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     1058  0 Kommentare Ein Jahr nach der P&R-Pleite: Vermittler im Fokus der Schadensersatzbegehren

    Alexander Pfisterer-Junkert, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner zieht ein Jahr nach der P&R-Pleite Bilanz und erläutert, worauf betroffene Vertriebspartner und ihre Anwälte besonders achten sollten. Gut ein Jahr ist es her, dass die P&R-Gesellschaften Insolvenz anmelden mussten. Damit wurde die vielleicht größte Pleite im Kapitalanlagebereich der jüngeren Geschichte öffentlich. Rund 54.000 Anleger sehen sich einem Verlust von ca. 3,5 Milliarden Euro gegenüber. Dass sich hieraus juristische Konsequenzen ergeben werden, war bereits vor einem Jahr selbst ohne Glaskugel leicht vorauszusehen.
    Aufgrund der komplizierten gesellschaftsrechtlichen Gemengelage bei den P&R-Gesellschaften war schon damals absehbar, dass Anleger versuchen werden, sich vorzugsweise an ihre Vermittler zu wenden - dies vollkommen losgelöst vom offensichtlichen Umstand, dass diese für den hervorgerufenen wirtschaftlichen Fehlschlag selbstverständlich keine Verantwortung trifft.

    Da aufgrund der laufenden Insolvenzverfahren rund um die P&R-Gesellschaften ein Vorgehen gegen die unmittelbar Handelnden aus wirtschaftlichen Gründen riskant erscheint, ist es abermals der Vertrieb, der zur Schadensverlagerung in den Fokus der Anlegeranwälte gerät. Schließlich treffen den Vertrieb – je nach Ausgestaltung des vertraglichen Verhältnisses zum Anleger – teils weitreichende zivilrechtliche Pflichten; zumindest, wenn es um klassische Kapitalanlagen, beispielsweise aus dem geschlossenen Fondsbereich, geht.
    Ob die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auch auf die in den P&R-Fällen gegebenen Direktinvestitionen unmittelbar übertragen werden können, bleibt abzuwarten. Dass die Anlegervertreter nicht müde werden, dies gebetsmühlenartig zu behaupten, ist ebenso wenig verwunderlich wie die konträre Haltung der vertriebsvertretenden Anwaltschaft.

    Ungeklärte Rechtsfragen
    Nach breitenwirksamen Insolvenzen im Kapitalanlagebereich bringen häufig erste Urteile zum konkreten Unternehmen Licht ins Dunkel der Rechtsanwendung und Verantwortlichkeit. Ihnen sind oftmals gemeinsame Tendenzen der Rechtsprechung zu entnehmen, selbst wenn die Urteile noch nicht rechtskräftig sind. Solche Entscheidungen ermöglichen es der beratenden Anwaltschaft erst, gegenüber ihren Mandanten - egal ob Anleger oder Vermittler - die Erfolgsaussichten im konkreten Fall anhand von Fakten und Praxisbeispielen konkreter einzuschätzen - vorausgesetzt jedenfalls, dass die Tendenzen auch eindeutig zu erkennen sind. An dieser Eindeutigkeit mangelt es jedoch derzeit noch.
    Erste Urteile machen dem Vertrieb Hoffnung
    Positiv stimmte den Vertrieb ein Urteil des Landgerichts Ansbach (Az. 3 O 557/18), das im November 2018 die Klage einer Anlegerin gegen ihren Vermittler zurückwies. Das Gericht erkannte in diesem Zusammenhang, dass es sich beim Bezug der P&R-Investments um eine reine Orderausführung handelte, der Vermittler also lediglich auf Kundenwunsch einen "Kaufauftrag" an die P&R-Gesellschaften weitergab. Da in einem solchen execution-only-Verhältnis keinerlei Produktaufklärungspflichten für den Vertrieb zu beachten sind, lassen sich aus der grundsätzlich positiven Entscheidung gleichwohl keine verallgemeinerbaren Rückschlüsse für Fälle der Anlageberatung oder Anlagevermittlung ziehen.
    Dies änderte sich im Januar 2019 mit einem Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau (Az. 4 O 297/18). Auch hier wurde die Klage auf Schadensersatz abgewiesen. Allerdings musste sich das Gericht hier konkret mit einem Fall der Anlagevermittlung auseinandersetzen. Dem Vorbringen der Klägerin, es habe sich um eine Anlageberatung gehalten, folgte das Gericht hingegen nicht. Schließlich sei es der Klägerin nicht gelungen darzulegen, wie sie die Beklagte über ihre konkreten Anlageziele und -vorstellungen unterrichtet habe.

