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    ROUNDUP  5195  0 Kommentare Preiskrieg und Nachfrageeinbruch am Ölmarkt - Opec+ vor Treffen

    FRANKFURT/MOSKAU/RIAD/WASHINGTON (dpa-AFX) - Die Lage am globalen Ölmarkt spitzt sich immer weiter zu. Nicht nur herrscht mitten in der weltweiten Corona-Pandemie ein dramatischer Preiskrieg zwischen den beiden Ölriesen Russland und Saudi-Arabien. Jetzt mischt sich auch noch die aufstrebende Ölgroßmacht USA in das Ringen um die Vormacht am Markt ein. Hatte US-Präsident Donald Trump zuletzt noch angedeutet, wie eine Art Vermittler auftreten zu können, droht er nun mit Zöllen auf Rohölimporte.

    "Ich werde tun, was auch immer nötig ist", sagte Trump am Samstagabend im Weißen Haus. Hintergrund ist der drastische Preisverfall am Rohölmarkt. Er geht zurück auf eine Doppelkrise, bestehend aus massivem Nachfrageeinbruch wegen der Corona-Pandemie und einem Preiskrieg am Ölmarkt. Der Nachfrageeinbruch macht nicht zuletzt aufstrebenden amerikanischen Ölproduzenten zu schaffen, die wegen ihrer umstrittenen "Fracking"-Technik auch "Fracker" genannt werden. Viele dieser meist mittelständischen Unternehmen sind hoch verschuldet. Ihnen setzt der krisenbedingte Nachfrageausfall und der niedrige Ölpreis massiv zu. Nicht wenige Fracker können nicht mehr rentabel fördern und stehen vor der Pleite.

    Auf der Angebotsseite tobt zwischen Russland und Saudi-Arabien ein Preiskrieg, dessen Fortgang ungewiss ist. Ein ursprünglich für Montag anberaumtes Treffen, das aufgrund der Corona-Pandemie per Videokonferenz stattfinden soll, wurde auf Donnerstag verschoben. Wer alles an dem Treffen teilnehmen soll, ist gegenwärtig nicht ganz klar. Eine Zusammenkunft ohne die beiden Hauptkontrahenten aus Moskau und Riad ist aber schwerlich vorstellbar. Ob sich die USA als dritte Großmacht am Erdölmarkt beteiligen werden, steht in den Sternen.

    Aus Sicht der beiden Streithähne Russland und Saudi-Arabien wäre eine amerikanische Beteiligung wünschenswert. Denn die USA sind in den vergangenen Jahren zu einem der weltgrößten Ölproduzenten aufgestiegen. In einzelnen Monaten sind die Vereinigten Staaten sogar schon zu einem Netto-Ölexporteur geworden. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Freitag indirekt eine Beteiligung der USA gefordert. Auch aus Saudi-Arabien gab es zuletzt immer wieder Stimmen, die die USA mit ins Boot holen wollten.

    Putin bestätigte am Freitag auch Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, die am Ölmarkt für großes Aufsehen gesorgt haben. Trump hatte am Donnerstag mit Verweis auf ein Gespräch mit Riad eine Förderkürzung von 10 bis 15 Millionen Barrel ins Spiel gebracht. Dies entspräche bis zu 15 Prozent der täglichen Ölförderung auf der Welt. Die Internationale Energieagentur IEA ist jedoch skeptisch, ob eine derart starke Kürzung ausreichen würde, um die schwache Nachfrage mit dem hohen Angebot in Ausgleich zu bringen. Schätzungen gehen von einem krisenbedingten Nachfrageeinbruch von bis zu einem Drittel aus.

    Auch Rohstoffexperten sind vorsichtig. Eine Förderkürzung um 10 Millionen Barrel je Tag oder mehr sei "illusorisch", kommentierte Erdölfachmann Eugen Weinberg von der Commerzbank. Das britische Analysehaus Capital Economics pflichtet ihm bei: "Wir bleiben skeptisch, dass eine Kürzungsvereinbarung zustande kommen wird", sagte Expertin Simona Gambarini. Zum einen sei Saudi-Arabien aufgrund seiner hohen Finanzreserven in einer recht guten Position, den Preiskrieg noch eine Zeit lang durchzustehen. Zum anderen hält es die Expertin für unwahrscheinlich, dass Russland und andere Förderländer ihre Förderung derart stark kürzen werden.

    Die Lage am Rohölmarkt ist gegenwärtig beispiellos, weil ein extrem hoher Nachfrageeinbruch wegen der Corona-Krise auf eine massive Angebotsausweitung infolge des Preiskriegs trifft. Der Einbruch der weltweiten Nachfrage nach Rohöl- und Ölprodukten ist eine direkte Folge der Corona-Krise. Viele Staaten haben aus Angst vor einer Infektions- und Sterbewelle teils drastische Gegenmaßnahmen beschlossen. Diese Schritte haben vielerorts zu einem Einbruch des Wirtschaftslebens und zu einer drastisch geringeren Ölnachfrage geführt.

    Ausgerechnet in dieser heiklen Lage haben sich die beiden Ölriesen Russland und Saudi-Arabien dazu entschlossen, einen Preiskrieg vom Zaun zu brechen. Seit Ende 2016 hatten die Saudis und das ihr folgende Opec-Kartell mit anderen großen Ölstaaten, darunter Russland, das Ölangebot begrenzt. Dieser Zusammenschluss namens Opec+ war angesichts stark fallender Erdölpreise notwendig geworden. Nach gut dreijähriger Zusammenarbeit trennte man sich Anfang März im Streit. Seither herrscht Funkstille zwischen den Streithähnen.

    Die Folgen der Trennung waren drastisch: Saudi-Arabien hat seine Ölförderung massiv hochgefahren, die Rohölpreise sind stark gefallen. Seit Jahresbeginn haben sie sich in etwa halbiert. Die Nordseesorte Brent kostet derzeit je Barrel (159 Liter) knapp 35 Dollar, die US-Sorte WTI liegt bei knapp 29 Dollar. Fachleute sagen, bei diesen Preisen könne vielleicht noch Russland rentabel Öl fördern. Viele andere Länder benötigten aber deutlich höhere Preise. So ergeht es etwa den kanadischen Produzenten, deren Transportkosten mittlerweile über ihren Verkaufspreisen liegen sollen./bgf/nas




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