„Schwache Performance“

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    Deutsche Banken kaum profitabler als griechische – Top-Experten über die Gründe der Gewinneinbrüche

    „Schwache Performance“  - Deutsche Banken kaum profitabler als griechische – Top-Experten über die Gründe der Gewinneinbrüche

    Deutsche Geldinstitute sind nicht nur deutlich weniger profitabel als US-Banken, sondern schneiden auch im Vergleich zur Konkurrenz aus der Eurozone schlecht ab. Der Gewinn deutscher Banken lag im dritten Quartal 2019 lediglich rund zwölf Millionen Euro über dem von griechischen Geldhäusern, so die „Supervisory Banking Statistics“ der EZB. Was sind die Gründe für die schlechte Performance deutscher Kreditinstitute? Expertenstimmen.

    Hans-Peter Burghof, renommierter Bankenexperte und BWL-Professor an der Universität Hohenheim, erklärte exklusiv gegenüber wallstreet:online: „Wenn einzelne Banken versagen, kann man dem Management einen Vorwurf machen, aber alle? Offenbar ist es in Deutschland unter den bestehenden Rahmenbedingungen kaum mehr möglich, eine konventionelle Bank erfolgreich zu führen. Die Regulierung lässt kaum Luft zum Atmen, die Zinspolitik entwertet die ökonomische Allokationsfunktion, und Bankenbashing bleibt eine Lieblingsbeschäftigung einer moralisierenden Politik und Öffentlichkeit. Die Erkenntnis, dass wir für das deutsche Wirtschaftsmodell unsere eigenen Banken brauchen, kommt dann möglicherweise zu spät.“

    Deutsche Banken erwirtschaften im dritten Quartal 2019 nur einen mageren Gewinn von 668,32 Millionen Euro. Damit liegen sie auf dem Niveau von griechischen Banken, denn diese kamen im selben Zeitraum auf einen Gewinn von 656,37 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Gewinn französischer Geldinstitute lag im selben Zeitraum bei 22,862 Milliarden Euro, so die „Supervisory Banking Statistics“ der EZB.


    Daten von „Supervisory Banking Statistics“ EZB

    Jan Krahnen, Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, erklärte exklusiv gegenüber wallstreet:online: „Die Rentabilität der Banken in Deutschland ist aus mindestens zwei Gründen nach wie vor niedrig: eine schwer zu verändernde Niedrigpreiskultur und ein kostenintensiver Produktionsprozess, insbesondere im Privatkundengeschäft. Im traditionellen Brot-und-Butter-Geschäft, d. h. der Einlagen- und Kreditvergabe, hat sich die Spanne zwischen Refinanzierungs- und Kreditzinsen in den letzten 30 Jahren von 200 Basispunkten in den 1980er Jahren auf durchschnittlich 100 Basispunkte heute verringert. Andere Bankprodukte, wie z. B. Zahlungsdienstleistungen, wurden traditionell kostenlos oder zu sehr niedrigen Gebühren für die Kunden angeboten. Tatsächlich hat der Wettbewerb zwischen den gemeindeeigenen Sparkassen und den Geschäftsbanken traditionell zu kostenlosen Kontodienstleistungen als Grundlage der Kundenbeziehungen geführt.“

    Und weiter „Der Niedrigpreiswettbewerb in Verbindung mit einem viel zu langsamen Konsolidierungsprozess – also der Tatsache, dass nur wenige Banken aus dem Markt ausscheiden – wird wahrscheinlich für lange Zeit zu einer niedrigen Rentabilität der deutschen Banken führen. Hinzu kommt ein enormer Investitionsbedarf zur Abwehr der digitalen Konkurrenz – dies ist ein weiterer Grund für das niedrige Ertragsniveau im deutschen Bankenwesen.“

    Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK, macht ebenfalls eine Vielzahl von Ursachen für die geringe Wettbewerbsfähigkeit deutscher Banken aus. Exklusiv gegenüber wallstreet:online erklärte Lang: „Die Gründe für die im Vergleich schwache Performance deutscher Geldinstitute sind vielfältig. Auf der einen Seite machen Tech-Konzerne wie Apple, Amazon oder Google den Banken Konkurrenz, auf der anderen Seite sind es die zahlreich aus dem Boden schießenden Fintechs, die etablierten Player unter Druck setzen.

    Historisch betrachtet hat es die Finanzaufsicht nach der Finanzmarktkrise verpasst, für ein solides Fundament bei europäischen Banken zu sorgen. Während hierzulande die Rettung der Banken im Mittelpunkt stand, verfolgte man in den USA eine andere Strategie. Dort wurden die Vorstände der großen Banken von jetzt auf gleich zu einfachen Befehlsempfängern des Zentralbankchefs degradiert, der damit quasi übergangsweise die Führung aller US-Institute übernahm. Hinzu kamen Regulierungen für europäische Banken, die die Gewinnmarge im internationalen Vergleich haben schrumpfen lassen. Dass die Fed im Gegensatz zur EZB nicht mit „Strafzinsen“ operiert, ist ein weiterer qualitativer Unterschied, den man als Wettbewerbsnachteil bezeichnen kann.

    Und schließlich haben es deutsche Banken im Vergleich zu anderen europäischen und außereuropäischen Wettbewerbern mit standortspezifischen Eigenarten zu tun. Die Deutschen sind beispielsweise ein Volk der Sparer. In Zeiten niedriger Zinsen, bei dem sich auch der Spread zwischen Spar- und Kreditzins deutlich eingeengt hat, wird diese Anlage-Mentalität zum Problem.“

    Autor: Ferdinand Hammer



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    Verfasst vonFerdinand Hammer
    „Schwache Performance“ Deutsche Banken kaum profitabler als griechische – Top-Experten über die Gründe der Gewinneinbrüche Deutsche Geldinstitute sind nicht nur deutlich weniger profitabel als US-Banken, sondern schneiden auch im Vergleich zur Konkurrenz aus der Eurozone schlecht ab. Der Gewinn deutscher Banken lag im dritten Quartal 2019 lediglich rund zwölf Millionen Euro über dem von griechischen Geldhäusern, so die „Supervisory Banking Statistics“ der EZB. Was sind die Gründe für die schlechte Performance deutscher Kreditinstitute? Expertenstimmen.