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    Interview  6459  4 Kommentare Mietendeckel: Herr Warnecke, inwiefern schärfen Sie bereits ihre juristischen Waffen?

    Der rot-rot-grüne Berliner Senat hat Eckpunkte für einen Mietendeckel beschlossen. Zwar ist das Gesetz noch nicht durch, aber es sieht danach aus, dass Vermieter ab Januar 2020 ihre Mieten fünf Jahre lang nicht erhöhen dürfen. Die wallstreet:online-Redaktion hat bei Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, nachgefragt:

    wallstreet:online: Herr Warnecke, es zeichnet sich ab, dass sich der Berliner Senat auf Eckpunkte für ein "Mietendeckel"-Gesetz einigen kann. Wie ist ihre sachliche Einschätzung für den Fortgang des Gesetzesvorhabens? Die Bürger fragen sich, ob es tatsächlich zu einem Mietendeckel für fünf Jahre kommt. Wäre das auch für ganz Deutschland denkbar?

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    Kai Warnecke: Wir halten die Einführung eines Mietendeckels für wenig zielführend. Mit dieser Maßnahme werden die gravierenden Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht gelöst, im Gegenteil – sie verhindert konstruktive Lösungen. Denn die sind nicht gegen, sondern nur mit den privaten Eigentümern möglich. Wir erleben in unserer Mitgliedschaft eine große Verunsicherung durch diese Debatte. Und nach allem, was wir wissen, sind Mieter und Investoren gleichermaßen verunsichert. Das ist der falsche Weg.

    Es steht zu befürchten, dass die heute angekündigte Begrenzung der Maßnahme auf fünf Jahre morgen vergessen ist. Die bisherige Erfahrung ist leider, dass einmal begonnene Maßnahmen fortgeführt – unabhängig davon, ob sie für einen begrenzten Zeitraum angekündigt wurden und leider auch unabhängig davon, ob sie wirksam sind. Die Verschärfung der Mietpreisbremse, deren Wirksamkeit selbst vom verantwortlichen Justizministerium nicht belegt werden konnte, ist das beste Beispiel.

    Die Ankündigung des kommissarischen SPD-Parteichefs Schäfer-Gümbel, bundesweit einen Mietendeckel einführen zu wollen, ist zum Glück nicht nur bei uns und unseren rund 900.000 Mitgliedern, sondern auch in den Reihen seiner eigenen Partei auf Unverständnis gestoßen. Wir hoffen hier auf die Stimme der Vernunft. Die Berliner Fehler dürfen auf keinen Fall weitere Nachahmer finden. Weiterer sozialer Unfriede auf dem Mietwohnungsmarkt und wirtschaftliche Schäden müssen verhindert werden.

    wallstreet:online: Sie haben im Deutschlandfunk erklärt, dass "Frau Lompscher aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in der Lage sein werde, einen Mietendeckel auf den Weg zu bringen für Berlin". Inwiefern schärfen Sie bereits ihre juristischen Waffen und welche davon wird den Mietendeckel ihrer Ansicht nach juristisch zu Fall bringen?

    Kai Warnecke: Wir warten jetzt erstmal auf den Beschluss im Wortlaut und werden dann genau prüfen, wie wir juristisch dagegen vorgehen. Unserer Auffassung nach ist der Berliner Mietendeckel nicht verfassungskonform. Diese Ansicht vertritt übrigens auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages. Er hat im Februar explizit festgestellt, dass der Bundesgesetzgeber mit dem Mietpreisbindungsgesetz 2015 auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts eine erschöpfende Regelung für die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn vorgegeben hat. Darüber hinaus verstößt eine solche Maßnahme auch gegen europäisches Recht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bezüglich eines Falls aus Polen entschieden, dass Vermietung wirtschaftlich sein muss. Wenn ein Mietendeckel eingeführt wird, ist genau das nicht gegeben.

    wallstreet:online: Sie sprechen davon, dass, derjenige, der einen Mietendeckel befürwortet, keine Ahnung von Wohnungspolitik habe. Wir bitten um eine kurze Begründung. Haben Sie noch eine andere, als diejenige, dass überall in Europa, wo der Mietendeckel eingeführt worden ist, der Mietwohnungsmarkt zusammengebrochen sei?

