Krisen-Szenario
Autopapst Dudenhöffer zum Corona-Schock: „Schneise der Verwüstung in europäischer Autoindustrie“
Immer mehr Autobauer in Europa setzen wegen der Coronavirus-Pandemie die Produktion aus. Dies führt laut Experten zu enormen Belastungen des europäischen Automarktes. Die genauen wirtschaftlichen Folgen sind nicht absehbar. Autoanalysten wagen erste Einschätzungen:
Automobilpapst Ferdinand Dudenhöffer vom Institute Customer Insight der Universität St. Gallen (ICI) zog in einer kürzlich veröffentlichten Studie zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf den westeuropäischen Automarkt folgendes Fazit: „Selbst bei optimistischer Einschätzung müssen wir durch den Corona-Schock in Teilen der europäischen Autoindustrie mit einer Schneise der Verwüstung rechnen. Der Grund: Corona ist nicht das einzige Problem, sondern drei große Wellen, Trumps Zollkriege und Coronaund Umstieg auf Elektromobilität müssen durchwandert werden.“
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Peter Fuß, Partner bei der renommierten Unternehmensberatung EY. In einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung erklärte er: „Der Neuwagenmarkt kommt in diesen Tagen zum Stillstand, auf die Automobilbranche – Hersteller, Zulieferer und Autohandel – kommen nie dagewesene Herausforderungen zu. Wie bei anderen Wirtschaftszweigen auch drohen in den kommenden Monaten teils drastische Umsatzeinbußen.“ Und weiter: „Die Nachfrage bricht ein, es wird immer schwieriger, die Lieferketten aufrechtzuerhalten, die Produktion stockt.“
Selbst unter der Voraussetzung, dass sich die Corona-Pandemie in drei Monaten deutlich beruhigt – was eine sehr optimistische Annahme ist – rechnet Dudenhöffer mit einem gravierenden Absatzeinbruch auf dem europäischen Neuwagenmarkt. Er prognostiziert in diesem Szenario für 2020 einen Rückgang der PKW-Verkäufe von 1,577 Millionen Fahrzeugen in Westeuropa (EU-28 plus die EFTA-Staaten Schweiz, Norwegen, Island) gegenüber dem Vorjahr. Das entspräche einer Abnahme von elf Prozent. Damit würden in Westeuropa 2020 nur noch 12,7 Millionen Neuwagen verkauft werden. Zum Vergleich: 2019 waren es 14,3 Millionen gewesen.
Doch Dudenhöffer stellt klar: „Bei all diesen Berechnungen ist unterstellt, dass das Finanzsystem in Europa nicht zusammenbricht, dass es keine Bankenpleiten gibt, dass beim Wirtschaftswachstum rund drei Monate empfindliches Negativ-Wachstum vorherrscht, aber danach die Wirtschaft auf niedrigerem Niveau wieder Fuß fasst.“
Selbst, wenn das oben beschriebene optimistische Szenario eintritt, wird der westeuropäische Automarkt laut Dudenhöffer erst frühestens 2030 „das Marktniveau des Jahres 2019 wieder erreichen. Wir gehen also durch einen langen Winter – und das unter einem optimistischen Szenario“.
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Quelle: ICI Universität St.Gallen, Ferdinand Dudenhöffer
Die Autoren der EY-Studie stellen indes klar, dass aus Ihrer Sicht für das Gesamtjahr 2020 keine verlässliche Absatz-Prognose mehr für den EU-Neuwagenmarkt möglich sei. Sie erwarten jedoch „massive Absatzeinbrüche im März und vor allem im April“ 2020.
Bisher mussten zahlreiche Autobauer wegen der Coronavirus-Krise ihre Produktion in Europa ganz aussetzen oder zu mindestens drosseln, berichtete die Zeit gestern Nacht. So, z. B. VW, Mercedes, BMW, Toyota, Citroen, Opel, Peugeot, Renault, Ford, Fiat-Chrysler und Scania. Die VW-Tochter Porsche will ebenfalls Werke ab Samstag schließen.
Autor: Ferdinand Hammer
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