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    ROUNDUP/Trotz Verbots  104  0 Kommentare Tausende Hongkonger gedenken der Massaker-Opfer

    HONGKONG/PEKING (dpa-AFX) - Trotz Versammlungsverbots wegen der Corona-Pandemie haben in Hongkong am Jahrestag der Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 in China viele Tausende der Opfer gedacht. Im Victoria-Park zündeten Tausende am Donnerstag wie jedes Jahr Kerzen an, ohne dass die Polizei eingriff. Auch an anderen Stellen der asiatischen Wirtschaftsmetropole gab es Mahnwachen. In Peking forderten Angehörige der Opfer eine gerechte Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der chinesischen Geschichte.

    In einem offenen Brief forderten die "Mütter von Tian'anmen" die chinesische Führung auf, ihr Schweigen zu brechen und die Ereignisse zu erklären, die zum Tod ihrer Angehörigen geführt hätten. Bei dem Einsatz der Volksbefreiungsarmee gegen friedliche Demonstranten um den Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen) waren am 4. Juni 1989 einige hundert Menschen ums Leben gekommen.

    Eine der "Tian'anmen-Mütter", Zhang Xianling, sagte Radio Free Asia, Chinas Führung schulde ihnen Antworten. Ihr 19-jähriger Sohn war getötet worden. "Welche Individuen, welche Abteilungen der Regierung waren verantwortlich? Was waren die Umstände?", fragte sie. "Auf welcher Grundlage wurde die Entscheidung getroffen, solch mörderische Gewalttaten zu begehen?" Welche Gesetze hätten ihre Kinder gebrochen, um niedergeschossen oder zu Tode geschlagen zu werden, fragte sie.

    Die genaue Zahl der Opfer ist bis heute nicht bekannt. Tausende wurden damals verletzt und inhaftiert. Auch 31 Jahre später ist das Thema in China ein politisches Tabu. Gerade angesichts der Drohung von US-Präsident Donald Trump, das Militär bei den Protesten in den USA einzusetzen, erinnerten ausländische Beobachter am Jahrestag an die fatalen Folgen des damaligen Militäreinsatzes in China.

    Während ein öffentliches Gedenken an die Opfer in China schon immer untersagt war, hatte die Polizei in Hongkong zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten die jährliche Kerzenandacht in der chinesischen Sonderverwaltungsregion untersagt. Als Grund wurde das Verbot von Versammlungen von mehr als acht Personen wegen der Corona-Pandemie genannt. Doch vermuteten Kritiker auch politische Motive dahinter.

    Trotz des Verbots strömten Hongkonger denn auch in den Victoria-Park und schoben Absperrungen beiseite. Alte Leute, Kinder und andere Demonstranten hielten Kerzen. Aus Lautsprechern tönte die amtliche Mitteilung: "Versammlungen an diesem Ort mit mehr als acht Personen sind nicht erlaubt. Verstöße werden verfolgt." Doch war keine Polizei zu sehen. Viele Demonstranten blieben ohnehin auf Abstand.

    Die Atmosphäre in Hongkong ist wegen der Eingriffe der Pekinger Führung in die Autonomie der Sonderverwaltungsregion aufgeheizt. Ausgerechnet am Jahrestag verabschiedete das nicht frei gewählte Hongkonger Parlament mit der Peking-treuen Mehrheit ein umstrittenes Gesetz, dass die Missachtung der chinesischen Nationalhymne unter Strafe stellt. Es sieht Strafen bis zu drei Jahren Haft und 50 000 Hongkong Dollar vor, umgerechnet 5750 Euro.

    Die Nationalhymne wird unter den sieben Millionen Hongkongern ohnehin nicht besonders gerne gehört. Wenn sie zu Beginn von Fußballspielen gespielt wurde, waren häufig Buhrufe oder Pfiffe zu hören. Die Protestbewegung hat mit "Glory to Hong Kong" vielmehr ihre eigene Hymne gefunden.

    Vor der Abstimmung im Legislativrat gab es einen Zwischenfall. Der Abgeordnete Eddie Chu Hoi-dick verteilte eine stinkende Flüssigkeit. Sicherheitsleute entfernten ihn und seinen Kollegen Raymond Chan gewaltsam aus dem Saal. Chu sagte später nach Medienberichten, es sei nur biologischer Dünger gewesen. Er habe gegen das Gesetz protestieren und an den Jahrestag des Massakers erinnern wollen.

    Seit einem Jahr demonstrieren die Hongkonger schon. Als Reaktion beschloss Chinas Volkskongress vor einer Woche, ein Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit für Hongkong zu erlassen. Es wird sich gegen Aktivitäten richten, die als subversiv oder separatistisch empfunden werden. Das Gesetz könnte diesen Monat in Kraft treten - noch vor dem Jahrestag der Rückgabe 1997 an China am 1. Juli, an dem die Hongkonger traditionell für mehr Demokratie auf die Straße gehen.

    Das Sicherheitsgesetz gilt als der bisher weitgehendste Eingriff Pekings in Hongkong und stieß international auf heftige Kritik. Die USA planen sogar Sanktionen, indem Hongkong besondere Vorteile gestrichen werden sollen. Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe an China 1997 nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenes Territorium mit größeren Freiheiten als in der Volksrepublik autonom verwaltet./lw/DP/zb





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