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    ‚DAX 50 ESG‘  20218  0 Kommentare Grüne Mogelpackung der Deutschen Börse? Neuer Nachhaltigkeits-DAX im Feuer der Kritik – Expertenstimmen

    Die Deutsche Börse legte vergangene Woche zusammen mit ihrer Unternehmenstochter Qontigo einen neuen Nachhaltigkeitsindex auf. Der ‚DAX 50 ESG‘ genannte Index berücksichtigt, anders als der konventionelle DAX, auch ökologische und soziale Aspekte sowie eine gute Unternehmensführung (ESG-Kriterien) bei der Aufnahme der Index-Mitglieder. wallstreet:online hat ESG-Experten um eine Einschätzung gebeten. Was bringt der grüne DAX?

    Der ‚DAX 50 ESG‘ umfasst insgesamt 50 deutsche Aktienunternehmen aus DAX, MDax und TecDAX. Bei der Indexerstellung werden Marktkapitalisierung, Börsenumsatz und die ESG-Bewertung der Nachhaltigkeitsrating-Agentur Sustainalytics berücksichtigt. Der Index arbeitet zudem mit diversen Ausschlusskriterien: Aktienunternehmen, die Geschäfte im Bereich umstrittene Waffen, Tabak, Kohle, Kernkraft und militärische Verträge machen, sind von der Indexaufnahme ausgeschlossen. Außerdem werden bei der Indexerstellung die zehn UN Global Compact-Prinzipien berücksichtigt. Der freiwillige weltweite Pakt zwischen UN und Unternehmen hat zum Ziel, die Globalisierung ökologischer und sozialer zu gestalten.

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    Doch warum hat der ‚DAX 50 ESG‘ ein produktbasiertes Ausschlusskriteriums für Kohle, nicht aber für Erdöl-, -gas und Ölsande? Schließlich ist die Verbrennung von fossilen Brennstoffen (Kohle, Erdöl und -gas) die Hauptursache des Klimawandels: 2017 entstanden „über 80 Prozent der berichteten Treibhausgasemissionen in Deutschland aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe“, so das Umweltbundesamt.

    Stephan Flägel, Head of Indices & Benchmarks bei Qontigo, erklärt das Fehlen eines produktbasierten Ausschlusskriteriums für fossile Brennstoffe wie Erdöl, -gas und Ölsand gegenüber der Redaktion von wallstreet:online wie folgt: „Der Index erfüllt ESG-Kriterien, die institutionelle Investoren und Privatanleger sich heute gleichermaßen wünschen. Bei der Indexerstellung werden normbasierte Ausschlusskriterien angewandt, die den UN Global Compact-Prinzipien folgen, außerdem produktbasierte Ausschlusskriterien, die umstrittene Waffen, Tabak, Kohle, Kernkraft und militärische Verträge umfassen. Feedback aus dem Markt hat gezeigt, dass Investoren genau auf diese Ausschlüsse Wert legen. In Zukunft könnte verantwortungsvolles Investieren auch andere Schwerpunkte setzen. Unsere Welt befindet sich in einer Übergangsphase zu einem nachhaltigeren Wirtschaften – geeignete Index-Lösungen leisten ihren Teil zu einer nachhaltigeren Finanzbranche.“

    Volker Weber, Vorstandsvorsitzender des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG), begrüßt die Einführung des neuen Nachhaltigkeitsindex durch die Deutsche Börse zwar grundsätzlich, hätte sich aber härtere ESG-Zulassungsbedingungen für die Unternehmen des Indexes gewünscht. Exklusiv gegenüber wallstreet:online erklärte der ESG-Experte: „Der neue Nachhaltigkeitsindex ist ein weiter wichtiger Baustein, um die Aufmerksamkeit der (Finanz-) Wirtschaft auf das Thema Nachhaltigkeit zu lenken. Allerdings stellt sich für mich dieser Index nun als einer unter vielen ESG-Indices dar. Mir fehlt der klare USP oder sonstige hervorzuhebende Eigenschaften. Es wird einfach eine Liste von Sustainalytics umgesetzt. Ich hätte mir einen mutigeren Schritt der Deutschen Börse gerade vor dem Hintergrund der politischen Diskussion, dass Deutschland ein führender Standort für Sustainable-Finance werden möchte. Mit einem eigenen Börsensegment hätte sie die damit verbundenen Zulassungsbedingungen so ausgestalten können, dass die sich für den Index qualifizierenden Unternehmen auch besonderen Nachhaltigkeitsansprüchen entsprechen müssen.“

