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     762  0 Kommentare Christian von Engelbrechten: „Solide Unternehmen rücken wieder in den Marktfokus“

    Deutschlands Wirtschaft schwächelt, auch der globale Konjunktur-Motor stottert. Was das für den Anleger vor allem mit Blick auf 2019 bedeutet, erklärt Christian von Engelbrechten, Fondsmanager des Fidelity Germany Fund, im Gespräch mit der Redaktion.DAS INVESTMENT: Herr von Engelbrechten, Sie haben bereits im Sommer 2017 gemahnt, dass die Börse keine Einbahnstraße ist. Was hat sich seither an den Märkten geändert?
    Christian von Engelbrechten: Meine fundamentale Einschätzung hat sich wenig geändert. Um das kurz einzuordnen: Wenn wir zurückblicken, hatten wir 2016 eine nahezu euphorische Stimmung an den Börsen. Insbesondere in der zweiten Jahreshälfte – nach eigentlich eher fragwürdigen Entwicklungen wie den Brexit und der Wahl Trumps – sind die Märkte extrem stark nach oben gestiegen. Das hat sich 2017 teilweise fortgesetzt. Doch diese positive Stimmung – die wir übrigens auch bei den globalen Einkaufmanager-Indizes und im Ifo-Index mit seinem Allzeithoch Ende 2017 gesehen haben – hat sich in dieser Weise eben nicht in den Fundamentaldaten der Unternehmen widergespiegelt. Sowohl im Dax als auch im H-Dax haben sich für diese Jahre die Erwartungen an die Gewinne der Unternehmen praktisch kaum nach oben bewegt. Das würde man ja eigentlich erwarten, wenn die Stimmung so gut ist.
    Das bedeutet?
    von Engelbrechten: Das heißt, für eine lange Zeit sind aus meiner Sicht die Aktienkurse den Stimmungsindikatoren wie Ifo- und globaler Einkaufsmanager-Index (PMI) vorausgelaufen. Und diese Stimmungsindikatoren sind den Fundamentaldaten der Unternehmen vorausgelaufen – sowohl in Deutschland als auch in Europa. In den USA gab es zwar Verbesserungen der Gewinnerwartungen, aber hauptsächlich bedingt durch die Effekte von Trumps Steuersenkung und in einem geringeren Umfang durch operative Verbesserungen.
    Stimmung und Kurse waren den Fundamentaldaten davongelaufen
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     Quelle: Fidelity International, DataStream 9. Novemver 2018

    Und 2018?
    von Engelbrechten: Diese Entwicklung normalisiert sich dieses Jahr. Wir haben es teilweise schon 2017 gesehen, etwa bei Chemie-Unternehmen, dass die Schätzungen gesenkt wurden, was sich 2018 mit Gewinnwarnungen fortgesetzt hat. Auch die Stimmungsindikatoren haben sich abgeschwächt, der Ifo-Index liegt niedriger als am Jahresanfang. Viele Unternehmen, deren Aktienkurs 2016/2017 sehr stark gestiegen ist, zeigen jetzt, dass sie diese hohen Erwartungen einfach nicht erfüllen können, beispielsweise im Grundstoffe-Segment. Auch in der Chemie- und Stahlbranche sind die Erwartungen an die Gewinne jetzt wieder deutlich gedämpfter. Viele Unternehmen, die niedriger Qualität sind und vorher dennoch den Markt stark angetrieben haben, sind jetzt deutlich gefallen. Und die Unternehmen, die tatsächlich solide sind und ihre Gewinne auch kontinuierlich steigern können, rücken wieder verstärkt in den Marktfokus. Sie können damit auch wieder die Führung übernehmen.

