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    Staatshaushalt  5137  0 Kommentare Italien in der Schieflage: Trotz Bankenkrise nun das Grundeinkommen für die Ärmsten?

    Das italienische Parlament hatte am Samstag den Haushaltsplan 2019 der Regierung verabschiedet, nachdem es zu einem langen Streit mit der Europäischen Union über die Ausgaben gekommen war. Am Donnerstag ging des dann um das Grundeinkommen und die Rentenreform.

    Gestern verabschiedete das italienische Kabinett die notwendigen Eckpunkte für die Umsetzung eines Grundeinkommenssystems und einer Rentenreform. Zuvor hatte am Samstag die Koalition aus 5-Sterne-Bewegung (M5S) und der rechtsextremen Liga den neuen Haushaltswurf mit 327 Abgeordneten, die für und 228 gegen ihn stimmten - sowie einer Enthaltung, verabschiedet. Das italienische Parlament hat nun noch zwei Monaten Zeit, um das Grundeinkommen und die Rentenreform zu billigen - die Genehmigung wird als Formalität angesehen.

    Italien hat seinen ausgabenstarken Haushalt neu aufgestellt und sein Defizit im nächsten Jahr auf 2,04 Prozent des BIP gesenkt, nachdem die EU ihr ursprüngliches Ziel von 2,4 Prozent als Verstoß gegen die Steuervorschriften abgelehnt hatte. 

    Eine Reihe teurer Vorzeigeprojekte, darunter ein "Bürger-Grundeinkommen" für einige der Ärmsten der italienischen Gesellschaft und eine Senkung des Rentenalters, bleiben jedoch in den staatlichen Ausgabenplänen enthalten. Italien hat sich jedoch bereit erklärt, die Kosten für beide Maßnahmen zu senken, um eine deutliche Erhöhung seiner Schuldenlast zu vermeiden.

    Grundeinkommen - weder universiell noch bedingungslos!

    Im Haushaltsplan wird weiterhin eine Grundvergütung - auch bezeichnet als Bürgerlohn oder Bürgergeld - aufgeführt. Die Maßnahme wird der Regierung Kosten in Höhe von circa zehn Milliarden Euro verursachen.  

    Alleinstehenden Bedürftigen wird ein Grundeinkommen von 780 Euro gewährt, - sie müssen in einer Immobilie zur Miete wohnen. Wenn eine Person ein Einkommen von weniger als 780 Euro pro Monat hat, wird das System diese Summe aufstocken. Von der Summe müssen 150 Euro zur Zahlung der Miete verwendet werden. Alleinstehende mit mehr als 6.000 Euro an Ersparnissen werden von dem Bürgergeld nicht profitieren.

    Der Betrag steigt auf bis zu 1.080 Euro für ein Paar mit Kind, 1.280 Euro für ein Paar mit drei Kindern und bis zu maximal 1.330 Euro für eine Familie mit drei Erwachsenen und drei Kindern.

    Personen, die in einem Eigenheim wohnen, wird von der Grundsicherung zwischen 150 und 280 Euro abgezogen. 

    Die Maßnahme wird - sofern das Parlament zustimmt - im April 2019 in Kraft treten und 18 Monate dauern. Nach 18 Monaten muss ein neuer Antrag gestellt werden. Nicht-EU-Immigranten müssen die letzten zehn Jahre in Italien gelebt haben, um von dem System zu profitieren.

    Wie wird das Geld verteilt?

    Die Begünstigten erhalten eine Debitkarte, die Anfang eines jeden Monats mit dem Geld aufgeladen wird. Wenn am Ende des Monats noch Geld auf der Karte ist, verfällt dieses automatisch. Damit sollen die Menschen ermutigt werden, Geld auszugeben und die Wirtschaft anzukurbeln, sagte Arbeitsminister Luigi Di Maio. 

    Luigi Di Maio erklärte, das Kabinett habe klare Regeln definiert, um zu verhindern, dass Menschen die Grundeinkommensregelung missbrauchen. Die Begünstigten würden vom öffentlichen Arbeitslosendienst Stellenangebote erhalten, die sie unter Strafe des endgültigen Verlustes ihres Anspruchs auf das Grundeinkommen nicht ablehnen dürften.

