Friedrich Merz
Blackrock-Kanzler wirbt für Wertpapiere: Schnapsidee steuerfreie Aktien-Rente?
Friedrich Merz will Aktionäre im Rahmen der staatlichen Altersvorsorge steuerlich begünstigen. Ein Überblick über Vorschlag, Kritik und Zuspruch:
Die Politik solle Aktienprodukte fördern, indem sie steuerliche Anreize gebe, so Friedrich Merz gegenüber der "Welt am Sonntag" (WamS). Wichtig sei, dass das Aktienpaket ausschließlich der Alterssicherung diene und erst dann abschlagsfrei aufgemacht werden dürfte, wenn die gesetzliche Altersgrenze erreicht sei, präzisiert der CDU-Mann. Friedrich Merz führt aus: "Denkbar wäre ein jährlicher Freibetrag, unter dem man einen auf Aktien basierenden Spar- oder Vorsorgeplan aufbaut. Dieser dürfte im Alter nicht mehr nachversteuert werden".
Die Kosten, die der Staatskasse durch Steuernachlässe für Aktionäre insgesamt entstehen würden, sieht der Blackrock-Aufsichtsrat bei "einem kleinen einstelligen Milliardenbetrag". Dieser sei angesichts von ca. 100 Milliarden Euro, die der Bund für die Rentenversicherung ausgebe, zu verkraften.
Ungeklärte Detailfragen
Nach dem schlagzeilenträchtigen Vorstoß von Merz bleiben viele Detailfragen offen. Eine davon ist, wie er sich einen gesetzlichen Rahmen vorstellt, der Aktien- und Eigenheim verbindet. "Wir sollten
die Aktienmärkte nutzen, um langfristig eine bessere Vermögens- und Kapitalbildung in den privaten Haushalten zu schaffen. Dann wird für viele Menschen in Deutschland der Erwerb eines Eigenheims
leichter werden", verkündete der Sauerländer.
Die Kritik an Merz‘ Aktienrenten-Plan vom Regierungspartner SPD lauteter: "Statt Steuersubventionen für Aktiendeals von wenigen müssen wir die gesetzliche Rente stärken", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider dem "Tagesspiegel". Der Merz-Vorstoß bedeute "Steuerpolitik für Alterssicherung de luxe", twitterte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner. Es reiche, die gesetzliche Rente zu sichern, argumentiert SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach. Lauterbach kritisierte auch den Interessenskonflikt des Blackrock-Managers und CDU-Politikers: Blackrock verstehe sich als Anbieter genau dieser Altersvorsorge-Aktien, twitterte der SPD-Politiker. Merz fordere somit "quasi Steuervorteile für seine Firma", so Lauterbach.
Kritik der Regierungspartner und der Opposition
Gerhard Schick, Finanzexperte der Bundestagsfraktion der Grünen, kam Merz ein wenig entgegen. Die Altersvorsorge sollte tatsächlich stärker über produktives Kapital erfolgen, sagte er dem "Tagesspiegel". Allerdings fehle es nicht an steuerlicher Förderung, sondern an einem guten und einfachen Angebot, bei dem nicht Banken und Versicherungen die Hand aufhielten und die Bürger Angst haben müssten, über den Tisch gezogen zu werden, meinte Schick. "Wenn Merz weniger die Interessen von Finanzmarktakteuren im Blick hätte, würde er unseren Vorschlag für ein einfaches Non-Profit-Produkt zur Altersvorsorge aufgreifen", so der Grünen-Politiker.
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Christian Lindner, FDP-Bundesvorsitzender twittert: "Den Gedanken von @_FriedrichMerz, die Aktienkultur in Deutschland zu stärken, teile ich. Aber warum so kompliziert? Besser wäre es, wieder eine Spekulationsfrist wie bei Immobilien einzuführen: Wer eine Aktie länger als XY Jahre hält, hat den Gewinn steuerfrei. Ende. CL".
Weitere Kritik, aber auch ein wenig Lob gab es von den führenden Wirtschaftsexperten des Landes. "Keine neue Förderung, sondern bestehende Systeme überprüfen", sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln gegenüber der "Rhein-Neckar-Zeitung". "Es gibt grundsätzlich keinen Grund bestimmte Anlageformen - wie Aktien oder Renten - steuerlich für die Altersvorsorge zu begünstigen", so Hüther. Mit Programmen wie den Riester- und Rürup-Renten gebe es bereits eine steuerliche Förderung, die aus verschiedenen Gründen auch kritisiert werde. Es müsse gefragt werden, ob durch bestehende Regelungen bestimmte Anlageformen diskriminiert würden, meint der Ökonom.
Verhaltener Zuspruch der Ökonomen
Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts, sagte: "Wir brauchen ein überzeugendes Gesamtkonzept für die Altersvorsorge und für die Besteuerung von Kapitaleinkommen". Die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel hält "eine gezielte Begünstigung spezieller Anlageformen für problematisch". "Besser wäre es, bestehende steuerliche Verzerrungen abzubauen", so Schnabel.
Hans-Werner Sinn, Ex-Chef des ifo-Instituts, sticht mit seiner positiven Haltung zu Merz`Vorschlag heraus: "Das ist eine richtige und wichtige Idee". Schon in zehn Jahren würden die Mitte der 1960er-Jahre geborenen Babyboomer ins Rentenalter kommen und Geld von Kindern fordern, die sie nicht haben und weiter: "Eine Politik, die vor der sicheren Finanzkrise des Staates die Augen verschließt, wäre verantwortungslos. Merz hat hier genau den richtigen Vorschlag unterbreitet, denn nur durch eisernes Sparen kann die absehbare Altersarmut noch gemildert werden".
Quellen: