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    Top-Ökonomen  8832  0 Kommentare Das ganze Bild: Wie es wirklich um Deutschlands Konjunktur steht

    Wie tief und breit ist der sich abzeichnende konjunkturelle Abschwung? Nur eine "Konjunkturdelle" oder doch schon eine "Rezession"? Einschätzungen führender Wirtschaftswissenschaftler zwingen zu einem ausgewogenen Blick auf die konjunkturelle Situation, bei dem sowohl die Stützen und die Brüche in der deutschen Wirtschaft klarer hervortreten.

    Was steckt hinter den Schlagwörtern "Konjunkturdelle", "markante Abwärtsbewegung", "anhaltende Schwächephase" oder "Risiko einer Rezession", die seit Monaten durch die Wirtschaftspresse geistern? Die wallstreet:online-Redaktion hat führende Wirtschaftswissenschaftler gebeten, die konjunkturelle Lage in ihrer ganzen Bandbreite darzustellen.

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    "Die genannten Kategorien sind nicht sauber definiert", sagte Oliver Holtemöller, stellvertretender Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). "Die Phasen des Konjunkturzyklus sind Boom, Abkühlung, Krise und Erholung. Die deutsche Konjunktur befindet sich nach diesem Schema gegenwärtig in der Krise, ausgehend von der Schwäche der Industrie. Es ist zurzeit wahrscheinlich, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion im zweiten und im dritten Quartal zurückgeht. Das wäre dann eine technische Rezession. Die binnenwirtschaftliche Situation ist jedoch nach wie vor solide. Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte steigen weiter. Für den weiteren Jahresverlauf ist daher mit einer Erholung zu rechnen, sofern sich die außenwirtschaftliche Lage nicht weiter verschärft", umreißt Holtemöller die konjunkturellen Umstände im Gespräch mit der wallstreet:online-Redaktion.

    Roland Döhrn, Leiter des Kompetenzbereichs Wachstum, Konjunktur, Öffentliche Finanzen des RWI Essen, rückt das aktuelle Konjunktur-Bild, das Bank-Ökonomen zeichnen, zurecht: "Was die Einschätzung der augenblicklichen Konjunkturlage angeht, so sind die Einschätzungen der Bankenvolkswirte mir etwas zu industrielastig. Die Bauwirtschaft und der Dienstleistungssektor laufen weiter gut, der Beschäftigungsaufbau verlangsamt sich zwar, aber ein Minus – das in einer Rezession wahrscheinlich wäre – sehen wir noch nicht. Die spannende Frage ist, ob sich Dienstleistungssektoren von der Industrie abgekoppelt haben". Zuvor hatte u.a. Allianz-Ökonomin Katharina Utermöhl vor dpa-Journalisten zu Protokoll gegeben, dass vor dem Hintergrund des mauen Ausblicks für den Welthandel und die Automobilbranche das Risiko einer Rezession mittlerweile recht hoch sei.

    Galina Kolev, Senior Economist beim IW Köln, lenkt den Fokus auf die deutschen Hersteller von Investitionsgütern, welche verstärkt unter der Unsicherheit auf den Weltmarkten leiden: "Die Verunsicherung weltweit ist hoch, was negative Konsequenzen für das Investitionsverhalten global aufgestellter Unternehmen hat und somit das Geschäft deutscher Investitionsgüterhersteller im Inland aber auch weltweit beeinträchtigt. Die Entwicklung des globalen Warenhandels (Daten des World Trade Monitor vom CPB) ist so schwach wie seit der Wirtschaftskrise 2009 nicht mehr, die Exporterwartungen der deutschen Unternehmen haben gemäß unserer eigenen IW-Konjunkturumfrage vom Frühjahr 2019 den tiefsten Stand seit dem Herbst 2009 erreicht".

    Die Unsicherheit werde weiter anwachsen: "Erholung" käme eventuell durch ein Abflauen der Handelskonflikte und eine Brexit-Einigung. Stütze des Wachstums sei vor allem die "Binnennachfrage (gute Arbeitsmarktlage, solide Einkommenszuwächse)", so die Einschätzung der iw-Ökonomin Kolev.

    Laut Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bestehe im Hinblick auf das BIP-Wachstum zwar das "Risiko einer Rezession." "Ob dabei formal das Kriterium einer Rezession von zwei Quartalen infolge mit negativem BIP-Wachstum erfüllt wird, ist in der Sache aber nicht entscheidend", glaubt Weber.

    Den Arbeitsmarkt schätzt Weber krisenfester als in der Vergangenheit ein: "Vor 15 Jahren hätte ein ähnlicher Konjunkturabschwung zu einem Beschäftigungseinbruch geführt. Heute reagiert der Arbeitsmarkt auf derartige konjunkturelle Schwankungen aber deutlich robuster als früher", so Weber.

    Die Industrie ist für Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums des Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel (IfW), "in der ausgeprägten Abkühlungsphase" das Sorgenkind: "Besonders ausgeprägt ist diese Entwicklung in der Industrie – neben zyklischen Faktoren belastet hier vor allem die Schwäche im Außenhandel, die nicht zuletzt auch auf die von den USA ausgehenden Handelskonflikten zurückgeht."

    Ökonom Kooths sieht wie seine Kollegen Holtemöller (IWH), Kolev (IW Köln) und Weber (IAB) die Binnenwirtschaft - angeführt vom privaten Konsum - als ausgleichenden Gegenpart zur schwachen, exportorientierten Industrie an. Zudem weist Kooths wie sein Kollege Döhrn vom RWI Essen neben dem Binnenmarkt explizit auf den starken Bausektor als Hoffnungsträger hin: "Konsumnahe Dienstleister spüren die Abschwächung bislang kaum. Die Bauwirtschaft boomt weiter und ist in erster Linie kapazitätsbeschränkt. Der Arbeitsmarkt zeigt als typsicher nachlaufender Indikator noch keinen gravierenden Umschwung, aber die Beschäftigungsdynamik hat sich gleichwohl deutlich abgeschwächt", so der Konjunkturexperte vom IfW Kiel.

    Autor: Christoph Morisse




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