    Generell sieht die Regelung vor: Wer finanzielle Unterstützung erhält und arbeitsfähig ist, muss acht Stunden gemeinnützige Arbeit pro Woche leisten, an Schulungen teilnehmen und einen der drei angebotenen Jobs annehmen, der seiner Qualifikation entspricht.

    Die Empfänger werden auch gebeten, einen "Pakt für Arbeit" oder "Pakt für Ausbildung" zu unterzeichnen - je nach Berufsbild und den Fähigkeiten, die sie für den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt benötigen. 

    Ein Unternehmen, das eine Person im Rahmen des Programms einstellt, erhält das Einkommen dieser Person für den Rest des 18-monatigen Zeitraums.

    Wenn jemand für schuldig befunden wird, das System betrogen zu haben, muss er mit bis zu sechs Jahren Gefängnis rechnen.

    Nach Schätzungen des Kabinetts wird das Grundeinkommen rund fünf Millionen Menschen zugute kommen, von denen rund 47 Prozent in Nord- und Mittelitalien und 53 Prozent im Süden des Landes leben.

    Weitere Maßnahmen für die Bürger

    Nach den neuen Regeln wird es den Arbeitnehmern erlaubt sein, früher in den Ruhestand zu gehen, und zwar dann, wenn sich ihr Alter und die Jahre ihrer Rentenbeiträge zusammen auf 100 Jahre belaufen. Somit wird das Rentenalter für Millionen von Menschen, die seit mindestens 38 Jahren in das italienische Rentensystem eingezahlt haben, von 67 auf 62 Jahre gesenkt. Die Rentenreform wird ändern, was die vorherige Mitte-Links-Regierung im Jahr 2011 umgesetzt hatte und zwar die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre.

    Eine weitere Regel wird es einigen Arbeitnehmerinnen ermöglichen, bereits mit 58 Jahren (oder 59 Jahren, im Falle von Selbständigen) in den Ruhestand zu gehen, wenn sie über mindestens 35 Jahre Rentenbeiträge gezahlt haben.

    Die Rentenmaßnahme würde für den Zeitraum 2019-2021 insgesamt 22 Milliarden Euro kosten, so Matteo Salvini.

    "Diese beiden Maßnahmen [Grundeinkommen und Rentenreform] sind keine Reaktion auf kurzfristige Wahlversprechen, sondern stellen eine Sozial- und Wirtschaftspolitik dar, auf die unsere Regierung stolz ist", betonte Premierminister Giuseppe Conte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag. "Diese Reform [Grundeinkommen] wird die Lebensqualität von 5 Millionen Italienern verbessern", so Luigi Di Maio. Und weiter: "Wir haben in Italien einen neuen Sozialstaat gegründet".

    Die Regierung hat sich auch bereit erklärt, eine Reihe von Steuersenkungen für Einzelpersonen einzuführen, einschließlich der Entlastung für Selbständige, die weniger als 65.000 Euro pro Jahr verdienen.

    Für Banken, Versicherungen und Glücksspielunternehmen wurden die Steuern jedoch erhöht. 

    Rückblick

    Die Europäische Kommission scheute sich vor der teuren Politik und unternahm den beispiellosen Schritt, Rom aufzufordern, den Plan neu zu formulieren.

    Aber die italienische Regierung, angeführt von der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtsextremen Liga-Partei, traf letzte Woche einen späten Deal mit der Kommission, um den Ausgabenplan durchzusetzen, und vereinbarte eine Reihe von Maßnahmen, darunter die Senkung ihrer scheinbar unrealistischen Wachstumsprognosen.

    Giuseppe Conte nannte den Haushalt "den ersten Schritt eines umfassenden und ehrgeizigen Reformprogramms", das dazu beitragen würde, die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit zu verringern.

    Finanzmärkte

    Die Aussicht auf einen Haushaltskonflikt zwischen Italien und der EU führte zu Verwerfungen an den Märkten. Dadurch stiegen die Anleiherenditen. Das Scheitern einer Vereinbarung durch Italien hätte eine Geldbuße von bis zu 0,2 Prozent des BIP zur Folge haben können.

    Zudem werden die beschlossen Sozialreformen von Kritikern für unhaltbar für die italienische Wirtschaft erachtet. Es bleibt abzuwarten, welche wirtschaftlichen Effekte sich aus dem Grundeinkommen und der Rentenreform ergeben werden.

    Quellen:

    The Independent

    Deutsche Welle

    Xinhuanet

    Euronews





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