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    Phänomene des Marktes  6703  1 Kommentar Die Börse ist kein Nullsummenspiel - Welche Spiele werden am Markt wirklich gespielt?

    Der renommiere Smart Investor-Autor Marko Gränitz gibt Antworten auf die Frage, wann Anleger an der Börse unterm Strich ein Positivsummenspiel erwarten dürfen - und Gränitz nennt die Gründe für Nullsummen- und Negativsummenspiele, die Börsianern überhaupt keinen Spaß machen. Erkenntnisse.

    Immer wieder kommt unter Anlegern die Frage auf, ob die Börse letztlich ein großes Nullsummenspiel ist. Oft wird auf der Suche nach einer Antwort auf Erfahrungswerte zurückgegriffen, die zwei widersprüchliche Interpretationen zulassen: Einerseits weisen die niedrigen Erfolgsquoten kurzfristiger Trader darauf hin, dass der Handel mit Terminkontrakten im Durchschnitt eher Verluste einbringt, also ein Negativsummenspiel ist; andererseits erzielen langfristige Anleger am Aktienmarkt durchaus attraktive Gewinne, was wiederum für ein Positivsummenspiel spricht. Doch passen diese beiden Erfahrungswerte überhaupt zusammen?

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    Futures, Optionen und andere Derivate

    Schauen wir uns zunächst den Handel mit Terminkontrakten an. Hier besteht für jede Longposition eine entsprechende Shortposition. Daraus folgt, dass es sich um ein Spiel handelt, bei dem die Summe der Gewinne und Verluste aller Teilnehmer zusammengenommen gleich null ist. Es muss also jemand verlieren, wenn ein anderer gewinnt – ganz ähnlich wie beim Pokerspiel. 

    Theoretisch sind Futures und Optionen also das perfekte Nullsummenspiel. Warum „theoretisch“? Weil es in der Praxis zusätzlich noch Gebühren gibt, sodass aus der Sache in Wahrheit ein Negativsummenspiel wird. Die intuitive Vermutung, dass sehr häufiges, kurzfristiges Handeln tendenziell Verluste produziert, ist also richtig.

    Nur wenige Profis können hier Geld verdienen, indem sie selektiv aus den Fehlern anderer Kapital schlagen, einen (zeitlichen) Informationsvorsprung ausspielen oder systematisch kleine statistische Vorteile nutzen. Sie sorgen mit ihren Transaktionen für effizientere Kurse und stellen dem Markt Liquidität zur Verfügung.

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    Wie sieht die Sache aber bei langfristigen Investments in Aktien aus? Diese stellen Unternehmensanteile dar und keinen zeitlich begrenzten Vertrag mit einer Gegenpartei, wie es bei Derivaten der Fall ist. Man trägt einerseits unternehmerisches Risiko und erhält andererseits die Chance, am künftigen (zunehmenden) Erfolg teilzuhaben. Allerdings gibt es auch hier einen Haken: Wir können nicht sicher wissen, ob die Aktienkurse langfristig steigen. So manche Einzelaktie ist für sich genommen ein Negativsummenspiel und vernichtet Vermögen, da das entsprechende Unternehmen unproduktiv ist oder sogar pleitegeht. 

    Neben diesem Einzeltitelrisiko gibt es zudem noch ein generelles Marktrisiko. Deshalb handelt es sich bei den Renditen am Aktienmarkt um Risikoprämien und nicht um einen sicheren Zugewinn. Um diese Prämien zu erzielen, müssen wir das Risiko einer künftig unsicheren fundamentalen Entwicklung im Zeitablauf tragen. Grundsätzlich profitieren in Zeiten niedriger Bewertungen deshalb eher die Käufer bei hohen Bewertungen die Verkäufer. Da sich das „angemessene“ fundamentale Niveau aber schwer ermitteln lässt, ist diese Einschätzung stets mit Unsicherheit verbunden.

    ###Info-Tipp: Prof. Lawrence Harris veröffentlichte schon im Jahr 1993 eine Studie zum Thema Nullsummenspiel. Diese lässt sich kostenfrei im Internet abrufen (in englischer Sprache): „The Winners and Losers of the Zero-Sum Game: The Origins of Trading Profits, Price Efficiency and Market Liquidity“###

     

    Wenn wir nun annehmen, dass die Märkte recht effizient sind und Kapital langfristig dorthin fließt, wo es am produktivsten ist, sollten die Aktien insgesamt tendenziell steigen und uns damit für das eingegangene Risiko entschädigen. Dies ist auch als „Equity Risk Premium“ bekannt und wissenschaftlich gut dokumentiert. Am einfachsten lässt sich diese Prämie anhand eines typischen Marktportfolios erzielen, das sich über Fonds und ETFs mit möglichst geringen Gebühren und Transaktionskosten (grob) abbilden lässt. Da bei Aktien fast alle Anleger auf steigende Kurse setzen und nur sehr wenige short positioniert sind, gewinnen auch fast alle, wenn die Kurse steigen, sodass es sich hier um ein Positivsummenspiel handelt. Mit anderen Worten: Es entsteht Vermögen, solange nicht alle ständig hin und her traden und extrem hohe Gebühren verursachen, die alles wieder zunichtemachen.

    Problematisch wird es erst, wenn wir eine höhere Prämie erzielen möchten. Dies erfordert entweder ein höheres Risiko (Hebel) oder ganz besondere Fähigkeiten des Anlegers oder Fondsmanagers in Sachen Timing und/oder Fundamentalanalyse. Ein solcher Wettbewerb um Überrenditen relativ zur fundamentalen Basisentwicklung ist deshalb wiederum ein Nullsummenspiel, bei dem fundamentale Anleger (Einpreisen neuer Informationen), technische Trader (Ausnutzen erkennbarer Muster) und Arbitrageure (Wahrnehmung kleinster risikoloser Gewinnsituationen) miteinander konkurrieren.

    Fazit

    Während Terminkontrakte und andere Derivate vor Kosten tatsächlich ein Nullsummenspiel (und nach Kosten ein Negativsummenspiel) sind, stellen langfristige Anlagen in Aktien insgesamt ein Positivsummenspiel dar. Kurzfristiges Handeln mit Aktien ist dagegen wiederum ein Nullsummenspiel, da es auf unsicheren, kurzfristigen Über- oder Unterbewertungen relativ zur fundamentalen Basis beruht.

    Autor: Dr. Marko Gränitz / Smart Investor

    Dieses Interview aus der Smart Investor-Ausgabe 06/19 bezieht sich auf Daten, die bis zum 23.05.2019 erfasst wurden. Die wallstreet:online-Partnerredaktion Smart Investor blickt auf 20 Jahre Erfahrung der Börsen-Berichterstattung zurück. Die Fachjournalisten liefern exklusive Hintergrund-Analysen und verwalten ein Musterdepot mit weit über plus 200 Prozent - Smart Investor-Informationen sichern und vermehren Ihr Vermögen. Mehr Informationen unter www.smartinvestor.de.




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