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    Börsen-Zeitung  373  0 Kommentare Andere gefragt, Kommentar zur EZB von Mark Schrörs

    Frankfurt (ots) - Der Schritt war lange avisiert und ist doch auf
    keinen Fall geringzuschätzen. Im Gegenteil: Der Beschluss des
    EZB-Rats, ab Januar den Nettokauf von primär Staatsanleihen zu
    stoppen, ist ein Meilenstein in der Geschichte der Europäischen
    Zentralbank (EZB).

    Dass sich der Rat auch durch die sich abkühlende Euro-Wirtschaft
    und Sorgen um Italien sowie Frankreich nicht vom Kurs hat abbringen
    lassen, ist vor allem aber auch absolut richtig: Im sechsten Jahr des
    Aufschwungs und bei Inflationsraten nahe des EZB-Zielwerts sind
    Notstandsmaßnahmen wie breite Anleihekäufe schlicht aus der Zeit
    gefallen.

    Was die Bilanz des Anleihekaufprogramms (Quantitative Easing, QE)
    betrifft, ist es für ein finales Urteil zu früh. Sicher, die Folgen
    auf die Euro-Renditen, viele Vermögenspreise, die Kreditzinsen und
    den Euro-Wechselkurs sind offensichtlich. Der Effekt auf Wachstum und
    Inflation ist aber weit weniger klar und höchst unsicher. QE scheint
    in Krisenzeiten als eine Art Schockabsorber geeignet, um Schlimmeres
    zu verhindern. Als Initialzündung für Wachstum, erst recht aber zur
    Feinsteuerung der Inflation, taugt es aber wohl weniger. QE sollte
    deshalb kein normales geldpolitisches Instrument sein, sondern für
    absolute Ausnahmesituationen vorbehalten sein. Das gilt zumal in
    einem Konstrukt wie der Eurozone.

    Entscheidend für das Urteil über QE und andere geldpolitische
    Großexperimente wie den EZB-Negativzins wird auch sein, wie der
    Ausstieg gelingt. Mit dem Ende der QE-Nettokäufe scheint nun ein
    erster Schritt auf dem Weg der geldpolitischen Normalisierung ohne
    Marktturbulenzen gelungen. Der Weg ist aber noch sehr lang, und er
    wird steinig. Dass die EZB dabei vorsichtig agiert, ist verständlich.
    Auch dass sie sich aktuell angesichts der weltweit großen
    Unsicherheiten alle Optionen offen hält, ist nachvollziehbar. Die EZB
    darf bei aller Angst vor einer zu frühen und zu schnellen
    Normalisierung aber auch die Gefahr eines zu späten und zu
    zögerlichen Exits nicht unterschätzen - oder ignorieren.

    Wenn sich nun die Euro-Wirtschaft abschwächt, ist daran zu
    erinnern, dass die EZB-Geldpolitik auch nach dem Ende der
    QE-Nettokäufe noch immer ultraexpansiv ist. Mehr geht nicht. Ohnehin
    sind längst andere gefragt: Die Politik muss die Unsicherheiten wie
    den Brexit oder den Handelsstreit abräumen. Es braucht
    Strukturreformen und eine sinnvolle Stärkung der Währungsunion, um
    für ein wachstumsfreundliches Umfeld und neue Zuversicht zu sorgen.
    Notfalls gilt es, mit kluger Fiskalpolitik Impulse zu setzen. Es
    sollten sich nicht gleich wieder alle Blicke auf die EZB und die
    Notenbankpresse richten.

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