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    Österreichische Schule  4343  0 Kommentare Vertrauenssache Geld: "Kennt jemand die Werte im RealUnit, wird er besser etwas anderes verkaufen"

    Ralph Malisch, Redakteur der wallstreet:online-Partnerredaktion Smart Investor, hatte die seltene Gelegenheit, am Rande der Düsseldorfer Währungskonferenz 2019 mit den Vordenkern des RealUnit, dem Schweizer Privatbankier Karl Reichmuth und RealUnit-Geschäftsführer Vahan P. Roth, zu sprechen:

    Smart Investor: Herr Reichmuth, was hat Sie auf die Idee mit dem RealUnit gebracht?

    Reichmuth: Mein Vater wurde im Jahr 1900 geboren und hat als junger Milchmann noch die Lateinische Münzunion miterlebt. Vier Liter Milch entsprachen einer Drachme, einem Schweizer Franken, einer Lira oder einem französischen Franken. Als ich 1971 einmal nachrechnete, hätte man für eine Drachme keinen Tropfen Milch mehr bekommen, für die Lira noch ein Zehntel von einem Deziliter, für einen französischen Franken noch fast einen Deziliter und für einen Schweizer Franken noch gut einen Liter. Außerdem hat er erlebt, wie in den Jahren 1923 und 1948 das Geld in Deutschland komplett kaputtging. Als er dann einem meiner älteren Brüder seinen Schweinestall überschrieb, wollte er als Rente den Gegenwert von einer schlachtreifen Sau im Monat. Ich habe mich damals als ganz junger Banker bei dem Notartermin verkrochen, weil ich mich für diese Forderung meines Vaters so geschämt hatte. Dabei hatte er nur nach einer Verankerung für das Geld gesucht, ganz natürlich, aber ohne große Theorien.

    Smart Investor: Nun erkennen ja viele, dass sich der Geldwert im Zeitablauf systematisch verflüchtigt – aber nur wenige werden aktiv. Gab es bei Ihnen einen Auslöser?

    Reichmuth: Ein Schweizer hat die Macht nie gerne beim Staat. Die Geldmacht aber ist indirekt Staatsmacht, und diese Staatsmacht zu begrenzen, ist unser Anliegen. Ich habe immer gedacht: Was nützt die Analyse, wenn ich keine Lösung finde? Allerdings gab es früher nicht diese Möglichkeiten durch die Technologie, die heute dank Fintech möglich sind. Die Umsetzung macht Vahan Roth; das kann ein inzwischen 80-Jähriger nicht mehr.



    Roth: Wir glauben daran, dass man die Zentralbanken in Schranken halten muss. Der Staat hat immer wieder bewiesen, dass er unfähig ist und dass er das Geld missbraucht. Karl Reichmuth selbst hat die erste indexierte Anleihe in der Schweiz herausgegeben. Das Buch „Indexierung des Geldes“ war seine erste Publikation im Währungsbereich. Die Grundidee: Zwar können wir im Zahlungsverkehr das nominelle Geld verwenden, aber die Rückzahlungsverpflichtung müssen wir an die Inflation binden. Ein weiterer Kernpunkt von RealUnit ist, dass wir tendenziell zu nationalen Währungen zurückkehren müssen und dass diese einen Bezug zur jeweiligen Realwirtschaft haben müssen. Der RealUnit war auch von der Einsicht inspiriert, dass das Euroexperiment langfristig nicht gutgehen kann.

    Smart Investor: Gibt es weitere Motive?

    Reichmuth: Wenn man Anhänger eines starken Mittelstands ist – und das ist die Basis der Demokratie – dann muss man zusehen, dass dieser Mittelstand nicht betrogen wird. Mit der Vermögenspreisinflation passiert aber genau das, weil der Normalanleger in nominellen Anlagen gefangen ist. Entsprechend leidet er unter dieser einseitigen Betrachtung der Inflation als reine Konsumentenpreisentwicklung; die Vermögenspreisinflation wird vollkommen außer Acht gelassen. Das ist meines Erachtens eine der größten Fehlentwicklungen für eine stabile demokratische Basis in der Gesellschaft. Das Ganze ist bei mir auch ein gesellschaftspolitisches Anliegen.

    Smart Investor: Auf welche Weise löst der RealUnit diese Aufgaben?

    Roth: Ursprünglich starteten wir mit einem Fonds. Dort waren wir jedoch mehr oder weniger gezwungen, irrsinnige Anlagebeschränkungen einzuhalten, wie beispielsweise den Kauf von Anleihen mit einer negativen Rendite. Auch eine Tokenisierung ist bei einem Fonds wesentlich schwieriger als bei einer Aktie. Als wir den Fonds im Jahr 2010 gegründet hatten, dachten wir zwar auch schon in Richtung Währung, aber Blockchain war damals noch kein Thema. Die Idee ist, Wertaufbewahrung handelbar zu machen.

    Smart Investor: Wie ist der aktuelle Stand? Kann man mit dem RealUnit schon bezahlen?

    Roth: Wir arbeiten hier mit dem Unternehmen CoreLedger zusammen, das die Möglichkeit anbietet, die Aktien zu tokenisieren. Wir werden spätestens Anfang 2020 auf Basis der Ethereum-Blockchain einen entsprechenden Token herausgeben, damit man effektiv in RealUnit Zahlungen tätigen kann.

