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    POLITIK/ROUNDUP/'Mission Impossible'  324  0 Kommentare Aus für Rettungsschiff 'Aquarius'

    ROM/PARIS (dpa-AFX) - Sie war das Symbol für die Seenotrettung von Migranten im Mittelmeer - jetzt ist die Mission am Ende: Das Rettungsschiff "Aquarius" läuft nicht mehr aus. Die Hilfsorganisation SOS Méditerranée beendet den Einsatz des Schiffes, weil sie sich nach "gezielten politischen Angriffen" dazu gezwungen sieht. Die NGO will nun zwar mit einem neuen Schiff wieder Einsätze fahren. Doch die Hürden dafür sind hoch.

    "Für uns ist die "Aquarius" natürlich ein großes Symbol gewesen", sagte Verena Papke, Direktorin von SOS Méditerranée Deutschland. Aber es sei am Ende des Tages nur ein Schiff - und Schiffe könne man auswechseln. "Das Team steht, die Struktur steht - wir brauchen nur ein Schiff, und dann können wir weitermachen."

    Seit Februar 2016 war die "Aquarius" für die Hilfsorganisationen SOS und Ärzte ohne Grenzen im Einsatz und rettete in der Zeit etwa 30 000 Menschen aus dem Mittelmeer. Doch seit die populistische Regierung in Italien an der Macht ist, sind die Tage privater Seenotretter gezählt. Neben der "Aquarius" wurden auch andere Schiffe von NGOs tagelang mit Menschen an Bord auf dem Meer blockiert und später in Häfen festgehalten. Mittlerweile sind kaum noch NGO-Schiffe vor der Küste Libyens unterwegs, von der die letzten Jahre Hunderttausende Migranten abgelegt hatten.

    Zuletzt lag die "Aquarius" in Marseille in Frankreich vor Anker. Die Suche nach einem Staat, der ihr eine Flagge zuspricht, scheiterte auch am mangelnden politischen Willen. Sowohl Panama als auch Gibraltar entzogen ihr die Flagge. Der letzte Rückschlag: Die italienische Staatsanwaltschaft warf der NGO vor, illegal Müll in Italien entsorgt zu haben.

    Der Staatsanwalt Carmelo Zuccaro war derselbe, der das deutsche Rettungsschiff "Iuventa" 2017 an die Kette legen ließ. Damals war der Vorwurf: Beihilfe zur Menschenschlepperei. Dies wurde nie bewiesen.

    Vor allem rechte Parteien wie die AfD in Deutschland oder die Lega in Italien werfen den NGOs Menschenschlepperei und kriminelle Absichten vor. "Das Aus für die "Aquarius" ist eine gute Nachricht für die Wiedergewinnung der Kontrolle über die Migrantenströme nach Europa", erklärte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel sofort.

    Einem, dem die Nachricht vom Ende der "Aquarius" auch gelegen kam, ist Italiens rechter Innenminister Matteo Salvini. Er sieht sich dank Höhenflügen in Umfragen in seinem harten Anti-Migrationskurs bestätigt. "Weniger Abfahrten, weniger Ankünfte, weniger Tote...gut so", twitterte der Chef der ausländerfeindlichen Lega zufrieden.

    Dass das Sterben allerdings im Verborgenen weitergeht, twitterte er nicht. Im Mittelmeer kamen in diesem Jahr bisher mindestens 2160 Migranten ums Leben. Im Juni - nachdem die populistische Regierung in Rom an die Macht kam und die Häfen des Landes dicht machte - starben dieses Jahr die meisten Menschen. Die Zahl der Abfahrten hat extrem abgenommen, seit Italien einen Deal mit Libyen gemacht hat, um die Migranten dort zu halten. Seit weniger private Seenotretter vor Ort sind, ist die Überfahrt aber noch gefährlicher geworden.

    Nach tagelanger Odyssee starben erst kürzlich 15 Migranten auf dem Meer. Sie waren auf Hoher See verhungert oder verdurstet. Es sind Nachrichten wie diese, die zeigen, dass das Elend kein Ende hat. "Ich glaube, dass wir viele Tote auch gar nicht sehen", sagte Papke. Wenn Hilfsorganisationen im Mittelmeer nicht mehr präsent sind, könne auch nur begrenzt berichtet werden, was dort passiert. "Alles andere geht im wahrsten Sinne des Wortes unter."

    In anderen Fällen weigern sich Migranten, zurück nach Libyen gebracht zu werden. Denn dort drohen ihnen in Lagern Missbrauch, Folter und Versklavung, wie Menschenrechtsorganisationen immer wieder warnen. Italien finanziert dennoch mit Unterstützung der EU die libysche Küstenwache, die die Menschen zurück in das Bürgerkriegsland bringt.

    "Auch die deutsche Bundesregierung trägt eine Mitverantwortung dafür, dass das Sterben auf See weitergeht. Sie schaut seit Monaten tatenlos zu, wie auf dem Mittelmeer die Prinzipien der humanitären Hilfe missachtet werden", sagte Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland.

    Auch wenn SOS genauso wie die deutsche NGO Sea Watch mit einem neuen Schiff auslaufen will: Niemand weiß, was im Fall des Falles mit den geretteten Migranten an Bord geschehen soll. Denn eines gilt als sicher: Kein EU-Land empfängt sie mit offenen Armen./reu/DP/nas





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