Die Prämie wird leider kommen / Der Staat wird das Füllhorn für Autokäufe ausschütten. Das ist aber nicht sehr sinnvoll und schon gar nicht gerecht. ( Leitartikel von Bernhard Fleischmann
Regensburg (ots) - Was ist da nur geschehen? Da fordert die deutsche
Automobilindustrie in bewährter Manier staatliche Hilfen, um den Absatz seiner
Karossen zu fördern. Doch anstatt sofort und großzügig, wie früher
selbstverständlich, die Wünsche artig zu erfüllen, zieren sich zumindest einige
Regierungspolitiker. Und noch ungewöhnlicher: Die Mehrheit der Bürger sagt Nein.
Sie wollen keine Kaufprämien haben und erst recht keine finanzieren. Einerseits,
weil ihnen momentan sehr vieles sehr viel wichtiger ist als ein neues Auto.
Andererseits verfügen die Autobauer offenbar nicht mehr über den Nimbus des
unumstrittenen Primus der Wirtschaft. Die Menschen sehen überdies, dass andere
Branchen noch dringendere Sorgen haben. Auch wenn in Bayern von aktuell zwei
Millionen Kurzarbeitern 350 000 aus der Automobilindustrie kommen - den meisten
von ihnen traut man zu, nicht gleich in Armut zu stürzen. Die Löhne und Gehälter
sind höher als anderswo, die jährlich hoch vierstelligen Gewinnbeteiligungen den
Beschäftigten sonstiger Branchen höchst fremd. In dieser unsicheren Lage kaufen
nur Verbraucher ein Auto, die gerade unbedingt eines brauchen. Oder eben solche,
die finanziell absolut abgesichert sind. Mit einer simplen Kaufprämie wirft der
kleine Steuerzahler damit solventen Käufern üppiger Brummer auch noch ein paar
Tausend Euro hinterher. Das empfindet er als wenig sinnvoll, dafür umso mehr als
ungerecht. Dagegen weigert er sich. Zu Recht. Ob mit Erfolg, ist aber zu
bezweifeln. Am Ende wird eine Form der Förderung kommen. Und es steht zu
befürchten, dass sie eher gießkannenmäßig ausfällt als sinnvoll in die Zukunft
gerichtet. Wer also glaubt, die Prämie sei Unsinn und werde deshalb abgelehnt,
der braucht schon einen starken Glauben. Er sollte sich darauf gefasst machen,
dass es eher so kommt wie immer. Sowohl die Autobauer als auch die Politik
schienen überrascht darüber zu sein, dass die Deutschen das in Aussicht
gestellte "Geschenk" so undankbar verachtet haben. Daraufhin haben die
Hersteller die Ministerpräsidenten der "Autoländer" Bayern, Baden-Württemberg
und Niedersachsen eingespannt, um für sie zu trommeln. Alle drei haben das
willig getan. Auch auf die Bundeskanzlerin dürfte Verlass sein im Sinne der
Industrie. Sie hat sich auch bei den verschärften Abgasgesetzen der EU stets als
Bremserin im Sinne der deutschen Produzenten erwiesen. Dumm dabei ist, dass sich
der Entscheidungsprozess so lange hinzieht. Erst im Juni soll nach aktuellem
Diskussionsstand klar sein, wohin sich das Füllhorn ergießt. Das bedeutet, dass
jetzt jeder der wenigen potenziellen Käufer auch noch abwartet, um die Prämie
nicht zu verpassen. Die Autohändler, die sich verständlicherweise jegliche
Unterstützung wünschen, beklagen das als eine bedrohliche Hängepartie. Auch wenn
man bedenkt, dass die wirtschaftlichen Bedeutung der Branche - gerade in unserer
Region - groß ist: ein Zuschuss dürfte den Autoabsatz höchstens ein bisschen
stützen. Für die Hersteller und auch viele Zulieferer sind allerdings die
weltweiten Absätze entscheidend. Deutschland allein macht die Hersteller nicht
glücklich. Auch von den rund 300 000 BMW, die in Regensburg jährlich gebaut
werden können, gehen größere Mengen in den Export - wie viele, verrät BMW leider
nicht. Wozu also das Ganze? Wenn der Staat direkt und auch wirksam helfen will,
dann könnte er doch seine eigenen Fuhrparks bei Verwaltung, Polizei etc. gezielt
erneuern. Ansonsten sollte er das Geld in umweltfreundliche Energien und
Mobilität, digitale Netze, Bildung und Realeinkommen der Bürger investieren.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/62544/4595424
OTS: Mittelbayerische Zeitung
Automobilindustrie in bewährter Manier staatliche Hilfen, um den Absatz seiner
Karossen zu fördern. Doch anstatt sofort und großzügig, wie früher
selbstverständlich, die Wünsche artig zu erfüllen, zieren sich zumindest einige
Regierungspolitiker. Und noch ungewöhnlicher: Die Mehrheit der Bürger sagt Nein.
