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     1036  0 Kommentare Franz Weis im Gespräch: „Bayer flog sofort raus”

    Comgest-Manager Franz Weis hat mit dem konzentrierten Portfolio des Europa-Aktienfonds Comgest Growth Europe (ISIN: IE0004766675) alle Hände voll tun. Ein Gespräch über die Vorzüge von Qualitäts-Wachstumsunternehmen und die notwendige strenge Auswahl.DAS INVESTMENT: Herr Weis, die Haltedauer der rund 35 Positionen im Portfolio des Aktienfonds Comgest Growth Europe beträgt im Schnitt drei bis fünf Jahre oder liegt sogar deutlich höher. Ist Ihnen in Ihrem Job nicht oftmals schrecklich langweilig?
    Franz Weis: Nein, überhaupt nicht. Wir sind gut beschäftigt mit den Unternehmen, die wir im Fonds halten. Bei denen ergibt sich ständig etwas Neues. Auch mit einem langfristigen Anlagehorizont von fünf Jahren müssen wir kurzfristig immer wieder überprüfen, ob die Anlage-Hypothesen wirklich noch gelten oder ob sich die Qualitätskriterien geändert haben: Ist die Preissetzungsmacht noch so stark wie zuvor? Sind die Markteintrittsbarrieren noch gültig? Wir müssen sicherstellen, dass wir die Unternehmen immer noch aus guten Gründen halten.
    Im Fußball würde man sagen: Sie verwalten das Ergebnis.
    Weis: Selbstverständlich suchen wir auch ständig nach neuen Ideen. Wir investieren in Qualitäts-Wachstumsunternehmen, sind bei der Auswahl sehr wählerisch und stellen hohe Ansprüche. Das bedeutet in der Praxis, dass wir uns viele Unternehmen ansehen. Letztlich finden wir aber nur wenige Unternehmen wirklich interessant. Bei denen gehen wir dann aber richtig in die Tiefe. Es ist immer spannend, neue Unternehmen und Produkte kennenzulernen.
    Was muss passieren, damit eine Aktie wieder aus dem Portfolio fliegt?
    Weis: In den meisten Fällen ändert sich die Bewertung. Obwohl wir selten ganz rausgehen, wenn wir von einem Unternehmen wirklich überzeugt sind. Wenn die Qualitätskriterien außerordentlich hoch sind, das Wachstum auch langfristig andauern kann, behalten wir meist noch eine kleine Position bei, um sie eventuell wieder aufzubauen.
    Keine krasseren Beispiele?
    Weis: Als Bayer die Übernahme von Monsanto bekanntgegeben hat, wurden wir hellhörig. Wir waren überhaupt nicht angetan von dieser strategischen Neuorientierung, ausgegeben von einem Chef, der gerade mal zehn Tage im neuen Job war. Wir hielten eine mittelgroße Position der Aktie und haben das Unternehmen relativ rasch verkauft. Die strategische Veränderung, weg von Pharmazeutik hin zu Agrochemie, gefiel uns nicht. Zumal die Branche nicht gerade die sauberste ist und Monsanto das schlimmste Unternehmen darin wegen der krebsfördernden Bestandteile ihrer Produkte. Das war bekannt. Aus ESG-Gründen haben wir das Unternehmen verkauft. Aber auch die Aufgabe, dass ein deutsches Unternehmen einen alteingesessenen US-Konzern mit seiner ganzen Kultur integrieren soll, und die damit verbundenen finanziellen Risiken waren uns viel zu riskant.

    Wo finden Sie die besten Unternehmen?
    Weis: Die besten Unternehmen, die wir in der Vergangenheit gefunden haben, genießen starken Rückenwind von strukturellen Themen wie der alternden Bevölkerung, der Digitalisierung der Welt oder der wachsenden Mittelschicht in den Schwellenländern. Interessant finden wir auch Unternehmen, die einen riesigen Markt vor sich haben, der noch sehr fragmentiert ist. Auf dem können sie mit einem neuen innovativen Produkt Marktanteile erobern.
    Welche Qualitätskriterien wenden Sie an?
    Weis: Wir setzen auf Unternehmen, die eigenständiges Wachstum liefern können, ohne Hilfe der Konjunktur. Das ist eine unserer vielen Definitionen von Qualität. Wir suchen Wachstum, das aufgrund von Eigeninitiativen zustande kommt. Ob es eine geographische Ausweitung ist oder weitere Innovationen. Der wichtigste Treiber für die Gewinnentwicklung ist das organische Umsatzwachstum. Das wird auch mitgetragen vom Wirtschaftswachstum, aber das ist ein ganz marginaler Faktor. Wirklich wichtig ist, dass die Unternehmen, in die wir investieren, in Nischen agieren, die schneller wachsen als die Wirtschaft.
    Haben Sie ein Beispiel?
    Weis: Ambu, ein dänisches Medtech-Unternehmen, hat ein Einweg-Endoskop entwickelt. Das vermeidet, dass ein Patient vom anderen infiziert wird. Allein in Japan gibt es 50 verschiedene Reinigungsprozesse, die sehr teuer sind und viel Mühe kosten. Trotzdem verschickt die US-Arzneimittelbehörde immer wieder Warnungen an Hersteller der wiederverwendbaren Geräte. Ambu hat mit seinem Produkt riesige Wachstumschancen.
    Aber Einweg bedeutet: Die Geräte werden einmal benutzt und dann weggeschmissen. Klingt nicht besonders nachhaltig!
    Weis: Sagen wir so: Wenn man hundert Prozent nachhaltig sein will, dann hört man auf zu atmen. Es geht darum, Leben von Patienten zu retten.
    Wie werden ESG-Faktoren im Fonds konkret berücksichtigt?
    Weis: ESG-Faktoren gab es bei uns schon immer, weil wir schon immer ein langfristiger, risikoaverser Anleger waren. Wir wenden ein ganze Reihe von Qualitätskriterien an, ungefähr die Hälfte davon sind nicht finanzieller Art. Verstößt ein Unternehmen gegen ESG-Kriterien, kann es kein Qualitätsunternehmen sein, weil es langfristig Risiken birgt. Bei uns kommen vier verschiedene Noten zum Einsatz. Bei der Bestnote 1 profitiert das Unternehmen von einem geringeren Discount-Satz bei der Berechnung des Zielpreises. Das heißt: Je besser das Unternehmen nach ESG-Kriterien ist, desto positiver die Auswirkung auf den Zielpreis. Wenn sich das Unternehmen unterdurchschnittlich bewegt, geht der Zielpreis nach unten. Es ist dann weniger wahrscheinlich, dass wir investieren. Auf jeden Fall verringert sich die Gewichtung im Fonds.
    Investieren Sie in Unternehmen mit der Note 4?
    Weis: Derzeit nicht und in den Europa-Portfolios haben wir das bisher auch noch nicht. Die Unternehmen mit Note 4 sind nicht die Schlechtesten. Theoretisch geht die Skala von 1 bis 10. Aber wenn ein Unternehmen bei 5 liegt, gibt es so starke Qualitätsprobleme nicht-finanzieller Art. Da ist uns das Risiko zu hoch, dann sehen wir uns die Bewertung gar nicht erst an.

