Anti-Anleger-Gesetz
Neuer Horror aus Olaf Scholz' Steuer-Giftschrank: „Beschränkung der Verlustverrechnung bei Einkünften aus Termingeschäften"
Es sieht danach aus, dass die GroKo-Regierung den Aufbau von privatem Vermögen wieder einmal massiv behindert. Laut Henning Bergmann, dem geschäftsführenden Vorstand des Deutschen Derivate Verbands (DDV), werde die Anerkennung von Verlusten mit einer neuen Steuergesetzgebung erheblich eingeschränkt. Die wallstreet:online-Redaktion hat den Kapitalmarkt-Experten zum exklusiven Interview gebeten:
wallstreet:online: Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt wird in Berlin ein Gesetz durchgewunken, dass enorme Auswirkungen auf den Derivate-Markt haben könnte. Was ist da los?
Henning Bergmann: Es geht um eine Beschränkung der Verlustverrechnung bei Einkünften aus Termingeschäften und aus dem Ausfall von Kapitalanlagen im Privatvermögen. Von dieser Regelung sind viele Wertpapiere betroffen. Ab dem 1. Januar 2021 sollen Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden können. Die Verlustverrechnung ist beschränkt auf 10.000 Euro. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalterprämien verrechnet werden, wenn nach der unterjährigen Verlustverrechnung ein verrechenbarer Gewinn verbleibt. Die Anerkennung von Verlusten wird damit im Vergleich zur aktuell geltenden Rechtslage erheblich eingeschränkt. Wir halten die Regelung für nicht zielführend und haben uns vehement dagegen ausgesprochen. Betroffen sind unter anderem auch Anleger, die sich absichern möchten. Im Detail stellen sich bei der Regelung nun auch noch zahlreiche Fragen.
wallstreet:online: Tauchen wir noch tiefer ein. Welche politischen Interessen und Ziele stecken hinter dem Gesetz?
Henning Bergmann: Diese Frage müssen die Bundesregierung und die Bundestagsabgeordneten beantworten. Wir können lediglich konstatieren, dass die Steuergesetzgebung derzeit darauf abzuzielen scheint, den privaten Vermögensaufbau deutlich zu erschweren - sei es durch das Gesetz für Verlustverrechnung oder die geplante Finanztransaktionssteuer. Im Zusammenspiel mit den überbordend bürokratischen Anlegerschutzanforderungen der Finanzmarktrichtlinie MiFID II werden Steuerzahler so zunehmend von einem Engagement am Kapitalmarkt abgeschreckt. Besonders in der Niedrigzinsphase ist das ein erhebliches Problem.
wallstreet:online: Welche Auswege bieten sich für Anleger zurzeit an?
Henning Bergmann: Anleger können das Thema mit ihren Bundestagsabgeordneten diskutieren und so versuchen, ihre Meinung einzubringen. Wie wir aus einer unserer aktuellen Umfragen wissen, steht das Thema Förderung der Wertpapierkultur für Privatanleger derzeit an erster Stelle ihres Wunschzettels an die Große Koalition, gefolgt von Steuergerechtigkeit.
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wallstreet:online: Herr Bergmann, vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Christoph Morisse.
Kurzvita von Dr. Henning Bergmann
Rechtsanwalt und Bankkaufmann Dr. Henning Bergmann ist seit März 2019 geschäftsführender Vorstand des Deutschen Derivate Verbands (DDV). Zuvor war er bereits seit Oktober 2017 Geschäftsführer des
DDV.
Von 2008 bis 2017 war er Leiter Kapitalmarktrecht beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband und damit verantwortlich für die Interessenvertretung auf nationaler, europäischer und internationaler
Ebene sowie die Umsetzung der Regularien in der Sparkassen-Finanzgruppe (unter anderem für das DSGV MiFID Projekt). Zuvor war von 2004 bis 2008 beim Sparkassenverband Niedersachsen tätig, zuletzt
als Leiter Beteiligungen und Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft. Dr. Bergmann ist Autor mehrerer Publikationen zum Bank- und Kapitalmarktrecht und war lange Jahre Mitglied der Consultative
Working Group für das Anlegerschutzkomitee (IPISC) bei der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA.