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    Alarmsignale der Stabilitätsabteilung  14393  1 Kommentar Nebenwirkungen negativer Zinsen: Gefährden EZB-Banker unsere Finanzstabilität?

    Kurz nach Mario Draghis Abgang und Christine Lagardes Inthronisierung stimmt der jüngste EZB-Finanzstabilitätsbericht auf Unwuchten auf den Finanzmärkten ein. Der spanische EZB-Vizepräsident Luis de Guindos sieht negative Auswirkungen der lockeren Geldpolitik. In seinen Augen treibe das Niedrigzinsumfeld die Risikobereitschaft an - vor allem bei Managern von Investmentfonds und institutionellen Anlegern. Welche schweren Wetter kommen jetzt auf die Anleger zu? Experten-Einschätzungen - exklusiv für wallstreet:online.

    Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, sagte gegenüber wallstreet:online: „Die EZB besteht aus zwei getrennten Bereichen. Die Geldpolitik-Abteilung sorgt für gute Finanzierungsbedingungen, die Stabilitätsabteilung untersucht, ob diese Finanzierungsbedingungen auf Dauer nicht Gefahren mit sich bringen.“

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    Kater meinte: „Dass sich die Stabilitätsabteilung jetzt immer lauter zu Wort meldet, bringt nun auch die Geldpolitiker der EZB mehr und mehr ins Nachdenken, wie lange man mit diesen Konditionen noch fahren kann.“

    Christine Lagarde steht vor Herausforderung

    Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba in Gespräch mit wallstreet:online: „Die Ausführungen [EZB-Stabilitätsbericht und Erklärungen] sind tatsächlich sehr interessant. Es scheint ein bisschen so, als ob die rechte Hand nicht weiß, was die Linke tut oder noch härter formuliert, man tut was man kann, ist aber für die Folgen nicht verantwortlich. Die EZB hat somit ein Glaubwürdigkeitsproblem. Dies ist die größte Herausforderung für Christine Lagarde.“

    Frederik Ducrozet, Stratege und EZB-Analyst bei Pictet Wealth Management, sagte im Gespräch mit der wallstreet:online-Redaktion zum EZB-Finanzstabilitätsbericht: „Die meisten Kommentare im Markt konzentrierten sich auf die Risiken, die sich aus der extrem lockeren Geldpolitik - auch für Nichtbanken und den Markt für Unternehmensanleihen - und den Nebenwirkungen negativer Zinsen ergeben.“ Ducrozet weiter: „Ich habe festgestellt, dass es das erste Mal war, dass die EZB in ihrem Financial Stability Review, einschließlich der Zusammenfassungen und Pressemitteilungen, so viel Gewicht auf die Nebenwirkungen negativer Zinsen legte.“

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    Financial Stability Review erstmals voll von negativen Nebenwirkungen

    Für Ducrozet stellt sich die aktuelle Situation wie folgt dar: „Die EZB ist nach wie vor der Meinung, dass die positiven- gegenüber den negativen Wirkungen überwiegen, aber zwischen den Zeilen klingen sie etwas besorgter.“ Für die Zukunft rechnet der Analyst mit folgendem Szenario: „Es deutet darauf hin, dass die EZB weiterhin nach mildernden Lösungen suchen wird, die dem Bankensektor helfen, mit den negativen Zinsen fertig zu werden, welche voraussichtlich noch lange auf dem derzeitigen Niveau bleiben werden. Eine Möglichkeit im Hinblick auf die reibungslose Umsetzung der Einlagenstaffelung (Deposit Tiering) besteht darin, dass die EZB die Schwelle für Bankeinlagen, die von den negativen Zinssätzen befreit sind (derzeit auf 6x festgelegt), anhebt. Ein weiteres wäre, die Bedingungen für TLTROs in Zukunft zu lockern.“

    „Die Risiken der expansiven Geldpolitik treten immer deutlicher zutage“, Mauricio Vargas

    Mauricio Vargas, Senior Economist bei Union Investment, sagte exklusiv gegenüber wallstreet:online: „Die EZB erkennt die Probleme, die die expansive Geldpolitik der vergangenen Jahre hervorgerufen hat. Negative Renditen am Anleihemarkt, unprofitable Banken und zu hoch verschuldete Unternehmen schwacher Bonität sind nur einige der Risikofaktoren, die mit der Niedrigzinspolitik einhergehen.“ Und Vargas weiter: „Es ist allerdings müßig zu diskutieren, ob die Henne oder das Ei zuerst auf der Welt waren – schließlich hat die EZB ihre Geldpolitik ja aus guten Gründen so gestaltet.“ Sein Fazit lautet: „Wichtiger ist: Die Risiken der expansiven Geldpolitik treten immer deutlicher zutage, während ihre positiven Effekte gleichzeitig nachlassen. Deshalb ist in Zukunft eine behutsamere Vorgehensweise der Notenbank gefragt.“

    Zum Vergleich: Stabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank

    Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, hat sich für die wallstreet:online-Redaktion den jüngsten Stabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank vom 14. November 2019 genauer angeschaut. „Der erste Satz im Finanzstabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank klingt zunächst besorgniserregend, denn da heißt es: ‘Die Risiken für die Stabilität des deutschen Finanzsystems haben im Jahresverlauf 2019 weiter zugenommen‘. Später wird konstatiert, dass sich die zyklischen Risiken unter anderem aufgrund der niedrigen Zinsen aufgebaut haben, die ja – zumindest am kurzen Ende – ein Ergebnis des Zentralbankpolitik sind“, kommentiert der Chefvolkswirt.

    „Allerdings werden diese Aussagen etwas relativiert, wenn man sich den Bericht genauer anschaut. So ist der von der Bundesbank entwickelte Frühwarnindikator, der vor bevorstehenden Finanzkrisen hinweisen soll, zwar gestiegen, befindet sich allerdings weit vom kritischen Schwellenwert entfernt. Ähnliches gilt für den so genannte Spillover-Indikator, der wiederum erfasst, ob die Länder, mit denen das deutsche Bankensystem eng verknüpft ist, Stabilitätsprobleme haben. Dieser Index hat sich in den letzten Monaten nur unmerklich nach oben bewegt. Und dann gibt es noch den Finanzmarktstressindikator, der sogar gefallen ist. Warum? Hauptsächlich wegen der günstigen Refinanzierungsbedingungen, also den niedrigen Zinsen“, so de la Rubia. Sein Fazit lautet: „Alarmglocken klingen anders.“

    Autor: Dr. Carsten Schmidt für wallstreet:online




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