    Die bloße Behauptung, dass dies der Beklagten hätte bekannt sein müssen, hielt das Gericht für nicht ausreichen. Es entschied, dass die Klägerin auch deswegen umfassend über die Risiken der streitgegenständlichen P&R-Investitionen unterrichtet war, weil sie die Informationsmaterialien - es handelte sich um eine Vermittlung aus dem Jahre 2014 - frühzeitig erhalten habe. Dies, so das Gericht, habe im konkreten Falle ausgereicht, die Anlegerin ordnungsgemäß über die produktimmanenten Risiken zu unterrichten, da im Falle der Anlagevermittlung für die Beklagte ein reduzierter Pflichtenkanon bestehe.
    Wasser auf die Mühlen der Anleger
    Wäre es bei dem vorgenannten Urteil des LG Dessau-Roßlau geblieben, hätte dies für die P&R-Vertriebe vielfach "Entwarnung" bedeutet. Allerdings ließ Ende Februar ein Urteil des Landgerichts Erfurt (Az. 9 O 736/18) die Anlegerseite reüssieren. So gingen zwar auch die Richter in Erfurt lediglich von einer Anlagevermittlung aus. Gleichwohl verurteilte das Gericht den Vermittler zu Schadenersatz. Dies obwohl es sich ausweislich des Urteils bei den Klägern um - gerade in Sachen P&R - ausgesprochen erfahrene Anleger handelte, bei denen erste Containerinvestments bereits im Jahre 1993 und sodann fortgesetzt getätigt wurden.Das Gericht erkannte mehrere Aufklärungspflichtverletzungen.
    Im Unterschied zum LG Dessau-Roßlau war nach Meinung des Gerichts eine Aufklärung über bestimmte nicht in den Verkaufsunterlagen genannte Risiken geboten, die im konkreten Fall nicht erfolgt sei. Dieses Urteil, zu dessen Rechtskraft hier gegenwärtig nichts bekannt ist, dürfte fortan in nahezu jedem Anlegerbegehren Erwähnung finden. Es dürfte wohl auch im anwaltlichen Vertrieb Verwendung finden, um die Zahl der bereits hundertfach eingegangenen Anspruchsbegehren noch weiter zu steigern, indem bislang unentschlossene Anleger mit entsprechendem Verweis auf positive Entscheidungen zum Vorgehen gegen die Vertriebe animiert werden.

    Durchsetzbarkeit der Ansprüche vielfach fraglich
    Entsprechende werbliche Anschreiben an Anleger enthalten ab und an auch den Hinweis darauf, dass dem Vermittler bei einem solchen Vorgehen kein wirtschaftlicher Schaden entstehe, weil dessen Vermögensschadenversicherung einzustehen habe. Mit einem solchen "Hinweis" machen es sich die Verfasser aber vielfach zu leicht. Schließlich unterfielen die P&R-Produkte vertriebsseitig erst ab dem Jahr 2017 der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) und damit dem zwingenden Vorhalt einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Für die Fälle des Bezugs vor dieser Zeit trägt der klagewillige Anleger das volle wirtschaftliche Durchsetzungsrisiko selbst im Erfolgsfall.
    Fazit
    Es ist noch viel zu früh, aus den vorliegenden Urteilen den Ausgang anderer Verfahren zu präjudizieren. In jedem einzelnen P&R-Verfahren hat sich das jeweils erkennende Gericht mit dem konkreten Einzelfall auseinanderzusetzen. Hier ist es Aufgabe der Parteien, gemeinsam mit ihren Anwälten, umfangreich und zutreffend zum Sachverhalt vorzutragen. Je präziser der eigene Vortrag, desto höher werden auch die individuellen Erfolgsaussichten sein.
    P&R-Vermittler tun sicherlich gut daran, ihren anwaltlichen Vertreter auch auf kleinste Details im Sachverhalt und in der Kundenbeziehung hinzuweisen. Nur so wird es möglich sein, (subjektiv) ungerechtfertigte Anspruchsbegehren auch gerichtlich zurückzuweisen. Da sich Klagen regelmäßig bereits durch den Zugang außergerichtlicher Anspruchsschreiben ankündigen, sollten schon diese keineswegs auf die leichte Schulter genommen werden. Vielmehr gilt es gemeinsam mit einem erfahrenen anwaltlichen Vertreter auch diese Schreiben unter strategischen Gesichtspunkten ausführlich zu beleuchten.

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