Max Otte:
Bei einem Crash wird unser Geld dauerhaft entwertet
Seit Oktober hat der DAX kontinuierlich Punkte einbüßt: Von 12.370 am 1.10.2018 auf 11.425 am 16.11. 2018. Die wallstreet:online Redaktion nahm den aktuellen Trend zum Anlass, um mit Max Otte über Chancen und Risiken am Markt zu sprechen.
1. Welche Gründe sehen Sie für eine DAX-Jahresendrallye?
Es war die letzten Jahre eigentlich immer ein gewisser Grundpessimismus im Markt. Besondere Euphorie war nicht zu erkennen. Nun gab es eine doch heftige Korrektur. Damit ist auch wieder eine Gegenreaktion angesagt. Zudem bleiben die großen krisenhaften Entwicklungen ja aus.
Auch sind im DAX, anders als im S&P, der zuletzt von den großen Techgiganten angetrieben wurde, vor allem zyklische Unternehmen. Diese würden von einem Anstieg der Inflation wahrscheinlich profitieren und sind nicht so zinssensibel.
2. Welche DAX-Unternehmen haben das Potenzial, den DAX auf 13.000 Punkte zu schicken?
Ich erwarte eigentlich eine Erholung durch die Bank. Besonders dürften aber die Zykliker diese Erholung treiben: Maschinenbau, Finanztitel, Automobilwerte.
3. Welche DAX-Unternehmen sind unterbewertet und welche überbewertet?
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Ich würde eher auf den Index setzen.
4. Lohnt es sich jetzt Einzelaktien zu kaufen, oder welche Geldanlage würden Sie empfehlen?
Das ist eine Frage des Charakters. Wer will kann natürlich durchaus mit Einzeltiteln agieren. Wer nicht so aktiv eingreifen will, kauft einen möglichst breit aufgestellten Indexfonds. Kein ETF, denn da gibt es viele Fußangeln. Oder er vertraut sein Geld 2-3 vermögensverwaltenden Mischfonds. Das sage ich nicht nur, weil ich selber einen betreue, sondern weil die Märkte so schnell geworden sind, dass es Sinn machen kann, sein Kapital 2-3 Profis zu geben, denen man vertraut. Am besten sind aus meiner Sicht kleinere inhabergeführte Häuser - da stehen die Inhaber selber für das Ergebnis gerade.
5. Wo stünde der DAX bei einem Crash?
Die Gefahr eines DAX-Crashs ist dann am größten, wenn auch die US-Börsen crashen. Und diese haben den längsten und zweitstärksten Aufschwung seit Ende des Zweiten Weltkriegs absolviert. Irgendwann wird es soweit sein. Auf dem Fondskongress in Mannheim habe ich mich dahingehend festgelegt, dass es in der ersten Amtszeit von Donald Trump passiert.
Wenn aber die Börsen des Westens crashen, dann haben wir eine Wirtschaftskrise oder Schlimmeres, das einen weit heftigeren Ausmaß hat als 2008 - 2009. Irgendwann ist es soweit. Dann macht es auch keinen Sinn ein Kursziel für den DAX nach unten anzugeben. Dann kann sich glücklich schätzen, wer Aktien und Gold hat, weil Geld wahrscheinlich dauerhaft entwertet werden wird.
6. Wird das Wahlergebnis zum neuen CDU-Vorsitzen einen Einfluss auf den DAX haben?
Ja, ich erwarte eine durchaus positive Wirkung, wenn ein neuer Vorsitzender kommt. Am meisten bei Merz, obwohl ich die Vorschusslorbeeren auf den Blackrock-Cheflobbyisten nicht teilen kann. Er ist auch nach seinem Ausscheiden mit den Finanzinteressen von Blackrock verstrickt. Selbst, wenn er juristisch nichts falsch macht, teilt er die Denkweise seines alten Arbeitgebers und kann Deutschland nicht unvoreingenommen dienen. Wir sehen ja ähnliches bei Mario Draghi.
7. Die Inflation ist auf einem neuen Höhepunkt angekommen, was sollten Sparer beachten?
Um Sachwerte und Aktien - in welcher Form auch immer - geht kein Weg
herum.
Vielen Dank für das Interview!