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    Marktkommentar  816  0 Kommentare Hans-Jörg Naumer (AllianzGI): Einen Beitrag gegen die Ungleichheit leisten

    Durchschnitts- und Geringverdiener sollten stärker an der „Risikoprämie“ der Finanzmärkte partizipieren.

    Die weltweit zunehmende Ungleichverteilung von Vermögen wird durch eine wachsende Einkommensungleichheit weiter verschärft, und damit auch das Gefälle zwischen Einkommen aus Erwerbstätigkeit und Einkünften aus Sach- und Finanzvermögen. Um diese größer werdende Polarisierung zwischen arm und reich zu entschärfen, sollten Durchschnitts- und Geringverdiener stärker an der „Risikoprämie“ der Finanzmärkte partizipieren.

    Ökonomische Ungleichheit ist zwar kein neues Phänomen, in den vergangenen Jahren sind jedoch einige bedeutende Verschiebungen eingetreten.

    Während im Zuge der Automatisierung verstärkt Arbeitsplätze mit mittlerem Einkommen weggefallen sind, sind die oberen und unteren Einkommensanteile gewachsen. Diese Polarisierung des Arbeitsmarktes trägt zur weiteren Verschärfung der Ungleichheit bei. Hinzu kommt, dass vermögende Personen ihr Geld an den Kapitalmärkten in risikoreiche Anlageformen investieren und als Entlohnung für das eingegangene Risiko die „Risikoprämie“ vereinnahmen, wodurch sie ihr Vermögen noch weiter mehren.

    Schaubild 1: Vorboten des 2. Maschinenzeitalters? Veränderung der Beschäftigungsanteile nach Lohngruppen 1993-2006 Prozentuale Veränderung der Beschäftigungsanteile

    Quelle: Autor, D. (2014a), “Polanyi’s Paradox and the Shape of Employment Growth”, wissenschaftlicher Artikel für die Federal Reserve Bank of Kansas, Jackson Hole


    Um dieser Situation zu begegnen, sind Maßnahmen an mehreren Fronten erforderlich; wir sind jedoch überzeugt, dass zumindest ein Teil der Lösung darin besteht, die Teilhabe an den Finanzmärkten – und damit an der Risikoprämie - zu fördern.

    Der Anteil der Kapitaleinkommen am Volkseinkommen steigt, während die Arbeitseinkommensquote sinkt.

    Das Gesamteinkommen einer Volkswirtschaft verteilt sich funktional auf zwei Hauptquellen: Kapitaleinkommen (Einnahmen aus der Vermögensanlage) und Arbeitseinkommen (Einkommen aus unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit). Seit den 1970er-Jahren ist der Anteil des gesamtwirtschaftlichen Arbeitseinkommens am Volkseinkommen (Arbeitseinkommensquote) weltweit gesunken, während der Anteil der Kapitaleinkommen gestiegen ist. Die Einkünfte aus der Vermögensanlage wachsen demnach stärker als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Nach Einschätzung von Branko Milanovic, Gastprofessor an der City University of New York, trägt diese Verschiebung zur wachsenden Ungleichheit bei, sofern die folgenden drei Bedingungen erfüllt sind – was heute in allen wohlhabenden Volkswirtschaften der Fall ist:

    1. Die Rendite auf Kapital wächst schneller als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit.
    2. Einkommen aus Kapital konzentriert sich an der Spitze der Vermögenspyramide (Kapitalakkumulation).
    3. Die ungleich verteilte Einkommensquelle korreliert mit dem Gesamteinkommen.

    Schaubild 2: Der Anteil des Arbeitseinkommens am gesamten Volkseinkommen sinkt



    1 OECD Daten für Westdeutschland von 1970-1990 Quellen: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2017, Bureau of Economic Analysis, OECD, Allianz Global Investors Global Capital Markets & Thematic Research; Stand September 2017


    An den Kapitalmärkten hat sich das Eingehen von Risiken langfristig ausgezahlt

    Für jene, die bereit sind, Risiken einzugehen, lässt sich Kapitaleinkommen an den Finanzmärkten durch Vereinnahmung der „Risikoprämie“ erzielen – wer in risikoreichere Anlagen investiert, erwartet, dass diese im Laufe der Zeit eine höhere Rendite erwirtschaften als weniger risikobehaftete Investments. So zeigt der Vergleich der Risikoprämie des „risikoreichen“ S&P 500 Index mit den Renditen „sicherer“ US-Staatsanleihen im nachfolgenden Schaubild, dass sich das Eingehen von Risiken seit 1801 ausgezahlt hat.