    Welche Unternehmen sind das konkret?
    von Engelbrechten: Es sind Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich, der sich besser entwickelt. Im Technologiebereich kommen die Gewinnsteigerungen durch. Es sind aber auch einige Zykliker, die sich dieses Jahr wieder positiv abheben können, wenn sie denn eine strukturelle Wachstumsstory haben. Ein gutes Beispiel ist Airbus, die zweistellige Gewinnsteigerungen geliefert haben, über ein gut gefülltes Order-Buch verfügen und von strukturellem Wachstum profitieren. Genauso sieht man das bei anderen Unternehmen, die nicht unbedingt so stark angewiesen sind auf ein besonders gutes konjunkturelles Umfeld. Beispielsweise hat auch das Gesundheitsunternehmen Qiagen eine hohe Gewichtung im Portfolio. Es hat auch dieses Jahr seine Gewinnsteigerungen gebracht und ist weniger abhängig von einem positiven Markro-Umfeld, wie etwa Thyssenkrupp oder Heidelberg Cement.
    Was ist mit soliden Unternehmen, deren Aktien dieses Jahr stark unter Druck gekommen sind?
    von Engelbrechten: Die können möglicherweise nächstes Jahr wieder wachsen, wenn sie Zukunftspotenzial haben. Ein gutes Beispiel ist das Unternehmen Fresenius Medical Care. Nach einer leichten Gewinnrevision drehte der Wert an einem Tag 20 Prozent ins Minus. Dies lässt sich aber zu einem grossen Teil durch temporäre und Einmal-Faktoren erklären. In der Dialyse ist das Unternehmen einer der beiden Marktführer. Der Markt wird nicht von einen auf den anderen Monat verschwinden. Wir sehen hier strukturelles Wachstumspotential, in dem die Patientenzahlen jedes Jahr um 4 bis 6 Prozent steigen. Von solchen Unternehmen gibt es insbesondere auch im Nebenwerte-Bereich viele Beispiele, bei denen man einfach nicht zu nervös werden darf, wenn es in einem Jahr mal durch Sondereffekte runtergeht.
    Und diese Unternehmen suchen Sie für Ihr Portfolio?
    von Engelbrechten: Wir haben eine ganze Menge Unternehmen, die aus sich selbst heraus wachsen können. Diese will ich mit meinen Analysten aufspüren und intensiv beobachten. Welches Unternehmen bringt neue Innovationen, neue Produkte und gewinnt Marktanteile und hat deswegen eine Wachstumsgeschichte gegenüber Unternehmen, die einfach darauf hoffen müssen, dass die Konjunktur mal gut läuft, damit sie ihre Kapitalkosten verdienen oder wachsen können?
    Was kommt konkret auf den Anleger zu – Müssen wir uns 2019 auf den nächsten großen Crash an den Märkten einstellen?
    von Engelberechten: Gut, dass Sie das so formulieren. Das ist nämlich genau der Punkt: Wir müssen aufpassen, dass wir jetzt nicht wieder in die andere Richtung übertreiben und in Panik verfallen. Die Volatilitäten an den Börsen sind sicherlich gestiegen, aber ich sehe dann oft eine Art Schwarz-Weiß-Denken. 2016 konnte es eigentlich nur noch immer höher gehen und auch Anfang 2017 war die Stimmung immer noch sehr euphorisch. Und jetzt werden wieder Stimmen laut, dass wir in die nächste Rezession und den nächsten Crash reinlaufen. Das ist eben nicht so. Meines Erachtens werden wir uns dazwischen bewegen, so ähnlich wie wir es auch von 2011 bis 2015 gesehen haben: In diesem Zeitraum sind sowohl Gewinne als auch die Märkte gestiegen, aber vor dem Hintergrund eines relativ moderaten Wirtschaftswachstums.

