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    Wohnungsmarkt  9587  1 Kommentar Legal, illegal? Baustadtrat Florian Schmidt und die Genossenschafts-Affäre

    Der "Tagesspiegel" titelt: "Die undurchsichtigen Geschäfte des Florian Schmidt" und nochmal: "Häuserkampf in Berlin: Der Stadtrat, die Senatorin und der Stasi-Offizier". Daneben häufen sich weitere Skandale um Schmidt, der sich bislang bedeckt hält.

    Ein ausgemachter Skandal zieht über den Berliner Immobilienmarkt, denn seit Mittwoch erhalten zukünftig auch Baugenossenschaften im Rahmen des Vorkaufsrecht auf dem Immobilienmarkt Landeszuschüsse und Darlehen. Der eigentliche Skandal ist jedoch: Der Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) bediente sich fünf Mal des Vorkaufsrechts zugunsten einer Genossenschaft, die laut "Tagesspiegel"-Recherchen teilweise die Finanzierung nicht sichern kann - der Bezirk soll nun mit einem zweistelligen Millionenbetrag in der Haftung stehen. Und genau diese Genossenschaft, die "Diese eG", wurde in der Neuregelung ausdrücklich erwähnt.

    In der neuen Regelung - Titel 82016: "Eigenkapitalzuführungen an städtische Wohnungsbaugesellschaften und Förderung von Wohnungsgenossenschaften zwecks bezirklicher Vorkaufsrechtsausübung" - heißt es unter Punkt "B: Erweiterung der Zweckbindung des Globaltitels 82016 für Wohnungsgenossenschaften":

    "Bedingt durch stark gestiegende Grundstückspreise (...) können die städtischen Wohnungsbaugesellschaften vielfach (....) nicht als begünstigte Dritte bei der Ausübung von bezirklichen Vorkaufsrechten (...) zur Verfügung stehen".

    Und weiter: "Aus diesem Umstand heraus hat sich mit Schwerpunkt im Bezirk FriedrichshainKreuzberg eine neue Wohnungsgenossenschaft gegründet („Diese eG“). Ziel der "Diese eG" ist es, ergänzend zu den städtischen Wohnungsbaugesellschaften als Dritterwerberin für das bezirkliche Vorkaufsrecht (...) zur Verfügung zu stehen".

    Die geplante und nun vollzogene Änderung beim Vorkaufrecht wurde am 23. Juli 2019 bekannt, denn bislang bekamen nur kommunale Wohnungsgesellschaften finanzielle Unterstützung bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn dadurch soziale Mieten gesichert und Verdrängung verhindert werden kann.

    Pikant: Im Text der verabschiedeten Vorlage vom Mittwoch wird die "Diese eG" lobend erwähnt, was für eine Parlamentsvorlage eher unüblich ist. Die Idee zu dieser neuen  Genossenschaft formulierte der Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) im Mai 2019. Im gleichen Monat sagte Schmidt, dass es seit Kurzem Zuschüsse für Genossenschaften gäbe.

    Die "Diese eG" will über das Vorkaufsrecht Mehrfamilienhäuser erwerben und somit bezahlbares Wohnen in der Stadt sichern. Die Finanzierung erfolgt über Fremdkapital und die Mitglieder, die auch Mieter sind - sie sollen für ihre Wohnung 500 Euro pro Quadratmeter an Genossenschaftsanteilen zahlen. Teilweise müssten Mieter Kredite aufnehmen, während bei Beziehern von Sozialleistungen die Kosten vom Jobcenter getragen werden sollen. 

    Über die "Diese eG": Laut eigenen Angaben ist Martin Arndt der Vorsitzende des Aufsichtsrates, während dem Vorstand Simone Gork, Werner Landwehr und Elena Poeschl angehören. Poeschl gilt als Mietaktivistin und arbeitete zwei Jahre für eine der größten politischen Kommunikationsagenturen, der Public-Affairs-Agentur MSL. Werner Landwehr ist Regionalleiter Berlin der GLS Bank - einer Genossenschaftsbank und der ersten Ökobank der Welt. Und Simone Gork gehört, wie Poeschl, zur Initiative "BoeThie bleibt".

    Pikant wird es bei den weiteren Mitgliedern, denn zu den rund 80 Mitglieder sollen u. a.  die frühere Lichtenberger Bürgermeisterin Christina Emmrich und die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch (beide Linke) gehören. Ebenfalls am Gründungsprozess beteiligt soll der heutige Geschäftsmann und ehemalige Stasi-Offizier Matthias Schindler gewesen sein. 

    Wie nun bekannt wurde, hat der Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt über die Genossenschaft in den vergangenen Monaten fünf Mal das Instrument des Vorkaufsrechts benutzt, um Liegenschaft zu akquirieren. Wie sich jedoch nach Recherchen des "Tagesspiegel" herausstellte, gab es keine gesicherte Finanzierung. Die "Diese eG" soll auf Gerichtsverfahren "zur Klärung von Widersprüchen gegen das bezirkliche Vorkaufsrecht" gehofft haben, um die Millionenobjekte zu einem späteren Zeitpunkt sicher zu finanzieren - zum Teil auch durch noch nicht bewilligte Landeszuschüsse. Laut Werner Landwehr von "Diese eG" sollen alle bis zum 25. Juli 2019 fälligen Anzahlungen geleistet worden sein. Andere Aussagen kommen von Verkäufern, wonach Anzahlungen noch offen sind.

    Die jüngsten Informationen über Florian Schmidt, die "Diese eG" und das gesamte dahinter vermutete zweifelhafte Finanzkonstrukt schockt die Berliner Politik: SPD-Baupolitikerin Iris Spranger sagte: "Ich bin von dem, was bisher an die Öffentlichkeit gedrungen ist, geschockt". FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sagte: "Wir müssen prüfen, auf welchem Weg eine Aufklärung der Affäre am besten geschehen kann". Czaja meint, dass "es massive Verfehlungen von Senats- und Bezirksverwaltung im Umgang mit der Genossenschaft gab". Und weiter: "Katrin Lompscher muss offenlegen, welche Verbindungen sie im Vorfeld zu Matthias Schindler hatte. Auch die Rolle des Baustadtrats Florian Schmidt muss unter die Lupe genommen werden". Der wohnungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, sagte: "Die Vorgänge müssen untersucht werden, auch seitens der Innenrevision und der Justiz".

    Linken-Fraktionsgeschäftsführer Steffen Zillich bringt die Fragen - auch unserer Redaktion - auf den Punkt: "Und zwar zu den finanziellen Risiken, der Konstruktion und personellen Zusammensetzung der Genossenschaft und dazu, inwieweit dieses Geschäft in öffentlichem Interesse ist".

    Die Interviewanfrage der wallstreet:online-Redaktion vom Donnerstag wurde so beantwortet: "Vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an einem Interview mit Herrn Schmidt. Leider ist ein Interview aus Kapazitätsgründen nicht möglich", so die Pressesprecherin S. Lühmann.





    wallstreetONLINE Redaktion
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