Familienunternehmen im Corona-Crash
Telematik, IT-Services und Software – Chancen von init, Mensch und Maschine, ATOSS, Datagroup und Grenke
In den Branchen Telematikinfrastruktur, IT und Software haben sich einige börsennotierte Familienunternehmen etablieren können. An manchen scheint die Corona-Krise spurlos vorbeizugehen – an anderen nicht. Marcus Wessel stellt im Smart Investor die Chancen der Konzerne vor.
Von gleich mehreren Megatrends wie Urbanisierung und Klimaschutz profitiert der Karlsruher Verkehrstelematikanbieter init. Das Universitäts-Spin-off wird bis heute von Gründer Dr. Gottfried Greschner geleitet. Sein jüngerer Bruder Jürgen ist seit dem Jahr 2014 als Vertriebsvorstand tätig. Init plant und entwickelt Telematiksysteme für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Hinzu kommen Fahrgeld- und Ticketingsysteme, die das bargeld-/kontaktlose Bezahlen ermöglichen. Neben Europa sind vor allem die USA für init ein wichtiger Wachstumsmarkt. Im Laufe des zweiten Quartals wird die Unterzeichnung eines bedeutsamen Großauftrags mit der amerikanischen Großstadt Houston erwartet (Auftragswert deutlich über 30 Mio. USD). Auch deshalb stellte Dr. Greschner für 2020 einen weiteren Zuwachs bei Umsatz und EBIT in Aussicht – Corona zum Trotz.
Chancen bei Software und IT
Einen ähnlich optimistischen Ausblick gab noch im März Adi Drotleff, Vorstandschef bei Mensch und Maschine Software (MuM; IK). Die 1984 von ihm gegründete Gesellschaft durchlebte und überlebte die
Neuer-Markt-Zeit sowie die Finanz- und die Eurokrise. Heute steht der Anbieter von Computer-Aided-Design-(CAD-) Lösungen besser da als jemals zuvor. Nicht nur mit der Software des Branchenriesen
Autodesk, sondern vor allem auch mit der eigenentwickelten Software für die Bereiche Planung, Design und Konstruktion verdienen die Bayern gutes Geld.
Ein zweites Standbein ist das Systemhausgeschäft, in dem MuM mit seinen Digitalisierungslösungen europaweit vertreten ist. Drotleffs Versprechen, die Dividende um 0,15 bis 0,20 Euro pro Jahr anzuheben, wird er auch 2020 einlösen. Aufgrund einer Umstellung im Autodesk-Geschäft zeichnet sich schon jetzt ein extrem starkes erstes Halbjahr ab. Für 2020 und 2021 plant der Firmengründer ungeachtet der Pandemiefolgen mit einem Umsatzplus von jeweils 10 bis 12 Prozent.
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ATOSS Software steht für eine Hightech-Erfolgsstory mit einer bis heute prägenden Unternehmerpersönlichkeit. Firmengründer Andreas F.J. Obereder etablierte Atoss als einen führenden Anbieter von sogenannten Workforce-Management-Lösungen. Diese spielen in vielen Unternehmen bei der bedarfsoptimierten Planung und Steuerung ihres Personals eine immer wichtigere Rolle. Hier profitiert Atoss von neuen Strukturen in der Arbeitswelt wie den zunehmend flexiblen Arbeitszeiten. Das Unternehmen erzielt seit vielen Jahren verlässliche Margen von mindestens 25 Prozent bei einem anhaltend dynamischen Umsatzwachstum. 2019 war für die Münchner bereits das 14. Rekordjahr in Serie. Wie das Hightech Mitte März bekannt gab, habe man bis dahin einen „deutlichen Anstieg bei den Auftragseingängen für Softwarelizenzen“ verzeichnet.
Corona scheint den Siegeszug der Atoss-Software bislang nicht aufhalten zu können. Folglich erholte sich der Small Cap umgehend von seinem Crashtief.
Aus dem beschaulichen Pliezhausen bei Stuttgart trat der IT-Dienstleister Datagroup (IK) seinen Siegeszug an. Gründer und Vorstandschef Max Schaber brachte die Gesellschaft 2006 an die Börse. Der gelernte Ingenieur erkannte frühzeitig, dass mit dem Verkauf von Hardware langfristig kaum Geld zu verdienen ist. Stattdessen baute er den Dienstleistungsanteil auch mittels geschickter Übernahmen kontinuierlich aus. Datagroup zählt längst zu den führenden IT-Dienstleistern des Landes.
Herzstück ist die Komplettlösung „COR-BOX“, aus der sich Unternehmen die für sie passenden IT-Services nach dem Baukastenprinzip zusammenstellen können. Datagroups Kunden schließen in der Regel Serviceverträge mit Laufzeiten zwischen drei und sieben Jahren ab. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sorgt diese Umsatzverteilung für ein hohes Maß an Planungssicherheit.
Highflyer am Boden
Ein alter Bekannter ist die GRENKE AG. Das Unternehmen aus dem schönen Baden-Baden ist auf IT-Leasing für kleine und mittelständische Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler spezialisiert. Da
gerade die letztgenannten Gruppen unter einem längeren Shutdown erheblich leiden dürften und in einer Rezession generell das Ausfallrisiko als Folge von Insolvenzen steigt, brach Grenkes Notiz wie
so viele andere im März massiv ein. Der Vorstand kündigte an, seine Gewinnprognose aktualisieren zu wollen, sobald sich die Folgen der COVID-19-Pandemie genauer abschätzen lassen.
Schon heute scheint jedoch klar, dass das alte Gewinnziel (153 bis 165 Mio. Euro) kaum erreicht werden dürfte. Die Frage lautet eher, wie viel Negatives die Börse bereits eingepreist hat. Gründer Wolfgang Grenke, der mehr als 42 Prozent der Anteile besitzt, kann aber selbst diese Krise relativ gelassen an sich vorüberziehen lassen – als einer der Branchenführer mit einer starken Bilanz gehört Grenke schließlich in nahezu jedem Szenario zu den Gewinnern einer Marktbereinigung.
Fazit
Viele Argumente sprechen für ein Investment in familien- bzw. eigentümergeführte Unternehmen. Gerade die sehr mittelständisch geprägte deutsche Wirtschaft bietet Anlegern ein breites Spektrum an
überaus erfolgreichen Firmen, die sich wohltuend von anderen Börsen-AGs durch ihre strategische Weitsicht und unaufgeregte Art abheben.
Autor: Marcus Wessel
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(Dieser Artikel aus der Smart Investor-Ausgabe 05/20 bezieht sich auf Daten, die bis zum 17.04.2020 erfasst wurden.)
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