checkAd

    Ratingagentur Scope  1108  0 Kommentare Offene Immobilienfonds – Covid-19 erhöht Risiken und drückt Ratings

    Kaum ein Anlagesegment hat in den vergangenen Monaten derartige Stabilität bewiesen wie die offenen Immobilienfonds. Dennoch: Die aktuelle Covid-19-Krise hat spürbare Auswirkungen auf die Ertragskraft und die Risiken der Immobilienportfolios.

    Zur Scope-Studie „Offene Immobilienfonds 2020“

    Die Ratingagentur Scope hat die Ratings der offenen Immobilienpublikumsfonds aktualisiert: Vor allem aufgrund der gestiegenen Risiken und gesunkenen Ertragsaussichten in einzelnen Immobiliensegmenten – allen voran Einzelhandel und Hotel – wurden zwölf Fonds herabgestuft. Drei Fonds konnten ihr Rating halten. Die bewerteten Fonds verwalten zusammen rund 100 Mrd. Euro.

    Trotz der Herabstufungen befinden sich die Ratings insgesamt nach wie vor auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Das durchschnittliche Rating der Fonds liegt bei „a“ – was aus Anlegersicht eine gute risikoadjustierte Rendite erwarten lässt.

    Liquidität üppig – Netto-Mittelzuflüsse im ersten Quartal – Regulierung zeigt Wirkung

    In der Finanzkrise 2008/09 mussten 18 offene Immobilienfonds mit einem Vermögen von rund 26 Mrd. Euro aus Liquiditätsgründen geschlossen und später abgewickelt werden. Eine solche Situation ist aktuell nicht in Sicht. Zum einen verfügen die Fonds über ausreichend liquide Mittel von durchschnittlich knapp 20% des Fondsvermögens. Und zum anderen gab es seit Ausbruch der Covid-19-Krise keine außergewöhnlichen Mittelabflüsse (Stand: Ende Mai). Über alle Fonds summieren sich die Netto-Mittelzuflüsse im ersten Quartal 2020 sogar auf rund 4 Mrd. Euro.

    Die im Jahr 2013 eingeführten Mindesthalte- und Kündigungsfristen sind ein wesentlicher Grund für die stabile Liquiditätssituation der Fonds.

    Covid-19-Risiken – Immobiliensegmente und Fonds unterschiedlich stark betroffen

    Die durch Covid-19 ausgelöste Konjunkturkrise hat sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Immobiliensegmente. Während der Lebensmitteleinzelhandel zu den wenigen Krisengewinnern gehört, leidet der stationäre Einzelhandel besonders im Textilbereich massiv. Der Strukturwandel hin zu E-Commerce beschleunigt sich und wird nach Ansicht von Scope zu weiter sinkender Flächennachfrage und niedrigeren Mieten führen.

    Die Hotel- und Tourismusbranche wurde durch die staatlichen Shutdown-Maßnahmen massiv getroffen. Allerdings dürften die damit verbundenen Einbußen nicht dauerhaft sein. Spätestens für 2022 erwartet Scope in diesem Bereich eine Normalisierung.

    Die Covid-19-Krise wird auch den Büroimmobilienmarkt negativ beeinflussen. Gründe hierfür sind ein möglicher Personalabbau im Zuge der Rezession und aller Voraussicht nach auch ein verstärkter Trend zum Home-Office. Scope geht aktuell jedoch nicht davon aus, dass die Leerstände im Class-A-Bürosegment dauerhaft ansteigen. Das Risiko steigender Leerstände trifft vor allem auf Immobilien in weniger attraktiven Lagen zu.

    Zum Hintergrund: Die Portfolios der bewerteten Fonds bestehen derzeit aus Büro- (61%), Einzelhandels- (24%), Hotel- (9%), Logistik- (3%) sowie Wohnimmobilien (2%). Der Nutzungsarten- und Branchenmix der einzelnen Fonds variiert jedoch deutlich. Das bedeutet, dass auch die offenen Immobilienfonds den Folgen der Krise unterschiedlich stark ausgesetzt sind.

    Rendite – Scope erwartet 2020 Performance zwischen 1,5% und 2,0% – Anbieter optimistischer

    Die offenen Immobilienfonds sind in der Covid-19-Krise ihrem Ruf als Stabilitätsanker gerecht geworden. Während andere Anlagesegmente vor allem im März dieses Jahres zum Teil drastische Verluste hinnehmen mussten, blieb die durchschnittliche Performance der offenen Immobilienfonds im ersten Quartal positiv.

    Für das Gesamtjahr 2020 erwartet Scope Fondsrenditen in einem Band zwischen 1,5% und 2,0%. Die Fondsmanager selbst sind optimistischer: In der von Scope unter 24 Fondsanbietern durchgeführten Umfrage rechneten zwei Drittel mit Renditen zwischen 2,0% bis 2,5% in diesem Jahr. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr betrug die durchschnittliche Rendite der von Scope bewerteten offenen Immobilienpublikumsfonds 3,1%.

    Der Hauptgrund für die gesunkene Renditeerwartung in diesem Jahr: Zahlreiche Mieter – vor allem im stationären Einzelhandel – streben Nachverhandlungen an und setzen Mietpreissenkungen durch. Dies hat unmittelbar Auswirkungen auf die Einnahmen der Fonds und langfristig auch auf die Bewertung der Objekte.

    Die neuen Fonds – Covid-19 als Herausforderung und Chance

    In den vergangenen drei Jahren wurden insgesamt neun neue offene Immobilienpublikumsfonds aufgelegt. Diese Fonds verwalten bereits ein Vermögen von zusammen rund 5 Mrd. Euro. Weitere Produkte sind in Planung: In der aktuellen Scope-Marktbefragung gab ein Viertel der Anbieter an, in den kommenden drei Jahren neue offene Immobilien-Publikumsfonds aufzulegen.

    Die Covid-19-Krise stellt für die jungen Fonds Chance und Risiko zugleich dar. Auf der einen Seite bietet die Krise günstigere Ankaufs-Gelegenheiten zum Portfolioaufbau. Auf der anderen Seite können die jungen Fonds mögliche Opportunitäten nur nutzen, wenn sich ihre Mittelzuflüsse im Zuge der Krise nicht signifikant reduzieren.



    Sonja Knorr
    0 Follower
    Autorin folgen
    Mehr anzeigen
    Scope wurde im Jahre 2002 als unabhängige Ratingagentur mit Sitz in Berlin gegründet. Das Unternehmen ist europaweit auf das Rating und die Analyse von mittelständischen Unternehmen, Anleihen, Finanzinstitutionen, Zertifikaten, Investment- und Immobilienfonds spezialisiert. Scope ist von der ESMA als offiziell zertifizierte Credit Rating Agency (CRA) in der Europäischen Union zugelassen. Weitere Informationen zu Scope finden sie auf www.scoperatings.com.
    Mehr anzeigen
    Verfasst von Sonja Knorr
    Ratingagentur Scope Offene Immobilienfonds – Covid-19 erhöht Risiken und drückt Ratings Kaum ein Anlagesegment hat in den vergangenen Monaten derartige Stabilität bewiesen wie die offenen Immobilienfonds. Dennoch: Die aktuelle Covid-19-Krise hat spürbare Auswirkungen auf die Ertragskraft und die Risiken der Immobilienportfolios.