Georg Oehm
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