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    Nachgehakt  37435  1 Kommentar Steuerskandal um "Phantom-Aktien": Aufklärung dauert zu lange – Wird uns was verschwiegen?

    Schon komisch, da geht es um Milliardengeschäfte von Banken, Aktienhändlern und Aktionären, die den Deutschen schlimmstenfalls dreistellige Millionensummen an Steuergeldern gekostet haben. Aber der Eindruck entsteht, dass die Regierung nur schleppend mit der Aufklärung vorankommt und noch nicht recht sagen will, wie das Loch in der Staatskasse entstanden ist und wie groß es ist - die neuesten Entwicklungen im Steuerskandal um "Phantom-Aktien", den "American Depositary Receipts" (ADR):

    Schon vor mehr als einer Woche kamen Journalisten des "WDR" und "Süddeutscher Zeitung" ("SZ") einem womöglich großangelegten Steuerbetrug auf die Spur. Die Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft zu den längst bekannten Betrügereien mit "Cum-Ex-Aktiengeschäften" haben wahrscheinlich zur Aufdeckung einer neuen Betrugsmasche von Finanzmarkt-Akteuren geführt. wallstreet:online berichtete hier ausführlich.

    Aber seitdem bleiben wichtige Antworten, die den deutschen Steuerzahler stark interessieren dürften, aus. Immerhin wacht jetzt die Regierungsopposition auf. So wirft die FDP laut "Westfälische Rundschau" (WR) Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor, "in Bezug auf das Ausmaß des Schadens und die genauen Abläufe der Steuertricksereien weiter im Dunkeln zu tappen". Bei einer Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages habe eine Staatssekretärin, die Scholz gestern, am Mittwoch, den 28.11.2018, vertreten habe, versucht, die Brisanz herunterzuspielen, sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Toncar, der WR-Redaktion. "Wenn der Betrug mit Phantom-Aktien seit sieben Jahren praktisch kein Problem mehr ist, warum hat dann das Finanzministerium am 15. November das elektronische Steuer-Erstattungsverfahren vorübergehend ausgesetzt?", fragte Oppositionspolitiker Toncar.

    Die wallstreet:online-Redaktion bat das Bundesfinanzministerium, die Bafin und das Bundeszentralamt für Steuern (BZST) um Antworten. Das BZST antwortete schon in der letzten Woche und verwies auf das Bundesfinanzministerium. Die Bafin antwortete ebenfalls schnell, aber in der Sache wenig erhellend, "dass die steuerliche Bewertung steuergestaltender Modelle den Steuerbehörden obliege. Dennoch sind steuerrechtliche Verstöße auch für die BaFin von aufsichtlichem Interesse".

    Heute hakten wir wieder bei der obersten Finanzbehörde, dem Bundesfinanzministeriums (BMF) in Berlin, nach. Wir wünschten Antworten auf unsere Fragen, inwieweit das BMF schon den Schaden beziffern könne, der dem deutschen Steuerzahler durch Steuertricksereien rund um ADR entstanden sei, inwieweit das elektronische Steuer-Erstattungsverfahren, mit dem die Kapitalertragssteuer automatisch überwiesen wurde, noch nicht wieder in Betreib sei und wie der Stand der Ermittlungen des BMF zu den ADR-Steuertricksereien sei.

    Ein Sprecher des Finanzministeriums antwortete rasch und stellte klar, dass man sich "zu einzelnen Aussagen in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages nicht äußern" könne. Der Sprecher verwies auf die Passagen des Protokolls der Regierungspressekonferenz vom 23. November 2018, das hier online eingesehen werden kann.

    Aber unterm Strich bleiben viele der gestellten Fragen offen. Muss sich das Bundesfinanzministerium, aufgeschreckt durch die Recherchen von "WDR" und "SZ", jetzt erst selbst einen Überblick verschaffen? Die wallstreet:online-Redaktion bleibt dran.

    Anhang:

    Immerhin reagierte das BMF schon am letzten Freitag mit einer Stellungnahme, die es der wallstreet:online-Redaktion zumailte. Hier die BMF-Stellungnahme vom letzten Feitag in vollem Wortlaut:

    „Erklärung des BMF zu der aktuellen Berichterstattung über die Erstattung von Kapitalertragsteuer bei American Depositary Receipts

    Die Recherchen der Medien weisen auf einen ernsten Vorgang hin. Das Bundesfinanzministerium geht diesen Vorwürfen mit Hochdruck nach und arbeitet dabei eng mit dem Bundeszentralamt für Steuern, das für die Erstattung von Kapitalertragsteuern zuständig ist, sowie mit den zuständigen Stellen der Bundesländer zusammen. Zugleich prüft das Ministerium, inwieweit die bestehenden Verfahren verbessert werden müssen, um Steuerhinterziehung weiter zu erschweren.

    Zum Hintergrund: Die Vorgaben für Inhaber von American Depository Receipts (ADR), die berechtigt sind, sich die Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen, sind eindeutig und schließen eine unberechtigte Erstattung aus. So dürfen Steuerbescheinigungen ausschließlich für ADR ausgestellt werden, die sich tatsächlich im Depot des jeweiligen Instituts befinden und für die die Kapitalertragsteuer auf die dem ADR zugrundeliegende Aktie abgeführt worden ist. Für so genannte pre-ADRs ist die Beantragung und Ausstellung einer Steuerbescheinigung unzulässig, weil pre-ADRs nicht mit Aktien unterlegt sind.

    Sollten entsprechende Bescheinigungen dennoch beantragt und ausgestellt worden sein, liegt ein klarer Gesetzesverstoß vor. Es ist jetzt die Aufgabe der zuständigen Ermittlungsbehörden, einschlägige Sachverhalte zu prüfen und zu ahnden. Dies umfasst auch die Haftung beteiligter Geldinstitute für den möglicherweise entstandenen Schaden. Steuerbetrug entzieht unserem Gemeinwesen die nötigen Finanzen und schädigt damit die Bürgerinnen und Bürger. Darüber hinaus verletzt es auch ihr Gerechtigkeitsempfinden. Das Bundesfinanzministerium hat sich dem Kampf gegen Steuerbetrug verschrieben. Wer sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern will, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.“

    Quellen:

    WZ

    Bundesregierung





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