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    Papiertiger oder echte Gehälterbremse?  2422  0 Kommentare Aufsichtsrat soll für "Gehaltsdeckel" von Top-Managern sorgen - Murks oder zielführend?

    Der Bundestag will mit der Einigung zur zweiten Aktionärsrechterichtline der Diskussion um hohe Vorstandsgehälter ein Ende setzen. Zukünftig muss der Aufsichtsrat eine Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder festlegen. Diese Entscheidung kann unter bestimmten Voraussetzungen nochmals in der Aktionärsversammlung nach unten korrigiert werden. Lang überfällige Regelung oder unnötige Richtlinie? Die wallstreet:online-Redaktion fragte bei Politik und Wirtschaft nach.

    Eva Högl, stellvertretende SPD-Fraktionschefin, sagte in einem offiziellen Pressestatement der SPD: „Diese Einigung der Koalition ist ein großer Erfolg.“ Und weiter: „Ausufernde Vorstandsgehälter sollten damit der Vergangenheit angehören.“ Max Otte, CDU-Mitglied und Fondsmanager sowie Bestseller-Autor, sieht das anders. Er sagte exklusiv gegenüber wallstreet:online: „Grundsätzlich ist es richtig, über transparente Regelungen für Vorstandsgehälter nachzudenken. Ob allerdings ein Gehaltsdeckel sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln.“

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    Dierk Hirschel, Ver.di-Chefökonom, sagte gegenüber wallstreet:online: „Mehr Unternehmensmitbestimmung ist das beste Mittel gegen explodierende Vorstandsgehälter. Aktuell sind die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten paritätisch mitbestimmter Unternehmen in der Minderheit. Das Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden verschafft der Kapitalseite eine Mehrheit. Aufgrund dieser Schieflage können die Anteilseigner die Vorstandverträge immer gegen die Stimmen der Arbeitnehmerbank beschließen. Durch Abschaffung des Doppelstimmrechtes könnte kein Vorstandsvertrag mehr ohne die Zustimmung der Arbeitnehmer genehmigt werden. Dies würde die Vorstandgehälter deutlich begrenzen. Ein allgemeiner Gehaltsdeckel ist dafür nicht nötig.“

    Entscheidung über Top-Gehälter: Aufsichtsrat vs. Hauptversammlung

    Während CDU und SPD sich auf den Aufsichtsrat als das zentrale Organ für die Entscheidung über die Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder einigten, plädierte die AfD dafür, dass die Hauptversammlung über die Vorstandsvergütung entscheiden solle, so die ARD. In einer SPD-Mitteilung heißt es dazu: „Die abschließende Entscheidungsbefugnis über das Vergütungssystem der börsennotierten Gesellschaft muss beim Aufsichtsrat, dem Kontrollorgan des Unternehmens, liegen. Denn nur dort ist eine Beteiligung durch Arbeitnehmervertreter garantiert.“

    Die Kritik der SPD, dass DAX-Vorstände das bis zu 52-fache von Mitarbeitern verdienen würden – so Eva Högl im Bundestag - wies die FDP zurück. Ein wachsendes gesellschaftliches Misstrauen gegenüber der Wirtschaft und dem Unternehmertum seien die größeren Probleme, so die FDP. Reinhard Houben (FDP) sagte im Bundestag, dass die FDP für eine stärkere Hauptversammlung sei, die über das gesamte Vergütungssystem „grundsätzlich und verbindlich“ mitentscheiden solle. Es ginge um die Gleichberechtigung der Eigentümer, so Houben. Ebenfalls konstatierte Houben, dass in den vergangenen Jahren deutlich geworden sei, dass Aufsichtsräte vielfach kein Interesse an angemessenen Managergehältern gezeigt hätten. Als Beispiel führte Houben die Millionen-Abfindung für Christine Homann-Dennhardt bei VW an. Frank Schäffler (FDP), Mitglied des Deutschen Bundestages, sagte exklusiv gegenüber wallstreet:online: „Wir lehnen einen Eingriff in die Vertragsfreiheit ab. Der Bundestag sollte vielmehr die Rechte der Aktionäre als Eigentümer stärken.“

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    „Man kann monieren, das sei ein unzulässiger Eingriff in die Vertragsfreiheit, die es in anderen Berufen nicht gibt. Zumindest aber ist der Eingriff geringer, als viele Manager zeitweise befürchten mussten“, schrieb der FAZ-Journalist Tillmann Neuscheler. Er rechne damit, dass künftig Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen spannender sein könnten.

    Unabhängig davon, ob der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung über Top-Gehälter entscheiden soll, kommt ein weiterer Aspekt ins Spiel: Laut Regine Siepmann, Partnerin der Beratungsgesellschaft hkp, hielten sich "90 Prozent der Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften in Deutschland bereits an die Empfehlung des Corporate Governance Kodex und haben Managergehälter freiwillig begrenzt", so die Süddeutsche Zeitung.

    Trotz dieser Einwände wird es zunächst keine Änderungen mehr an dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz geben.

    So werden Vorstandsgehälter ab 2021 geregelt

    Bei dem Regelwerk handelt es sich in erster Linie um eine Überführung der europäischen Aktionärsrechterichtlinie in deutsches Recht. Zukünftig muss der Aufsichtsrat eines börsennotierten Unternehmens eine Maximalvergütung für Vorstandsmitglieder festlegen. Der Aufsichtsrat kann entweder eine Maximalvergütung für den gesamten Vorstand oder eine Obergrenze für jedes Vorstandsmitglied bestimmen.

    Ferner können in der Aktionärsversammlung die Summen nochmals herabgesetzt werden – wobei das Votum in der Hauptversammlung beratender und nicht bindender Natur ist. Somit haben die Aktionäre theoretisch die Möglichkeit eine Maximalvergütung des Vorstands festzulegen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Aktionäre ein Quorum von fünf Prozent oder einen Anteil von 500.000 Euro erreichen. In der Vergangenheit war es so, dass der Aufsichtsrat die Vorstandsgehälter nur auf freiwilliger Basis begrenzen konnte.




    wallstreetONLINE Redaktion
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