    Sie behaupten, das Risiko im Fonds ist extrem begrenzt aufgrund des engen Fokus auf die Qualität. Breit gestreut ist ein konzentriertes Portfolio mit 35 Positionen nun aber nicht wirklich, oder?
    Weis: Je mehr Aktien ich im Portfolio habe, desto ähnlicher werde ich dem Index. Dann unterscheidet sich auch die Performance immer weniger davon. Die Abweichung vom Index spielt keine Rolle für das Risiko. Selbst die Gelehrten sagen, dass ab 15 Titeln im Portfolio der Diversifikationseffekt abnimmt. Und wenn ich 150 Unternehmen im Fonds habe, wie gut kann ich das 150. noch kennen? Je mehr Unternehmen im Portfolio, desto größer das Risiko, dass ich nicht überzeugt bin und nicht mehr mit den täglichen Risikofaktoren und Ereignissen im Unternehmen vertraut bin. Deswegen sind wir lieber konzentriert unterwegs. Wir sind von jeder einzelnen Position überzeugt, nur deswegen ist sie im Portfolio und es bleibt überschaubar. Und wer nicht vom Index abweicht, der kann auch nicht besser abschneiden als der Index.
    Das Jahr 2018 hat der Fonds mit 5 Prozent im Minus abgeschlossen. War waren die Gründe?
    Weis: 2018 war ein untypisches Jahr, weil es zweigeteilt war: In den ersten acht Monaten hatte der Markt zunehmend Sorgen über das politische Umfeld in Europa, mit Brexit und italienischen Wahlen. Zudem gab es durchaus berechtigte Sorgen über die sich verlangsamende Konjunkturdynamik. Jeden Monat waren die Konjunkturdaten schwächer als im vorherigen und die Wachstumsprognosen gingen nach unten. Deswegen haben sich Anleger immer mehr auf Qualitätsunternehmen konzentriert in ihren Anlagen und auch auf Wachstumsunternehmen, weil jeder die Tech-Unternehmen aus den USA in Europa erkennen wollte. Die Prämie für überdurchschnittliches Wachstum stieg immer weiter an. Das heißt, wir hatten bis Ende August 2018 mit rund 10 Prozent eine sehr gute relative Performance.
    Und wie zufrieden sind Sie mit der Performance?
    Weis: Die Performance war eigentlich viel zu gut für das überdurchschnittlich beständige Wachstum der Unternehmen, in die wir investiert waren. Wir wussten, dass das nicht haltbar war. Das war nicht alles verdient. Und im September kam es zu Zinsspekulationen in den USA, die eine Sektor-Rotation ausgelöst haben. Dann hat sich auch noch der Handelskrieg verschärft und die Anleger haben sich ernste Sorgen um die Konjunktur gemacht. Der ganze Markt ging nach unten. Normalerweise schneiden wir besser ab in schwachen Marktphasen, aber die Korrektur von Qualitätswachstumswerten hielt weiter an. Deshalb waren wir ausnahmsweise in einem schwachen Quartal schlechter als der Markt und die Vergleichsgruppe. Im Gesamtjahr lagen wir aber immer noch 6,4 Prozentpunkte vor dem Index. Zu Beginn 2019 haben wir in einem steigenden Markt besser abgeschnitten, was auch untypisch ist. Aber kurzfristige Zeiten können immer mal Abweichungen haben, über längere Zeit ab fünf, zehn oder 20 Jahren stehen wir immer besser da als der Markt.

    Über den Interviewten:Franz Weis ist Teamleiter Europa und Manager des Comgest Growth Europe (ISIN: IE0004766675). Er kam 2005 als Portfoliomanager und Analyst zu Comgest und ist heute einer der Geschäftsführer der Gruppe.

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