    Kai Warnecke: Private Eigentümer können auf einen Mietendeckel unterschiedlich reagieren: Sie können ihre Wohnung verkaufen an Eigentümer, die diese dann selbst nutzen. Damit wird das Angebot für Mieter geringer. Die andere Möglichkeit ist, die Qualität der Wohnung dem nun gedeckelten Preis anzupassen, also sämtliche Investitionen zu verringern. Dann fallen alle Modernisierungen, die nicht unbedingt gemacht werden müssen, hinten runter – Klimaschutz, Barrierefreiheit sind hier nur zwei Stichworte.

    Im Ergebnis leidet darunter die Bausubstanz und zugleich die Wohnqualität. Auch in diesem Szenario sind letztlich die Mieter genauso Verlierer wie die Eigentümer. Was jedoch in jedem Fall nicht erreicht wird, ist, dass der Wohnungsbau angekurbelt wird, geschweige denn, dass Investoren motiviert werden. Genau das ist jedoch in den Ballungszentren das Problem – der Wohnungsmangel. Und an dem ändert der Mietendeckel gar nichts. Schlimmer noch: Durch die Einführung eines Mietendeckels werden Kapazitäten auch in den Verwaltungen blockiert, die für den Wohnungsbau dringend benötigt würden. Unterm Strich ist der Mietendeckel damit nicht mehr als eine populistische Scheinlösung.

    wallstreet:online: Vor der heutigen Entscheidung des Senats hat Ihr Berliner Landesverband Vermieter dazu aufgefordert, ihre Mieten zu erhöhen. In Ihrem Aufruf ist von Verdrängung und Bestrafung die Rede. Das klingt dramatisch. Inwiefern geht es Vermietern an den Kragen, wenn sie ihre Mieten nicht erhöhen?

    Kai Warnecke: Es ist wohl heute zu früh, um die konkreten Auswirkungen beziffern zu können. Das ist aber auch nicht der Punkt. Für die privaten Vermieter ist entscheidend: Sie haben ihre Mieten in den vergangenen Jahren deutlich weniger erhöht als etwa Wohnungsunternehmen. Bei mehr als der Hälfte der privaten Vermieter betragen die jährlichen Mieteinnahmen vor Steuer weniger als 5.000 Euro, so eine Studie des IW Köln. Das bietet wenig Spielraum für Investitionen und macht im Falle von Modernisierungen eine Mieterhöhung erforderlich. Jetzt müssen diese Vermieter Angst haben, ihr Eigentum nicht mehr so erhalten und verwalten zu können, wie sie es gerne tun würden.

    wallstreet:online: Wir Börsenjournalisten stellen fest, dass die Aktienkurse der nach Wohneinheiten größten deutschen Immobilienfirmen wie Vonovia, Deutsche Wohnen oder LEG auf Monatsbasis nachgaben. Ob langfriste Kurserholung oder nicht, inwiefern kann man annehmen, dass die Wohnungs-Firmen ein wichtiges unternehmerisches Gut, nämlich den gesellschaftlichen Rückhalt, immer mehr verlieren könnten, wenn die Debatten um Enteignungen und Mietendeckel weiter anhalten?

    Kai Warnecke: Diese Befürchtung teilen wir – auch wenn die Wohnungsunternehmen verständlicherweise nicht ganz oben auf unserer Agenda stehen. Die Debatte um den Berliner Mietendeckel in den vergangenen zwei Wochen hat das soziale Klima in Berlin erheblich angeheizt und eine völlig unnötige Spaltung zwischen Mietern und Vermietern verursacht.

    wallstreet:online: Ganz klar, auch als außenstehender, neutraler Beobachter muss man erkennen, dass es ein Wohnungsproblem gibt. Wie würden Sie das Problem lösen?

    Kai Warnecke: Wir haben eben schon kurz über Wohnungsbau gesprochen. Es gibt zahlreiche Gremien auch auf Bundesebene die mehr als zweihundert Vorschläge ausgearbeitet haben, wie der Wohnungsbau angekurbelt werden kann. So bergen etwa Ausbau von Dachgeschossen und Aufstockungen eine riesiges Potential. Auch durch Vereinfachungen beim Baurecht ließen sich große Hindernisse im Wohnungsbau aus dem Wegräumen. Diese Vorschläge müssen endlich umgesetzt werden – vor allem in Berlin und in den übrigen Ballungsgebieten.

    wallstreet:online: Herr Warnecke, vielen Dank für das Interview!





    wallstreetONLINE Redaktion
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