    Also alles halb so wild?
    von Engelbrechten: Wir haben natürlich eine Menge an Bremsfaktoren im Markt. Mit etwas Verzögerung wirkt sich im Moment etwa der höhere Ölpreis negativ auf die Unternehmen aus. Wir sehen in China eine Wachstumsverlangsamung. Wir sehen das in den USA, wo sich das Wachstum spätestens nächstes Jahr abschwächen wird, wenn die Effekte der Steuersenkung nicht mehr wirken. Das sind Faktoren, die für die nächsten 12 bis 24 Monate bremsen werden. Langfristig sind auch die Verschuldungslevel noch einmal dramatisch angestiegen seit der Lehman-Krise, insbesondere etwa in China. Das kann so nicht weitergehen. Aber anhand aller Indikatoren, die uns zur Verfügung stehen, sieht es nicht danach aus, dass wir einen großen Crash oder eine starke Rezession bekommen können. Selbst wenn die Frühindikatoren nach unten gegangen sind, liegen sie im normalen Bereich. Der Einkaufmanager-Index etwa liegt knapp über 50, deutet also auf eine leichte Expansion hin. Daraus lässt sich eine Korrelation zum weltweiten Wirtschaftswachstum ableiten, bei dem wir ein Wachstum von jährlich 3 bis 3,5 Prozent erwarten. In Deutschland und Europa sehen wir 1 bis 1,5 Prozent BIP-Wachstum pro Jahr, umgesetzt für deutsche Unternehmen sind also durchaus rund 5 bis 6 Prozent Gewinnwachstum in den nächsten zwölf Monaten möglich. Das ist kein Szenario für eine dramatisch düstere Prognose.
    MSCI Germany: Value versus Growth
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    Unternehmen, die tatsächlich wachsen und Wert schaffen, setzen sich wieder stärker durch Quelle: Fidelity Interational, DataStream 8. Oktober 2018

    Die zweite wichtige Säule ist, dass die Bewertungen jetzt zurückgegangen sind. Dadurch liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) nun leicht unterhalb des historischen Durchschnitts, beim Dax etwa sind wir bei einem KGV von 11,5. Und damit befinden wir uns wieder in einem moderaten und gesünderen Bereich, der es möglich machen wird, dass die Gewinnsteigerungen der Unternehmen sich wieder in einer ordentlichen Performance für den Markt niederschlagen sollten.
    Wie zufrieden sind Sie dieses Jahr mit der Performance Ihres Aktienfonds Fidelity Germany?
    von Engelbrechten: Dieses Jahr ist der Fonds – abzüglich aller Kosten – absolut gesehen 8,3 Prozent im Minus. Da kann man jetzt nicht unbedingt jubeln. Aber in der relativen Betrachtung sieht es wieder besser aus. Der Dax ist dieses Jahr 12,6 Prozent gefallen, der H-Dax um 10,6 Prozent, sodass wir uns etwas absetzen können vom Gesamtmarkt. Aufgrund der Tatsache, dass die Werte wieder gut laufen, die qualitativ hochwertig und nicht zu sehr konjunkturabhängig sind. Mein Fonds ist kein Euphorie-Fonds, sondern verfolgt eine Qualitäts- und Wachstumsstrategie. In Phasen wie 2016 hängen wir daher ein bisschen zurück. Die langfristige Perspektive sieht aber so aus, dass der Fonds seit meiner Übernahme 2011 81 Prozent im Plus ist, was sich mit 61,6 Prozent des DAX vergleicht. Für den Fonds suche ich Unternehmen, die deutlich mehr als 5 bis 6 Prozent Gewinnwachstum liefern. Ich bin überzeugt, dass der Investor in einer wachstumsschwachen Welt nach diesen Werten suchen sollte, die solide sind und solide ihr Wachstum liefern.

    Über den Interviewten:Christian von Engelbrechten ist Fondsmanager des Fidelity Germany Fund (ISIN: LU0261948227). Er blickt auf 16 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche zurück. Seine Laufbahn bei Fidelity begann er 2005 als Analyst für Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum. Seit 2011 managt er den Fidelity Germany Fund. Im August 2018 wurde er gemeinsam mit dem Research-Team mit einem Silver-Rating von Morningstar ausgezeichnet.

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    Christian von Engelbrechten: „Solide Unternehmen rücken wieder in den Marktfokus“ Deutschlands Wirtschaft schwächelt, auch der globale Konjunktur-Motor stottert. Was das für den Anleger vor allem mit Blick auf 2019 bedeutet, erklärt Christian von Engelbrechten, Fondsmanager des Fidelity Germany Fund, im Gespräch mit der Redaktion.