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    Börsensteuer-Diskussion  14532  4 Kommentare Herr Peeters, was ist falsch an den Aktiensteuer-Plänen von Scholz und Merkel?

    Der Kapitalmarktexperte Roger Peeters sieht die Gefahr, dass die Börsensteuer-Pläne der Bundesregierung den Handel mit deutschen und europäischen Aktien zu stark belasten würden. Die wallstreet:online-Redaktion fragte nach.

    Herr Peeters, was meinen Sie mit "drastischen Verschärfungen der Besteuerung von Geldanlagen?" Was genau kommt da auf die Anleger zu?

    Sie beziehen sich auf eine kürzlich von mir veröffentlichte Kolumne, bei der ich auf zwei bedenkliche Gedankenspiele hinweise, die momentan in der Politik kursieren. Zum einen wird eine Abschaffung der Abgeltungssteuer auch für Dividenden überlegt, was einer klaren Doppelbesteuerung entspräche. Denn schließlich sind Dividenden Ausschüttungen auf bereits versteuerte Gewinne und werden (noch) genau deshalb milder besteuert. Die andere Überlegung ist eine Wiedereinführung der bereits 1991 abgeschafften Börsenumsatzsteuer. Besonders perfide: Es gibt Überlegungen, den Handel von Aktien in dieser Hinsicht gegenüber dem Handel etwa von Derivaten schlechter zu stellen. Ebenfalls in der Diskussion die nicht minder eigenartige Überlegung, Aktien aus Deutschland oder Europa gegenüber internationalen Werten schlechter zu stellen bei dieser Besteuerung.

    Wir bitten um Klartext: Was soll falsch daran sein, Wertpapiergeschäfte zu besteuern?

    Es ist ja nicht so, dass "Wertpapiergeschäfte" nicht besteuert werden. So fallen ja durchaus Abgaben auf erzielte Gewinne an. Nun geht es um eine Höherbesteuerung von Ausschüttungen bereits versteuerter Gewinne und das Besteuern auf den reinen Handel, was etwa in Schweden für einen dramatischen Einbruch der Börsenumsätze gesorgt hat und das nebenbei bei einem erstaunlich niedrigen Aufkommen. Deshalb wurde die Steuer dort auch 1992 wieder abgeschafft.  Aber gestatten Sie eine Gegenfrage: Warum soll ausgerechnet der regulierte Handel von Wertpapieren negativ belegt werden, während man etwa genau die Transaktionen schont, die zur Finanzkrise 2009 geführt haben, wie etwa gebündelte Kredite?  Das erschließt sich mir nicht.

    In den USA und Großbritannien wird die Vorsorge mit Aktien viel stärker als in Deutschland staatlich gefördert. Kann man daraus schließen, dass durch diese staatlichen Hilfen Vorsorgelücken der US-amerikanischen oder der britischen Bevölkerung durch Wertpapierbesitz kleiner geworden sind?

    Zumindest gibt es eine sehr hohe Korrelation, dass die Bevölkerung in diesen Staaten deutlich mehr auf die langfristige Anlageform Aktie setzt. Und eine Förderung für eine erweiterte Altersvorsorge über die stark an der Demografie hängenden Umlageverfahren hinaus wäre ja auch durchaus im Interesse der deutschen Politik.  

        

    Was entgegnen Sie auf die Feststellung: "Vorsorge mit Aktien oder Fonds ist mir zu unsicher. Wenn die Kurse runter gehen, ist mein mühsam Erspartes viel weniger wert oder ich stehe schlimmstenfalls sogar mit leeren Händen da".

    Der Blick auf die Erfahrungswerte der vergangenen 50 Jahre entkräftet diese Sorge doch sehr deutlich. Aber natürlich sind Sie auf die Werthaltigkeit des Aktienkorbs, in den Sie investieren, etwa in 20 oder 30 Jahren angewiesen. Und natürlich besteht auch hier das Risiko einer negativen Wertentwicklung. Das ist aber auch nicht anders, als wenn Sie etwa eine Immobilie kaufen oder das Geld auf dem Sparbuch haben. Anlagen sind per se nie risikolos.

    Welche Aktien und Fonds gehören als Basis-Papiere in ein solides Vorsorge-Depot? Wir bitten um konkrete Titel.

    Die Vorteile von Fonds gegenüber Spekulationen auf Einzelwerte sollten klar sein. Da ich mit meinem Partner Christoph Frank ja selber einen Aktienfonds lenke (DWS Concept Platow), erscheint es mir nicht angemessen, hier ein Fondsranking aufzuführen. Generell gilt meines Erachtens: Anleger sollten die Produkte, in die sie investieren, verstehen und einen langen Anlagehorizont haben.

    Angenommen man hätte in der Mitte meines Lebens meine Vorsorgeplanung einigermaßen im Griff und jetzt 20.000 € übrig, die ich gerne in den nächsten Tagen anlegen möchte, um nach ca. einem Jahr möglichst hohe Gewinne zu realisieren. Was raten Sie mir?

    Mein Rat an Sie wäre, Ihren Anlagehorizont sehr kritisch zu hinterfragen. Ein Jahr ist eine ausgesprochen kurze Periode am Kapitalmarkt.

    Und zum Schluss: Wie oft checken Sie den Stand Ihrer Vorsorgedepots und wann waren Sie dabei das letzte Mal mehr als erfreut?

    Meine Altersvorsorge besteht im Wesentlichen aus dem selbst bewohnten Eigenheim und meinen eigenen Anteilen am DWS Concept Platow. Mit beidem bin ich täglich in Berührung und zumeist auch sehr erfreut.

    Herr Peeters, vielen Dank für das Gespräch.

    Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 20 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow Fonds (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds. Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V.





    wallstreetONLINE Redaktion
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