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     578  0 Kommentare Chancen und Risiken für Anleihen: Ausweg in die Schwellenländer

    Wie sehen die Renditechancen derzeit an den Anleihenmärkten aus? Vor welchen Herausforderungen stehen Anleger? Peter Becker, Fixed Income Investment Director bei Capital Group, gibt Antworten.
    Peter Becker, Capital Group

    Herr Becker, Staatsanleiherenditen entwickeln sich teilweise negativ. Wie schlimm ist es?
    Peter Becker: Ende August 2019 waren 17 Billionen US-Dollar an ausstehenden Staats- und Unternehmensanleihen negativ verzinst. Das betrifft mehr als ein Viertel des gesamten Anleihenuniversums: Staaten und einige Unternehmen können sich jetzt Geld leihen und bekommen dafür noch Geld.
    Wer solche Anleihen bis zur Fälligkeit hält, verliert Geld. Was sollten Investoren jetzt wissen?
    Becker: Sie sollten einerseits hinterfragen, welche Perspektiven ihnen die sicheren Häfen – Staats- und Investment-Grade-Anleihen – überhaupt noch bieten. Andererseits sollten sie bei den risikoreicheren Hochzins- und Emerging-Markets-Anleihen die Ertragsperspektiven sowie den Konjunkturzyklus genau prüfen. 
    Mit welchen Entwicklungen rechnen Sie denn im Hinblick auf den Konjunkturzyklus?
    Becker: In den Industrieländern zeichnen sich rückläufige Gewinne und Kreditvergaben sowie eine Wachstumsverlangsamung ab. Einige der Emerging Markets wie Indien oder Brasilien hingegen befinden sich in einer konjunkturzyklischen Frühphase. Ob wir uns auf eine globale Rezession zubewegen, ist noch unklar.
    Wie kann die Geldpolitik eine globale Rezession abfedern?
    Becker: Es hängt davon ab, wie aggressiv die Zentralbanken gegen eine Rezession vorgehen. Seit Jahresbeginn 2019 haben wir eine Kehrtwende bei den Notenbanken gesehen, insbesondere bei der US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) – und mittlerweile auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Sind 2016/17 noch alle Volkswirtschaften gewachsen, hat sich das Wachstum im Euroraum und in Japan 2018 abgeschwächt. Unterdessen hat sich die US-Wirtschaft entkoppelt und legte weiter robust zu (siehe Grafik 1).
    Grafik 1: Globale Konjunktur

    Nachlassendes BIP-Wachstum (links) und geringer Inflationsdruck (rechts). Quellen: Thomson Reuters/IWF, Stand April 2019 (links). Bloomberg/PCE-Preisindex, Stand 30. Juni 2019 und 31. Mai 2019 (rechts).

    2019 hat die Fed ihre geldpolitische Kehrtwende vollzogen …
    Becker: Nachdem sich die US-Konjunkturdaten wieder abschwächen und auch der weltweite Inflationsdruck abnimmt, entfernen sich die USA im laufenden Jahr wieder vom Inflationsziel von 2 Prozent (siehe Grafik 1).
    Was ist Ihnen bei der Analyse des US-Marktes noch aufgefallen?
    Becker: Auf dem Arbeitsmarkt gibt es mehr offene Stellen als Arbeitssuchende. Daher sind die Arbeitskosten gestiegen, was auf die Unternehmensgewinne drückt. Die Zinsstrukturkurve weist typischerweise einen Renditeunterschied zwischen den zwei- und zehnjährigen Staatsanleihen auf. Dieser ist über die vergangenen zwei Jahre massiv gesunken und hat sich vor kurzem sogar temporär invertiert, als die zweijährigen über den zehnjährigen Renditen lagen.
    Was bedeutet das mittelfristig für die US-Konjunkturentwicklung?
    Becker: In den nächsten 16 bis 20 Monaten könnte eine Rezession bevorstehen. Die Unternehmensverschuldung rangiert mittlerweile auf einem historischen Höchststand. Nur das weltweit niedrige Zinsniveau federt die Verschuldung ab. Würde die Fed wie im vergangenen Jahr weiter an der Zinsschraube drehen, hätten die Unternehmen ab einem gewissen Zinsniveau Probleme, ihre Schulden zu bedienen.
    Wie können die US-Unternehmen gegensteuern?
    Becker: Sie sollten die Niedrigzinsphase nutzen. Je länger diese anhält, desto mehr systemische Risiken bauen sich auf. Würden die Zinskosten steigen, könnten die Unternehmen 2021/22 reihenweise fallen. Um dies zu verhindern, ist die Fed Ende Juli mit der ersten Zinssenkung nach der Finanzkrise zurückgerudert.

