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    Börsen-Zeitung  639  0 Kommentare No deal - no worries, Marktkommentar zum Brexit von Dietegen Müller

    Frankfurt (ots) - Ein ungeregelter Brexit sollte für die
    Finanzmarktstabilität keine Risiken bergen. Dies ist die Auffassung
    verschiedener Aufsichtsbehörden. Am Donnerstag hat auch Steven
    Maijoor, Chef der europäischen Marktaufsicht ESMA, im Internationalen
    Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten erneut erklärt, der Markt
    sei "adäquat" vorbereitet. Schließlich habe sich auch seine Behörde
    seit dem Brexit-Referendum im Juni 2016 auf ein No-Deal-Szenario
    vorzubereiten begonnen. Über verschiedene Vereinbarungen soll
    sichergestellt sein, dass systemkritische Marktsegmente, etwa die
    Verrechnung von auf Euro lautenden Zinsderivaten, nicht
    durcheinandergebracht werden.

    No deal, no problem? Der Markt geht auch nach der Verschiebung des
    möglichen Cliff-Edge-Brexit-Datums nun auf den 12. April nicht
    wirklich davon aus, dass Großbritannien die Europäische Union ohne
    vertragliche Vereinbarung verlassen wird. Das britische Pfund legte
    nach dem EU-Gipfel gegenüber dem Euro um mehr als 1 Prozent zu, was
    aber nicht nur an der von der EU gewährten Fristverlängerung lag,
    sondern auch an schwachen Konjunkturdaten aus der Eurozone,
    namentlich aus der deutschen Industrie.

    Doch ganz so einfach dürfte es wohl nicht werden, wenn die
    britische Insel ungeregelt austreten sollte. Da wäre zum einen die
    ungeklärte Frage, welche Wertpapiere wo handelbar sein werden. So hat
    die ESMA eine Art "Positivliste" mit mehr als 6000 liquiden Aktien
    veröffentlicht, die von EU-27-Marktteilnehmern nach einem No Deal nur
    auf Handelsplattformen in einem EU-27-Land gehandelt werden dürften.
    Auch 14 britische Titel dürften dann von EU-Gegenparteien nicht mehr
    in London gehandelt werden. Dazu gehören prominente Namen wie
    Vodafone, GlaxoSmithKline, BP, BHP und Rio Tinto.

    Die Einteilung der ESMA erscheint etwas willkürlich: Laut
    Rosenblatt Securities haben nur drei dieser Titel 2018 einen
    Handelsumsatz von mehr als 50 Prozent auf den
    EU-27-Handelsplattformen ausgewiesen. Doch die ESMA erklärt, die
    EU-Kommission habe den britischen Handelsplattformen keine
    Äquivalenzanerkennung im Fall eines Hard Brexit ausgesprochen -
    anders als bei Clearinghäusern. Deshalb gelte für die erwähnten
    britischen Titel eine Handelspflicht in der EU-27. Im Hintergrund
    spielt hier hinein, dass die EU mit der Schweiz um ein Rahmenabkommen
    ringt und der Schweizer Börse Six nur eine begrenzte
    Äquivalenzanerkennung bis Ende Juni erteilt hat. Die britische
    Finanzaufsicht FCA ihrerseits behält sich nun vor, eine
    Handelspflicht auf britischen Börsenplattformen im Fall des
    ungeregelten Brexit auszusprechen. Dadurch könnten laut dem
    Marktinfrastrukturspezialisten Fidessa besonders jene
    kontinentaleuropäischen Aktien betroffen sein, bei denen der Anteil
    des Handelsumsatzes an britischen Börsen 50 Prozent ausmacht - und
    die anderen 50 Prozent Volumen konsequenterweise nicht mehr auf einer
    EU-27-Börse gehandelt werden dürften. Dazu gehören rund 230 Titel mit
    rund 2 Bill. Euro Handelsumsatz (2017). Auch deutsche Blue Chips
    könnte dies treffen. Assetmanager und Wertpapierdienstleister in der
    EU-27 würden vor Schwierigkeiten stehen, wie sie diese Titel handeln
    können, die Handelskosten dürften steigen.

    Ein ungeregelter Brexit würde sich auch in anderen Bereichen
    niederschlagen. So könnten Lieferketten beeinträchtigt werden, was
    die wirtschaftliche Aktivität in Großbritannien, aber auch in der
    EU-27 belasten würde. Nicht nur an den Aktienmärkten dürfte dies zu
    einer Korrektur führen, auch könnte der Pfund-Kurs davon belastet
    werden. Währungsanalyst Jordan Rochester von der Großbank Nomura geht
    davon aus, dass im Fall eines Hard Brexit das britische Pfund stärker
    unter Druck geraten könnte als am Tag nach dem Brexit-Referendum.
    Gegenüber dem Euro hatte es damals zeitweise fast 8 Prozent und
    gegenüber dem Dollar zeitweise 11 Prozent verloren. Andere
    Währungsanalysten weisen jedoch darauf hin, dass das Pfund bereits
    sehr günstig bewertet sei und deshalb selbst bei einem No Deal kaum
    noch stärker einbrechen dürfte.

    Ferner könnten britische Immobilienfonds in den Fokus rücken,
    sollten EU-27-Anleger in größerem Stil Mittel daraus abziehen wollen.
    Auch könnten kleinere Unternehmen insbesondere im Zahlungsverkehr
    betroffen sein. Viele dieser Unternehmen sind in Großbritannien
    ansässig. Der Weg zum Brexit dürfte in den nächsten Tagen und Wochen
    noch manche Überraschung mit sich bringen. Sollte es zum Äußersten
    kommen, wird sich zeigen, wer die damit verbundenen Risiken auf die
    leichte Schulter genommen hat.

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