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    Gerry Weber-Aktie  28819  2 Kommentare "Schmutziger und dreister Insider-Handel"? - Herr Glaser, was ist da dran?

    Mehr Licht ins Dunkel rund um die Gerry Weber-Aktie ist das Ziel der wallstreet:online-Redaktion. Da lag es auf der Hand, Volker Glaser zum Interview zu bitten. Der Börsenexperte ist Chefredakteur der "Vorstandswoche" und wallstreet:online-Gastautor.

    Herr Glaser, Sie schreiben, dass "niemand so intensiv und so rechtzeitig wie die Vorstandswoche vor der Gerry Weber-Aktie gewarnt hätte". Warum wussten Sie mehr als die Analysten-Herde?

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    Ich kenne das Unternehmen schon seit rund 20 Jahren. Lange Zeit agierte die Firma erfolgreich. Die Aktie entwickelte sich fantastisch und die Krönung war die Aufnahme in den MDAX. Im Herbst 2015 hatten wir uns die Aktie angeschaut, ob nach einer bereits erfolgten Kurshalbierung zum Hoch, das Papier, wie in der Vergangenheit schon öfter, ein spannender Turnaround sein könnte. Operativ verschlechterten sich die Zahlen aber bereits. Die Übergabe des Zepters von Gerhard Weber auf seinen Sohn Ralf hat uns ebenfalls missfallen. Ralf leitete damals "erfolgreich" das Tennisturnier, die Gerry Weber Open. Ob das ausreicht einen Modekonzern zu leiten? Eher nicht. Wir hatten schon vor Jahren die Frage gestellt, ob er nicht zur Disposition steht. Am Ende verschlechterten sich die Zahlen immer weiter und die Schulden nahmen stark zu. Das ist alles sehr ungesund, wenn sich die Modebranche selbst in einem tiefen Umbruch befindet.

    Gerry Weber International

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    -99,48 %
    -99,88 %
    -98,39 %
    ISIN:DE0003304101WKN:330410


    Seit September 2017 empfehlen wir die Aktie stets aktiv zum Verkauf und warnten vor jeglichen Turnaround-Spekulationen. Damals notierte die Aktie bei 11 Euro und das Unternehmen war immer noch mit fast 500 Mio. Euro kapitalisiert. Für das entsprechende Geschäftsjahr wurde ein EBIT von 10 bis 20 Mio. Euro prognostiziert bei einem Umsatz von rund 900 Mio. Euro. Die Börse unterstellte aber bei der Bewertung, dass die Firma schnell wieder klotzige Margen verdient. Das hatten wir für absolut unrealistisch erachtet, was eine Verkaufsempfehlung auslöste. Im Frühsommer 2018 bekräftigten wir unser negatives Votum bei Kursen von über 5 Euro erneut. Das Zahlenwerk verschlechterte sich weiter, Geld wurde operativ fast keines mehr verdient und der Laden war zugleich mit rund 200 Mio. Euro netto verschuldet bei einem Börsenwert von 300 Mio. Euro. Wir hatten uns ehrlich gesagt gewundert, warum die Firma teilweise noch bejubelt wurde, weil die Analyse nicht so ganz schwer war.

    Sie erwähnen im Zusammenhang mit den Kursturbulenzen der Gerry-Weber-Aktie die bösen Alarmwörter "wirklich schmutziger und dreister Insider-Handel". Das ist kein Pappenstil. Wie kommen Sie zu dieser Behauptung und wer sind Ihrer Meinung nach die Verantwortlichen?

    Einen Journalistenpreis gewinnt man mit einer solchen Aussage sicherlich nicht. Die Adhoc-Mitteilung von Gerry Weber über den Antrag auf Anordnung des vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens erfolgte am Freitag, den 25. Januar 2019 um 13.18 Uhr. Kurs: 1,33 Euro. Um die Mittagszeit des Vortages handelten die Anteilsscheine noch bei Kursen von rund 2,30 Euro. Plötzlich explodierte das Handelsvolumen und die Aktie ist erheblich unter Druck geraten. Alles Zufall? Wenn Ostern und Weihnachten auf einen Tag zusammenfällt, bestimmt. Oder wie sehen Sie das denn?

    Bisher ist es zumindest für die breite Öffentlichkeit völlig unklar, wer hier die Gunst der Stunde nutzte und noch eilig Aktien veräußerte. Es ist aber auch nicht unsere Aufgabe, hier die Verantwortlichen zu suchen. Die Vorstandswoche ist nicht die Börsenpolizei.

    Uns interessiert, wie Sie es schaffen, hinter die Kulissen zu schauen. Wie genau sammeln Sie valide, börsenrelevante Informationen? Gewähren Sie uns bitte einen konkreten Einblick in Ihren Werkzeugkasten.

    Die Bibel eines jeden Aktionärs sind die Geschäftsberichte, Halbjahresberichte sowie Quartalsberichte. Sofern vorhanden, ist natürlich ein Wertpapierprospekt auch sehr dankbar. Im Geschäftsbericht empfehle ich die Lektüre des Lageberichts und des Anhangs sowie einen detaillierten Blick in die Kapitalflussrechnung. Das Lesen von Unternehmensmitteilungen sollte Standard sein. Zudem ist ein Gespräch mit dem Unternehmen hilfreich, sowie mit investierten Investoren und den Analysten. Ein Gespräch mit Kunden und Wettbewerbern kann auch sehr aufschlussreich sein.

    Sofern möglich sind natürlich ehemalige Organe von Unternehmen wirklich exzellente Gesprächspartner. Da erfahren Sie teilweise wirklich spannende Dinge. Aber nicht alle ehemaligen Organe sind wirklich gesprächsbereit. Der Werkzeugkasten ist nüchtern betrachtet klein, der Inhalt zum Ziel aber durchaus ein wenig mühsam. Die Belohnung sind Kursgewinne – im idealen Fall natürlich.

    Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Welche Werte gehören in ein gutes Depot, welche sollte man jetzt lieber abstoßen?

    Sagen Sie mir am besten, ob wir eine Rezession bekommen oder ob wir es derzeit mit einer moderaten Abkühlung der Wirtschaft zu tun haben, dann erzähle ich Ihnen mehr. Spaß beiseite. Die Märkte sind derzeit schwer einzuordnen. Die Korrektur im 4. Quartal war durchaus heftig. Eine Krise oder ein Crash war das nicht.

    Momentan sehen wir eine solide Erholung der Märkte. Insgesamt gibt es viele, zu viele, Gewinnwarnungen und teilweise schon wirklich schlechte Ausblicke für das Jahr 2019 von verschiedenen Firmen. Ich wäre weiterhin bei Autozulieferern sehr vorsichtig und beim Autosektor insgesamt sowie bei margenschwachen Maschinenbauer. Mit Banken im Depot könnte ich auch nicht ruhig schlafen und Zykliker wie Covestro zum Beispiel mag ich auch weniger. Nicht alle, aber sehr viele Immobilien-Aktien sind inzwischen viel zu teuer. Keine Rallye geht ewig. Aufpassen würde ich auch bei Firmen, die in den letzten Jahren nie geliefert haben und jetzt plötzlich abgehen sollen. Und natürlich die ganzen Buden, die ständig frisches Geld brauchen.

    Gut gefallen mir momentan defensive Aktien und Unternehmen mit hohen und nachhaltigen Dividenden. Funktionierende Softwarefirmen sind Basisinvestments, IT-Aktien wie zum Beispiel Bechtle und S&T und bei Sondersituationen wie zum Beispiel bei Scout24 habe ich ein exzellentes Chance-Risiko Verhältnis. VARTA scheint bei E-Mobility und Batterien ein tolles Unternehmen zu sein und mein Dauerfavorit Evotec ist im TecDAX an schwachen Tagen auch eine gute Kaufidee. Wer etwas mehr Risiko wagt, hat bestimmt auch Chancen bei Aktien, die abgestraft wurden. Beispielsweise TUI oder SÜSS MicroTec und Hornbach Holding sowie Fuchs Petrolub, König & Bauer und bei Kursen um 30 Euro auch wieder United Internet.

    Und zum Schluss: Wie sichern Sie persönlich Ihre Werte a) gegen Schwankungen und b) gegen Verluste ab? 

    Mit Stoppkursen bei Aktien, um gar nicht erst große Verluste entstehen zu lassen. Bei einem Verlust von 50 Prozent in der Aktie, muss sich das Papier verdoppeln, damit der erst einmal wieder der Einstand erreicht ist. Kein guter Deal. Lieber einmal zu viel ausstoppen lassen, als der Meinung zu sein, der Nachfolger von Warren Buffett zu sein. Das hat Priorität Nummer 1. Streuung und ein intensives Research, wie es die Vorstandswoche macht, gehören ebenfalls dazu.

    Aktien sind nichtsdestotrotz Risikopapiere. Wer hohe Renditen will, muss Risiko nehmen. Anders wird’s nicht gehen. In einem späten Konjunkturzyklus, hier sehe ich den Markt, ist mein Anteil defensiver Aktien höher inklusive einem sehr guten Cashbestand. Sollte der DAX wieder auf die Marke von 12.000 Punkten klettern, sichere ich das Aktiendepot mit Put-Optionen ab. Für den Fall aller Fälle in einer Welt einer nie dagewesenen Schuldenexplosion, ist ein Teil des Vermögens in physischem Gold anzulegen, eine gewisse Sicherheit und Beruhigung zugleich, falls uns der ganze Laden um die Ohren fliegt.

    Herr Glaser, vielen Dank für das Interview!





    wallstreetONLINE Redaktion
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