    Wie werden sich die anderen Wirtschaftsregionen außerhalb der USA entwickeln?
    Becker: Viele Regionen schwächeln, insbesondere die vom Export abhängigen Länder. In China lässt beispielsweise das Kreditwachstum nach. Damit fällt auch das Wirtschaftswachstum auf ein niedrigeres Niveau als bisher. Im Hinblick auf den Handelskonflikt mit den USA schlagen sich die Zölle auf Ex- und Importe nieder. Dies dürfte die Märkte in den nächsten Monaten wahrscheinlich bis zu den US-Wahlen im November 2020 bewegen.
    Und in Europa?
    Becker: In Europa lässt die wirtschaftliche Dynamik ebenfalls nach. Die Einkaufsmanager-Indizes (PMI), insbesondere im verarbeitenden Gewerbe, sind bereits stark in den rezessiven Bereich gesunken – unter die psychologisch wichtige 50-Punkt-Marke (siehe Grafik 2). Noch kann der expansive Dienstleistungssektor diese Entwicklung auffangen. So lange gerät die Konjunktur nicht unbedingt in eine Rezession. Anleger sollten daher den Bereich Dienstleistungen und auch das Konsumentenverhalten genau beobachten.
    Grafik 2: Insgesamt schwächere Konjunktur in Europa

    Rezessionsrisiken in Europa steigen, es wird jedoch nicht zwingend zu einer Rezession kommen: Stimmungsindikatoren (links) und PMIs (rechts). Quellen: Thomson Reuters Datastream und Einkaufsmanager-Index, Stand 30. Juni 2019.

    Welchen Einfluss haben die Ankündigungen der EZB, die Zinsen weiter zu senken?
    Becker: Die Inflationserwartungen sind im Euroraum zurückgegangen. Ähnlich wie die Fed in den USA hat auch die EZB ihre Ziele nicht erreicht und daher ein neues Ankaufsprogramm angekündigt. Außerdem hat sie die Zinsen für mehr Wachstum weiter gesenkt. Sollte die Geldpolitik nicht greifen, sind die Staaten an der Reihe: EZB-Chef Mario Draghi hat die Euroländer dazu aufgefordert, ihre Wirtschaft über Fiskalpolitik zu stimulieren.
    Seit Ende 2018 kam es zu einer Rallye bei Aktien, internationalen Unternehmens- und High-Yield-Anleihen sowie bei Emerging-Market-Titeln. Wie ist die Lage momentan bei Anleihen?
    Becker: Seit die Aktienmärkte stark gestiegen sind, haben sich auch die Bewertungen von Anleihen im Vergleich zu jenen der vergangenen 15 Jahre verteuert. Die Renditeaufschläge für Unternehmensanleihen liegen gemessen an diesem Zeitraum unterhalb des historischen Medians. Die Zinsvolatilität bleibt extrem niedrig – trotz eines leichten Anstiegs in den vergangenen Wochen. Zinssenkungen und Anleihenkäufe als geldpolitische Maßnahmen sollen die Volatilität möglichst niedrig und die Bewertungen hoch halten. Die Staatsanleihenrenditen sind seit der globalen Finanzkrise mit Ausnahme einiger kurzer Episoden kontinuierlich gefallen und dürften vorerst auch weiter niedrig bleiben.
    Im zweiten Teil des Interviews lesen Sie, welchen Lösungen im breiten Anleihenuniversum Anleger jetzt den Vorzug geben sollten.

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