Heibel-Ticker PLUS Update 20#14
Die ganze (Finanz)welt feiert Deutschland
Liebe Börsenfreunde,
nein, ich kann in diese Rallye hinein nicht Aktien einkaufen. Irgendwie fühlt sich das nicht gut an. Ich will es kurz begründen:
Der DAX ist gestern fast um 4% angesprungen. Der Grund? Nun, Deutschland spricht über ein Konjunkturprogramm von historischem Ausmaß. Nach gigantischen Corona-Hilfen
und Kreditgarantien folgt nun das Konjunkturprogramm, mit dem die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung gebracht werden soll.
Seit gefühlt einer Ewigkeit wird Deutschland vorgehalten, nicht genug Geld auszugeben. Wir gelten auf dem globalen Parkett als Pfennigfuchser, weil wir uns an das historisch abgeleitete
und in meinen Augen sinnvolle Ziel der 3%-Neuverschuldung (vom BIP) halten wollen.
Auch die Gesamtverschuldung (max. 60% des BIP) soll überschaubar bleiben, so haben wir uns vor 10 Jahren die Schuldenbremse ausgedacht.
Der Junkie wird in Deutschland in die Entziehungskur geschickt. Im Rest der Welt hat sich jedoch eingebürgert, dem Junkie lieber die Dosis zu erhöhen, um ihn ruhig zu stellen.
Wohin das im Rest der Welt geführt hat, sehen wir derzeit in den USA und übrigens auch (von den Medien kaum berichtet) in Frankreich. Ein kaputtes System, das mit immer mehr
Liquidität (oder, um beim Bild zu bleiben: Drogen) am Laufen gehalten wird, bleibt kaputt. Ich habe Ihnen daher immer wieder erklärt, dass dieses System so lange weiterlaufen kann,
wie die Menschen „denen da oben“ vertrauen. Und Merkels Zustimmungswerte sind sehr hoch.
Jetzt, wo die USA und Frankreich an ihre Grenzen der Vertrauenswürdigkeit stoßen, springt Deutschland in die Presche: Ein Konjunkturprogramm, in dessen Kielwasser die ganze EU aus
dem Sumpf gezogen werden könnte und sodann auch stimulierende Effekte für die Weltwirtschaft haben dürfte. Das führt dazu, dass ein 4%-Kurssprung im DAX auch den Dow Jones – trotz Ausnahmezustand in 75 US-Städten – um 1% nach oben zieht.
In diese Situation hinein soll ich nun Aktien in unser Portfolio holen? Nein, tut mir leid, das kann ich nicht.
Der Vollständigkeit halber: Aus China wurde erstmals seit zwei Jahren ein steigender Autoabsatz gemeldet, was natürlich die gesamte Autoindustrie antreibt. Ja, auch aus China
kommen wirtschaftlich ermutigende Entwicklungen. Aber der Blick nach Hongkong mahnt auch dort zur Vorsicht.
Mag sein, dass wir eine historische Rallye verpassen. Die Börsenweisheit „Kaufen, wenn die Kanonen donnern“ sollte uns zu Käufen ermutigen. Aber nein, in die steigenden Kurse
hinein schaffe ich das aktuell nicht. Zumindest eine kleine Korrektur sollten wir abwarten. Und die ist überfällig, wenn ich mir die Sentiment-Daten sowie auch den S&P Short
Range Oscillator anschaue. Ich gehe weiterhin davon aus, dass es bessere Kaufgelegenheiten geben wird, als jetzt.
Take Share,
Ihr
Börsenschreibel
Stephan Heibel
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