Börsen-Zeitung
Deplatzierte Schadenfreude / Kommentar zu den enttäuschenden Wachstumszahlen in China von Norbert Hellmann
Frankfurt (ots) - Chinas Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 6,2%
nach zuvor 6,4% gewachsen. Im Weltmaßstab ist das eine stramme
Performance, für das Reich der Mitte allerdings ist es der schwächste
Wachstumsausweis seit Beginn der Quartalserfassung vor 27 Jahren. An
den Märkten sorgt dies aber für wenig Aufregung. Der schleichende
Wachstumsrückgang ist insbesondere vor dem Hintergrund des
Handelskonflikts mit den USA breit erwartet worden. Für das
Gesamtjahr 2019 rechnen die Experten mit mindestens 6,1% Wachstum -
sofern es nicht zum ganz großen Knall zwischen Peking und Washington
kommt.
Bezeichnenderweise lässt es sich US-Präsident Donald Trump nicht
nehmen, per Twitter seinen Senf zum China-Wachstum zu geben. Er
betont, dass die US-Strafzölle den "Haupteffekt" für Chinas
Konjunkturbremsung darstellen, und droht zugleich wieder, dass noch
mehr Zölle kommen könnten. Trumps Schadenfreude über einen von ihm
wesentlich beeinflussten Niedergang der chinesischen Wirtschaft in
den vergangenen Monaten deckt sich allerdings nicht ganz mit der
ökonomischen Realität.
nach zuvor 6,4% gewachsen. Im Weltmaßstab ist das eine stramme
Performance, für das Reich der Mitte allerdings ist es der schwächste
Wachstumsausweis seit Beginn der Quartalserfassung vor 27 Jahren. An
den Märkten sorgt dies aber für wenig Aufregung. Der schleichende
Wachstumsrückgang ist insbesondere vor dem Hintergrund des
Handelskonflikts mit den USA breit erwartet worden. Für das
Gesamtjahr 2019 rechnen die Experten mit mindestens 6,1% Wachstum -
sofern es nicht zum ganz großen Knall zwischen Peking und Washington
kommt.
Bezeichnenderweise lässt es sich US-Präsident Donald Trump nicht
nehmen, per Twitter seinen Senf zum China-Wachstum zu geben. Er
betont, dass die US-Strafzölle den "Haupteffekt" für Chinas
Konjunkturbremsung darstellen, und droht zugleich wieder, dass noch
mehr Zölle kommen könnten. Trumps Schadenfreude über einen von ihm
wesentlich beeinflussten Niedergang der chinesischen Wirtschaft in
den vergangenen Monaten deckt sich allerdings nicht ganz mit der
ökonomischen Realität.
Selbstverständlich erweist sich der Handelsstreit als Belastung
für Chinas Wirtschaft, weil er sowohl auf die Stimmung im
Industriesektor drückt als auch das Konsumvertrauen angreift. Für die
konjunkturelle Abkühlung aber sind auch längerfristige, strukturelle
Effekte verantwortlich. Dabei spielen Nachwirkungen einer
Finanzstabilitätskampagne und gedrosselte Anlageinvestitionen eine
Rolle, die mit der Handelspolitik wenig zu tun haben. Der Außenhandel
für sich genommen wiederum ist bislang keineswegs der große
Bremsklotz. Chinas Nettoexporte steuerten in der ersten Jahreshälfte
gut 20% zum Outputwachstum bei - ein extrem hoher Wert. Dabei haben
nicht zuletzt Vorzieheffekte in Erwartung verschärfter Strafzölle
eine Rolle gespielt. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass
außenwirtschaftliche Bremseffekte erst im weiteren Jahresverlauf
stärker negativ auf Chinas Wachstum durchschlagen werden.
Allerdings nähren flottere Konjunkturdaten im Juni die Hoffnung,
dass die "wirtschaftspsychologische" Beeinträchtigung des
Handelsstreits wieder nachlässt und sich die Binnennachfrage auf
Erholungskurs befindet. Chinas noch behutsame Stimulierungspolitik
beginnt zu greifen und kann bei Bedarf weiter verstärkt werden. Das
offizielle Wachstumsziel für 2019 von mindestens 6% scheint bislang
nicht in Gefahr. Eher scheint Trump sein Ziel zu verfehlen, Chinas
Wirtschaft mit handelspolitischen Drohungen zum Entgleisen zu
bringen.
(Börsen-Zeitung, 16.07.2019)
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für Chinas Wirtschaft, weil er sowohl auf die Stimmung im
Industriesektor drückt als auch das Konsumvertrauen angreift. Für die
konjunkturelle Abkühlung aber sind auch längerfristige, strukturelle
Effekte verantwortlich. Dabei spielen Nachwirkungen einer
Finanzstabilitätskampagne und gedrosselte Anlageinvestitionen eine
Rolle, die mit der Handelspolitik wenig zu tun haben. Der Außenhandel
für sich genommen wiederum ist bislang keineswegs der große
Bremsklotz. Chinas Nettoexporte steuerten in der ersten Jahreshälfte
gut 20% zum Outputwachstum bei - ein extrem hoher Wert. Dabei haben
nicht zuletzt Vorzieheffekte in Erwartung verschärfter Strafzölle
eine Rolle gespielt. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass
außenwirtschaftliche Bremseffekte erst im weiteren Jahresverlauf
stärker negativ auf Chinas Wachstum durchschlagen werden.
Allerdings nähren flottere Konjunkturdaten im Juni die Hoffnung,
dass die "wirtschaftspsychologische" Beeinträchtigung des
Handelsstreits wieder nachlässt und sich die Binnennachfrage auf
Erholungskurs befindet. Chinas noch behutsame Stimulierungspolitik
beginnt zu greifen und kann bei Bedarf weiter verstärkt werden. Das
offizielle Wachstumsziel für 2019 von mindestens 6% scheint bislang
nicht in Gefahr. Eher scheint Trump sein Ziel zu verfehlen, Chinas
Wirtschaft mit handelspolitischen Drohungen zum Entgleisen zu
bringen.
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