    Smart Investor: Sie haben also jetzt mit der Aktiengesellschaft mehr Freiheitsgrade. Welche Gewähr hat der Anleger, dass auch eine sinnvolle Anlagepolitik betrieben wird?

    Roth: Wir haben natürlich ein Anlagenreglement und ein renommiertes Anlagekomitee, das sich mindestens einmal im Quartal trifft. Egal, was passiert: Unsere Anlagen befinden sich immer mehrheitlich in Realwerten und ebenfalls mehrheitlich außerhalb des Bankensystems. Wenn man eine langfristig robuste Währung für die Menschen schaffen will, dann darf man nicht nur an Schönwetterszenarien denken. Deshalb brauchen wir eine gewisse Flexibilität.

    Smart Investor: Wie weit ist Ihre Anlagepolitik skalierbar, falls ein großer Ansturm einsetzt?

    Roth: Ab ein paar Hundert Milliarden müssten wir schauen, aber auf absehbare Zeit ist es überhaupt kein Problem. 

    Smart Investor: Wie muss man sich die Zahlfunktion vorstellen – es handelt sich doch um Namensaktien?

    Roth: Wir arbeiten hier strikt mit Whitelists. Personen, die am Zahlungsprozess teilnehmen wollen, durchlaufen den normalen KYC-Prozess [KYC = Know Your Customer; Anm. d. Red.], damit alle Regularien, auch zu den Geldwäschegesetzen, eingehalten werden. Der RealUnit ist kein anonymes Zahlungssystem. Zwischen den angeschlossenen Teilnehmern kann die Übertragung dann jederzeit frei erfolgen. Obwohl wir von der Blockchain-Technologie sehr angetan sind, können wir stets auch nachweisen, wer die rechtmäßigen Eigentümer sind.

    Smart Investor: Der Teilnehmerkreis wird am Anfang vermutlich sehr überschaubar sein. Wie funktioniert da eigentlich die Kursbildung?    

    Roth: Aktuell publizieren wir die Preise nur zweimal im Jahr. Mit der Tokenisierung möchten wir aber auch – soweit möglich – Realtime-Preise auf unserer Website anbieten. Das ist ein schrittweiser Prozess. Wir streben ein langsames organisches Wachstum an.

    Smart Investor: Auch gute Aktien können in einer Paniksituation weit unter Wert handeln. Gibt es dagegen eine Vorsorge?

    Reichmuth: Wer in einer Panik verkauft, ist letztlich selber schuld. Das ist und bleibt zwar ein gewisser Nachteil, aber die Eigenverantwortung nimmt einem niemand ab, ganz sicher nicht der Staat. Dennoch ist die Transparenz vollumfänglich gegeben. Geld ist immer Vertrauen – und wenn jemand weiß, welche Werte im RealUnit stecken, dann wird er besser etwas anderes verkaufen.

    Smart Investor: Gold fällt einem ja immer als Erstes ein, wenn man an Wertaufbewahrung denkt. Für den Krisenfall hat es zumindest die charmante Eigenschaft, dass es mit anderen Anlagen kaum korreliert ist. Wie sehen Sie das?

    Reichmuth: Gold hat keine Gegenparteirisiken und ist auch das „ultimative Zahlungsmittel“ in Krisenfällen. Deshalb halten auch wir jetzt ca. 30% in Gold. Das korreliert am wenigsten und gibt die meiste Stabilität.

    Roth: Unser Grundgedanke ist, dass die Preisstabilität falsch definiert wird, und zwar nicht nur im Hinblick auf Inflation und Vermögenspreise. Wir sehen es als Preisstabilität an, wenn eine Währungseinheit über lange Zeiträume den prozentual gleichen Anteil einer Volkswirtschaft erwerben kann. Das ist unser mittelfristiges Ziel.

    Smart Investor: Wenn die Wirtschaft über ein paar Jahre schrumpft, dann schrumpft also auch der Wert des RealUnit?

    Roth: Das, was Griechenland mit dem Euro durchlitt, hätte es mit einem griechischen RealUnit nicht gegeben. Mit einem Zahlungsmittel, das mit der Volkswirtschaft des Landes hoch korreliert ist, würde sich der Außenwert dieser Währung automatisch korrigieren; die Löhne hätten sich damit im Außenverhältnis auch automatisch angepasst, ohne Interventionen von Regierungen oder Zentralbanken. Im Ergebnis führt ein solches Geld zu einer Glättung des Konjunkturzyklus.

    Smart Investor: Vielen Dank für Ihre Ausführungen.

    Karl Reichmuth (oben rechts im Bild) ist seit mehr als 60 Jahren in der Bankbranche tätig. Er war über 20 Jahre unbeschränkt haftender Gesellschafter der von ihm gegründeten Privatbank Reichmuth & Co. Überzeugt von der Fehlkonstruktion des Euro entwickelte er im Jahre 2000 das Konzept der Substanzwährung RealUnit. Vahan P. Roth (links im Bild oben) ist seit über zehn Jahren in der Bankbranche sowie der Finanzberatung tätig und arbeitet gemeinsam mit Karl Reichmuth seit 2009 an der Idee des RealUnit. Er ist aktuell Geschäftsführer der RealUnit Schweiz AG.

    Interview: Ralph Malisch / Smart Investor





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