    Deutlich härtere Worte kommen von Klaus Gabriel, Geschäftsführer bei CRIC e.V., einem Verein zur Förderung von Ethik und Nachhaltigkeit bei der Geldanlage. Exklusiv gegenüber wallstreet:online sagte der Experte für Nachhaltige Geldanlagen: „Der DAX 50 ESG ist weder innovativ noch hilfreich. Schlimmer noch: er lenkt vom Wesentlichen ab und unterstellt Nachhaltigkeit, wo keine ist. Damit wird das Bemühen um mehr Nachhaltigkeit am Finanzmarkt nicht unterstützt, sondern verwässert und konterkariert. Wäre es der Deutschen Börse ernst mit Sustainable Finance, hätte sie bereits viel früher und entschlossener gehandelt – zum Beispiel mit einem eigenen Börsensegment, für das sich Unternehmen hinsichtlich ihrer Transformationsleistung und ihrer Berichtsstandards zu qualifizieren hätten.“

    Ähnlich scharfe Worte kommen von Lia Polotzek, Finanzexpertin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Exklusiv gegenüber wallstreet:online sagte sie: „Die Deutsche Börse reagiert mit dem DAX 50 ESG auf die immer größer werdende Nachfrage nach nachhaltigen Indizes. Die Nachhaltigkeitsversion des DAX ist jedoch nichts als Augenwischerei. Laut der Deutschen Börse gelten Ausschlusskriterien wie die Einhaltung der Kriterien des Global Compact. Eines der Kriterien ist, dass Unternehmen im Umgang mit Umweltproblemen dem Vorsorgeprinzip folgen sollen. Deshalb ist vollkommen unverständlich, weshalb ein Unternehmen wie BASF enthalten ist, dessen Tochterunternehmen Wintershall der größte deutsche Erdöl- und Erdgasproduzent ist und in Argentinien Fracking-Projekte betreibt. Auch Bayer ist enthalten, dessen Tochter Monsanto seit Jahren in der Kritik steht.“

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    Kritik am Konzept des ‚DAX 50 ESG‘ kommt auch vom österreichischen Autor und Finanzkabarettisten Max Deml, den Spiegel-Journalisten „Pionier der grünen Geldanlage“ nannten. Exklusiv gegenüber wallstreet:online sagte Deml: „Das Konzept des „DAX 50 ESG“ mit 50 Aktien, von denen 23 auch im DAX zu finden sind, halte ich weder für originell noch für zielführend und kann daher auch den Optimismus der Deutschen Börse nicht teilen, dieser Index werde sich als „Standard für nachhaltige Investments in Deutschland“ etablieren. Denn einerseits stehen Index-Unternehmen wie Bayer, Daimler, Deutsche Bank oder Siemens seit vielen Jahren in der Kritik, nicht erst seit den jüngsten Glyphosat- oder Dieselabgas-Skandalfällen – und sind deshalb ein No-Go für viele, auch institutionelle Öko-Investoren. Anderseits haben kleinere, wesentlich ökologischer ausgerichtete Unternehmen wie z. B. init oder Umweltbank gar keine Chance auf eine Aufnahme in den Index, so lange deren Börsenwerte bzw. Handelsvolumina so gering sind.

    Und weiter: „Zwar ist nicht zu befürchten, dass Investoren mit dem DAX 50 ESG so horrende Verluste erleiden wie beim sog. „ÖkoDAX“, den die Deutsche Börse Mitte 2007 eingeführt hat: Sechs Wochen nach dem Start hatte der ÖkoDAX mit 837 Punkten seinen Höchststand, Ende Februar 2020 lag er unter 25 Punkten (-97%!). Aber die Performance DAX 50 ESG wird sich wohl nur wenig von der des DAX unterscheiden – im Gegensatz z. B. zum internationalen Natur-Aktien-Index (nx-25) . . . nach fast 23 Jahren, hat der nx-25 seinen Benchmark-Index MSCI World um rund 1.000 Prozentpunkte überrundet.“

    Kristina Jeromin, Nachhaltigkeitschefin der Deutschen Börse, kann die harsche Kritik an den relativ schwachen Nachhaltigkeitskriterien des ‚DAX 50 ESG‘ grundsätzlich nachvollziehen. Gegenüber dem Handelsblatt erklärte sie vergangene Woche: „Die Finanzbranche ist Teil der gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsdebatte und bildet diese ab. Veränderungen kann es nicht von heute auf morgen geben.“ Und weiter: „Hätten wir alle Unternehmen herausgenommen, die nicht bereits heute die Erfordernisse des 1,5-Grad-Ziels beim Kampf gegen die Klimaerwärmung beachten, so wäre praktisch kein Wert mehr im neuen Index vertreten“.

    Und: Noch für dieses Jahr plant die Deutsche Börse mehrere Nachhaltigkeitsindizes aufzulegen. Einige davon sollen auch härtere ESG-Kriterien haben, die sich an besonders umweltbewusste Anleger richtet, so das Handelsblatt.

    Autor: Ferdinand Hammer 



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    Verfasst vonFerdinand Hammer
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