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    Interview  56792  0 Kommentare Max Otte: "Irgendwann muss das explosive Gemisch hochgehen"

    Anlässlich seiner Webkonferenz befragte die wallstreet:online-Redaktion den Investor und Fondsmanager Max Otte zu den heißen Börsenthemen: zu Crash- und Dividenden-Prognosen, zur Fusion Deutsche Bank und Commerzbank, zur Börsensteuer und nicht zuletzt zur laufenden Enteignungsdebatte.

    wallstreet:online: Herr Otte, wir blicken auf einen Bullenmarkt seit der Finanzkrise in 2009. Dow Jones und Nasdaq zum Beispiel haben kräftig zugelegt. Doch mit den Argumenten inverse Zinskurve, Warnsignale im Tech-Sektor, schwache Wirtschaftsdaten, Zollkrieg, Wachstumsschwäche in China und Brexit wird das Gemurmel über einen baldigen Crash lauter. Was meinen Sie?

    Max Otte: Keiner weiß genau, wann der nächste Crash kommt, auch ich nicht. Aber die Risiken steigen und die Warnsignale werden sehr viel deutlicher. Schon im Januar 2018 habe ich mich positioniert und gesagt, dass ich den nächsten Crash noch in der (ersten) Amtszeit von Donald Trump erwarte.

    Zwar befindet sich der Aktienmarkt größtenteils nicht in einer Blase, aber die Weltwirtschaft selbst ist es. Durch die Niedrigzinsen haben wir das Wachstum künstlich verlängert. Nun gibt es allenthalben erste Warnsignale: viele Emerging Markets, die in Dollar verschuldet sind, bekommen Probleme, die Staatsschulden der USA explodieren, die Krise der Eurozone ist nicht gelöst und China steht ebenfalls vor einer deutlichen Abkühlung. Irgendwann muss das explosive Gemisch hochgehen.

    ###Tipp: Informationen zur Marktlage und zum Anlagekonzept erhalten Sie auch in unserer vergangenen Webkonferenz. Sie können sich hier eine Aufzeichnung ansehen: Max Otte - Webkonferenz-Aufzeichnung ###

    wallstreet:online: Laut einer EY-Studie können sich Aktionäre mit DAX-Papieren in diesem Jahr über Rekord-Dividenden freuen. Gleichzeitig kämen die Unternehmensgewinne aber immer mehr unter Druck. Inwieweit kann man daraus schließen, dass das vielleicht vorerst die letzte Dividenden-Party gewesen sein könnte?

    Max Otte: Das ist eine durchaus plausible Überlegung. Nehmen Sie die deutschen Autofirmen - die müssen in den nächsten Jahren sehr viel investieren, was sich mindernd auf die Dividenden auswirken wird. Wir setzen daher im Fonds eher auf robuste Wachstumsunternehmen.

    wallstreet:online: Zur aktuellen Nachrichtenlage: Die mögliche Fusion von Commerzbank und Deutsche Bank nimmt Formen an. Was würde eine "Deutsche Commerz" für die Aktionäre der beiden Banken bedeuten. Wie sollte man sich als Aktionär jetzt verhalten?

    Max Otte: Ich habe es irgendwann aufgegeben, in die deutschen Großbanken zu investieren, obwohl ich es als Patriot gerne gemacht hätte. Der Druck der US-Politik, die Regulierung, der Krieg gegen das europäische Wirtschaftssystem, das im Gegensatz zum amerikanischen mehr auf Kredite und weniger auf Börsen setzt, sowie natürlich auch eigene Fehler der Banken machen das zu einem ganz heißen Eisen. Das ist hoch spekulativ. Wer berechenbare Renditen will, kann nicht in die Papiere der beiden Institute investieren.

    wallstreet:online: Stichwort Börsensteuer. Könnten Sie bitte unseren Lesern anschaulich darstellen, welche Auswirkungen eine Umsetzung der Börsensteuerpläne von Finanzminister Olaf Scholz haben könnten?