Sie wollen keine Kaufprämien haben und erst recht keine finanzieren. Einerseits,
weil ihnen momentan sehr vieles sehr viel wichtiger ist als ein neues Auto.
Andererseits verfügen die Autobauer offenbar nicht mehr über den Nimbus des
unumstrittenen Primus der Wirtschaft. Die Menschen sehen überdies, dass andere
Branchen noch dringendere Sorgen haben. Auch wenn in Bayern von aktuell zwei
Millionen Kurzarbeitern 350 000 aus der Automobilindustrie kommen - den meisten
von ihnen traut man zu, nicht gleich in Armut zu stürzen. Die Löhne und Gehälter
sind höher als anderswo, die jährlich hoch vierstelligen Gewinnbeteiligungen den
Beschäftigten sonstiger Branchen höchst fremd. In dieser unsicheren Lage kaufen
nur Verbraucher ein Auto, die gerade unbedingt eines brauchen. Oder eben solche,
die finanziell absolut abgesichert sind. Mit einer simplen Kaufprämie wirft der
kleine Steuerzahler damit solventen Käufern üppiger Brummer auch noch ein paar
Tausend Euro hinterher. Das empfindet er als wenig sinnvoll, dafür umso mehr als
ungerecht. Dagegen weigert er sich. Zu Recht. Ob mit Erfolg, ist aber zu
bezweifeln. Am Ende wird eine Form der Förderung kommen. Und es steht zu
befürchten, dass sie eher gießkannenmäßig ausfällt als sinnvoll in die Zukunft
gerichtet. Wer also glaubt, die Prämie sei Unsinn und werde deshalb abgelehnt,
der braucht schon einen starken Glauben. Er sollte sich darauf gefasst machen,
dass es eher so kommt wie immer. Sowohl die Autobauer als auch die Politik
schienen überrascht darüber zu sein, dass die Deutschen das in Aussicht
gestellte "Geschenk" so undankbar verachtet haben. Daraufhin haben die
Hersteller die Ministerpräsidenten der "Autoländer" Bayern, Baden-Württemberg
und Niedersachsen eingespannt, um für sie zu trommeln. Alle drei haben das
willig getan. Auch auf die Bundeskanzlerin dürfte Verlass sein im Sinne der
Industrie. Sie hat sich auch bei den verschärften Abgasgesetzen der EU stets als
Bremserin im Sinne der deutschen Produzenten erwiesen. Dumm dabei ist, dass sich
der Entscheidungsprozess so lange hinzieht. Erst im Juni soll nach aktuellem
Diskussionsstand klar sein, wohin sich das Füllhorn ergießt. Das bedeutet, dass
jetzt jeder der wenigen potenziellen Käufer auch noch abwartet, um die Prämie
nicht zu verpassen. Die Autohändler, die sich verständlicherweise jegliche
Unterstützung wünschen, beklagen das als eine bedrohliche Hängepartie. Auch wenn
man bedenkt, dass die wirtschaftlichen Bedeutung der Branche - gerade in unserer
Region - groß ist: ein Zuschuss dürfte den Autoabsatz höchstens ein bisschen
stützen. Für die Hersteller und auch viele Zulieferer sind allerdings die
weltweiten Absätze entscheidend. Deutschland allein macht die Hersteller nicht
glücklich. Auch von den rund 300 000 BMW, die in Regensburg jährlich gebaut
werden können, gehen größere Mengen in den Export - wie viele, verrät BMW leider
nicht. Wozu also das Ganze? Wenn der Staat direkt und auch wirksam helfen will,
dann könnte er doch seine eigenen Fuhrparks bei Verwaltung, Polizei etc. gezielt
erneuern. Ansonsten sollte er das Geld in umweltfreundliche Energien und
Mobilität, digitale Netze, Bildung und Realeinkommen der Bürger investieren.
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