    Schaubild 3: Risikoprämie von US-Aktien gegenüber US-Staatsanleihen (rollierende 30 Jahresrenditen)


    Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft. Quelle: Jeremy Siegel database 1801 - 1900 & Elroy Dimson, Paul Marsh, and Mike Staunton 1900 – 2009, Datastream , Allianz Global Investors Capital Markets & Thematic Research; Stand: Dezember 2017.


    Bezieht man die Existenz der Risikoprämie in die Betrachtung der zunehmenden Anzahl vermögender Personen mit steigendem Kapitaleinkommen ein, dann kann man daraus schließen, dass der wachsende Reichtum dieser Personen zumindest teilweise darauf zurückzuführen ist, dass sie bereit – und in der Lage – sind, höhere Risiken einzugehen

    Teilhabe an der Risikoprämie als Beitrag gegen die ungleiche Vermögensverteilung

    Es wäre von gesellschaftlichem Vorteil, wenn mehr Durchschnitts- und Geringverdiener in die Lage versetzt würden, die mit den Kapitalmärkten verbundenen Risiken für sich zu nutzen, um im Gegenzug mit der Risikoprämie entlohnt zu werden. Um das Potenzial einer solchen Kapitalbeteiligung zu veranschaulichen, betrachten wir die Vermögensbildung mithilfe eines hypothetischen Sparplans am Beispiel europäischer Staaten. Dabei unterstellen wir, dass jeder Erwerbstätige in Deutschland, Italien, Spanien Frankreich und Großbritannien von 1992 bis Ende 2017 monatlich 50 Euro in den jeweiligen nationalen Aktienmarkt investiert hätte.

    Den Deutschen könnte mehr als der gesamte Aktienmarkt gehören, hätten sie nur …

    Ergebnis eines Sparplans aller Erwerbstätigen, 50 Euro/Monat von 01/1992 – 12/2017


    Die systematische Ersparnis aus 5 Ländern hätte einen Anteil von fast 50% am Europäischen Kapitalmarkt gem. an der MSCI-Benchmark erbracht.

    Quelle: AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research; Stand: Dezember 2017.

    Das Ergebnis ist beeindruckend: Hätte dieser Sparprozess vor über 25 Jahren begonnen, dann würden die Erwerbstätigen der genannten fünf Länder heute einen Anteil von etwa 53 % der Marktkapitalisierung des MSCI Europe halten (was rund 4 Billionen Euro entspricht), und sie hätten dabei eine durchschnittliche jährliche Rendite von über 10 % auf ihre Ersparnisse erzielt. Und dies trotz der in diesem Zeitraum aufgetretenen Krisen, zu denen die geplatzte Dotcom-Blase, die Finanzkrise 2007–08 und die Eurokrise zählen.

    Natürlich ist dies nur eine hypothetische Betrachtung, und die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für zukünftige Ergebnisse. Auch ist eine Kapitalbeteiligung aller Erwerbstätigen über die Finanzmärkte sehr viel leichter gesagt als getan; viele Geringverdiener haben schlicht kein Geld für die Vermögensbildung übrig.

    Dennoch sind wir davon überzeugt, dass diese beispielhafte Betrachtung das Potenzial veranschaulicht, das sich durch eine stärkere Teilhabe an der Risikoprämie zur Erzielung attraktiver Renditen ergibt, und wodurch letztlich auch ein Beitrag gegen die wachsende ökonomische Ungleichheit geleistet wird.




    Rechtliche Hinweise:

    Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und die Erträge daraus können sowohl sinken als auch ansteigen und Investoren erhalten den investierten Betrag möglicherweise nicht in voller Höhe zurück. Die hierin enthaltenen Einschätzungen und Meinungen sind die des Herausgebers und / oder verbundener Unternehmen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich – ohne Mitteilung hierüber – ändern. Die verwendeten Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen und wurden als korrekt und verlässlich betrachtet, jedoch nicht unabhängig überprüft; ihre Vollständigkeit und Richtigkeit sind nicht garantiert und es wird keine Haftung für direkte oder indirekte Schäden aus deren Verwendung übernommen, soweit nicht durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Fehlverhalten verursacht.






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