    Max Otte: Ich bin als Investor nicht unbedingt gegen eine Börsenumsatz- oder Finanztransaktionssteuer, wenn sie gut gemacht ist. Ich habe auf Einladung der SPD dazu einmal vor einem Bundestagsausschuss ausgesagt. Wenn es richtig gemacht wird, werden lang- und mittelfristige Investments kaum belastet, wohl aber Nanotrading, Leverage und Derivate. Es wäre also ein Beitrag zur Stabilität des Finanzsystems.

    wallstreet:online: In Berlin wurde eine Debatte über Enteignungen von Wohnungsbaugesellschaften gestartet. Auch in unserer Community wurde heftig diskutiert. Inwieweit können Sie die Debatte nachvollziehen?

    Max Otte: Die Ungleichheit ist in den letzten Jahrzehnten explodiert. Wir hatten auch aufgrund der Niedrigzinsen eine massive Asset Price Inflation, während die Löhne und Gehälter stagnierten und die Mieten in den Städten explodieren. Mit einem normalen Einkommen kann man es sich fast nicht mehr leisten, in der Stadt zu leben. Es ist verständlich, dass die Leute da rebellieren.

    Der bekannte Hedgefondsmanager Ray Dalio hat in seinem Buch über Schuldenkrisen geschrieben, dass die Zeiten extremer Ungleichverteilung (1900 - 1930) und (1990 - 2019) gegen Ende auch immer Zeiten des Populismus und der Umverteilungsdebatten sind. Er spricht sich daher dafür aus, das System zu reformieren. Ob Mietpreisbremsen allerdings das geeignete Instrument sind, wage ich zu bezweifeln.

    wallstreet:online: Ein Blick auf Ihren Max Otte Vermögensbildungsfonds (ISIN: DE000A1J3AM3): An welchen Stellen werden Sie in der nächsten Zeit umschichten?

    Max Otte: Wir werden - wie letztes Jahr - mit steigenden Kursen Liquidität aufbauen und sonst nicht groß umschichten.

    wallstreet:online: Welches Geheimnis Ihres erfolgreichen Fondsmanagement haben Sie in ihrem Webinar nicht verraten?

    Max Otte: Wir versuchen, auf jede Frage zu antworten. Aber erfolgreiches Investieren ist wie Tennis spielen oder Klavier. Nur zu wissen, wie es theoretisch geht, reicht nicht. Man muss üben, üben, üben. Oder es den Profis überlassen.

    wallstreet:online: Herr Professor Otte, vielen Dank für das Gespräch!

    Kurzvita Max Otte

    Prof. Dr. Max Otte hat als Wirtschafts- und Finanzexperte sowie anerkannte Autorität auf dem Gebiet des werthaltigen Investierens (Value Investing) zahlreiche Bücher und Artikel zu Wirtschafts- und Finanzthemen veröffentlicht. Sein Buch "Der Crash kommt" wurde zum Bestseller. Er ist Gründer des Finanzinformations- und Analyseinstituts IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH, Herausgeber des Kapitalanlagebriefes DER PRIVATINVESTOR sowie Direktor des Zentrums für Value Investing e.V. Prof. Otte wurde drei Jahre in Folge (2009-2011) von Börse Online mit dem Titel "Börsianer des Jahres" ausgezeichnet. Zwei Investmentfonds für Privatanleger, die nach der Strategie von Max Otte seit 2008 und 2013 anlegen, werden von ihm und seinem Team beraten. Darüber hinaus ist er Hauptgesellschafter der Privatinvestor Verwaltungs AG.

    Prof. Max Otte studierte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und politische Wissenschaften in Köln und Washington DC. 1992 promovierte er an der Princeton University. Seit 2001 ist er Professor für allgemeine und internationale Betriebswirtschaftslehre an der FH Worms. Im Jahre 2011 folgte er einem Ruf an die Karl-Franzens-Universität Graz und lehrte dort bis Ende März 2016 als Universitätsprofessor für quantitative und qualitative Unternehmensanalyse und -diagnose am Institut für Unternehmensführung und Entrepreneurship der Universität Graz.

     

     



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    Interview Max Otte: "Irgendwann muss das explosive Gemisch hochgehen" Anlässlich seiner Webkonferenz befragte die wallstreet:online-Redaktion den Investor und Fondsmanager Max Otte zu den heißen Börsenthemen: Crash- und Dividenden-Prognosen, Fusion Deutsche Bank und Commerzbank, Börsensteuer und nicht zuletzt zur laufenden Enteignungsdebatte.

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