Abschwung
Experte: Angst vor Rezession in Deutschland hemmt Eurozonen-Wachstum
Heute wurde durch einen "Spiegel"-Bericht bekannt, dass Wirtschaftsexperten im Bundeskanzleramt in Berlin im dritten Quartal mit einem erneuten Rücksetzer des deutschen Bruttoinlandproduktes (BIP) rechneten. Ein Experte eines britisch-kanadischen Asset Managers macht die Angst vor der Rezession in Deutschland neben den Unsicherheiten in Italien und der Gefahr eines Chaos-Brexits für das schwache europäische Wirtschaftswachstum verantwortlich.
Steven Bell, Chefvolkswirt bei BMO Global Asset Management, sagte im Gespräch mit der wallstreet:online-Redaktion: "Das europäische Wirtschaftswachstum hat wieder einmal enttäuscht, und zwar durch die weit verbreitete Angst vor einer Rezession in Deutschland, politischen Turbulenzen in Italien und den unterbrochenen Brexit-Verhandlungen".
Gleichwohl erkennt Bell genügend Gegenkräfte: "Aber es gibt auch gute Anzeichen. Die Europäische Zentralbank wird im nächsten Monat wieder lockern. Der Euroraum wächst weiter, wenn auch langsam, die Arbeitslosigkeit sinkt und die Finanzpolitik wird allmählich simulativer. Der jüngste Marktrückzug schafft auch Chancen", meinte der Analyst des britisch-kanadischen Vermögensverwalters.
Unterdessen berichtet der "Spiegel", dass sich für das dritte Quartal abermals ein leichter Rückgang des Bruttoinlandsprodukts und damit eine technische Rezession abzeichne, was aus einer Vorlage des Kanzleramts hervorgehe. Demnach rechneten die Wirtschaftsexperten um Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für die Zeit von Juli bis Oktober mit einem ähnlichen Rückgang wie im zweiten Quartal, in dem die Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurückging.
Als Rezession wird eine Phase bezeichnet, in der die Wirtschaft zwei Quartale hintereinander schrumpft. In der Vorlage für die Kanzlerin werde zudem beschrieben, dass die schwache Industriekonjunktur in Deutschland weiter anhalten werde. Die Binnenkonjunktur sei aber noch intakt.
Grund zur übertriebenen Sorge ist der Ausblick nicht: "Eine gravierende Krise der deutschen Wirtschaft ist dennoch nicht zu erwarten, sofern die Handelsauseinandersetzungen nicht eskalieren und es zu keinem ungeregelten Brexit kommt. Für kurzfristige konjunkturstabilisierende Maßnahmen sehen wir daher keinen Anlass", hätten die Konjunkturexperten der Kanzlerin erklärt. Die Autoren der Kanzleramts-Vorlage hofften, dass Ende des Jahres unter dem Strich ein minimales Plus beim Wirtschaftswachstum stehe.
Autor: Christoph Morisse