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    Börsen-Zeitung  264  0 Kommentare Deplatzierte Schadenfreude / Kommentar zu den enttäuschenden Wachstumszahlen in China von Norbert Hellmann

    Frankfurt (ots) - Chinas Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 6,2%
    nach zuvor 6,4% gewachsen. Im Weltmaßstab ist das eine stramme
    Performance, für das Reich der Mitte allerdings ist es der schwächste
    Wachstumsausweis seit Beginn der Quartalserfassung vor 27 Jahren. An
    den Märkten sorgt dies aber für wenig Aufregung. Der schleichende
    Wachstumsrückgang ist insbesondere vor dem Hintergrund des
    Handelskonflikts mit den USA breit erwartet worden. Für das
    Gesamtjahr 2019 rechnen die Experten mit mindestens 6,1% Wachstum -
    sofern es nicht zum ganz großen Knall zwischen Peking und Washington
    kommt.

    Bezeichnenderweise lässt es sich US-Präsident Donald Trump nicht
    nehmen, per Twitter seinen Senf zum China-Wachstum zu geben. Er
    betont, dass die US-Strafzölle den "Haupteffekt" für Chinas
    Konjunkturbremsung darstellen, und droht zugleich wieder, dass noch
    mehr Zölle kommen könnten. Trumps Schadenfreude über einen von ihm
    wesentlich beeinflussten Niedergang der chinesischen Wirtschaft in
    den vergangenen Monaten deckt sich allerdings nicht ganz mit der
    ökonomischen Realität.

    Selbstverständlich erweist sich der Handelsstreit als Belastung
    für Chinas Wirtschaft, weil er sowohl auf die Stimmung im
    Industriesektor drückt als auch das Konsumvertrauen angreift. Für die
    konjunkturelle Abkühlung aber sind auch längerfristige, strukturelle
    Effekte verantwortlich. Dabei spielen Nachwirkungen einer
    Finanzstabilitätskampagne und gedrosselte Anlageinvestitionen eine
    Rolle, die mit der Handelspolitik wenig zu tun haben. Der Außenhandel
    für sich genommen wiederum ist bislang keineswegs der große
    Bremsklotz. Chinas Nettoexporte steuerten in der ersten Jahreshälfte
    gut 20% zum Outputwachstum bei - ein extrem hoher Wert. Dabei haben
    nicht zuletzt Vorzieheffekte in Erwartung verschärfter Strafzölle
    eine Rolle gespielt. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass
    außenwirtschaftliche Bremseffekte erst im weiteren Jahresverlauf
    stärker negativ auf Chinas Wachstum durchschlagen werden.

    Allerdings nähren flottere Konjunkturdaten im Juni die Hoffnung,
    dass die "wirtschaftspsychologische" Beeinträchtigung des
    Handelsstreits wieder nachlässt und sich die Binnennachfrage auf
    Erholungskurs befindet. Chinas noch behutsame Stimulierungspolitik
    beginnt zu greifen und kann bei Bedarf weiter verstärkt werden. Das
    offizielle Wachstumsziel für 2019 von mindestens 6% scheint bislang
    nicht in Gefahr. Eher scheint Trump sein Ziel zu verfehlen, Chinas
    Wirtschaft mit handelspolitischen Drohungen zum Entgleisen zu
    bringen.

    (Börsen-Zeitung, 16.07.2019)

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