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     815  0 Kommentare Wirecard – was bleibt jetzt noch? - Seite 2

    So hat sich auch die aktive Fondsbranche bei Wirecard in Grund und Boden blamiert. Allen voran die DWS, deren Starfondsmanager Tim Albrecht nach dem Debakel zu verschleiern versucht, dass er bei Wirecard noch aggressiver gezockt hat als viele so oft geschmähte Privatanleger. Die wiederum haben ihr Vertrauen in das relativ junge DAX-Unternehmen vielfach auf das große Bekenntnis der DWS und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY gestützt. Auch gegen EY behalten sich viele Adressen Klagen vor, doch moralisch ist der Schaden weitaus größer. Ab sofort wird sich jeder Anleger bei Unternehmen mit zweifelhaftem Ruf die Frage stellen, ob ein Testat von EY das Papier wert ist, auf dem es steht. Just EY war für viele Neulinge am Kapitalmarkt das Argument, Wirecard zu halten und aufzustocken, jahrelang. Denn das Testat eines Prüfers wirkte wie ein Gütesiegel.

    Vielen privaten Anlegern kann man den Vorwurf machen, zu sehr auf Wirecard gesetzt zu haben. Die Aktie war verglichen zu ihrem Gewicht im DAX exorbitant hoch gehandelt bei Kleinanlegern, agierend dabei mit oder ohne Hebel. In vielen Depots lag sie mit einem Anteil von zehn Prozent oder mehr, bei Facebook besprachen Gruppen jahrelang nur diese einzige Aktie. Wer in die USA blickt mit dem neuen Phänomen Robinhood, bei dem Millionen junger US-Anleger teils auf hoch spekulative Aktien mit Hebel handeln, findet das Phänomen nicht nur in Deutschland. Social Media multipliziert die Spekulation in heißen Basiswerten, auch beim Bitcoin war dies klar zu sehen. Nun ist allerdings ein konstruktiver Ansatz gefragt und keine Häme jenen gegenüber, die mit Wirecard auf die Nase gefallen sind. Wer Markus Braun einmal persönlich erlebt hat und Wirecard lange verfolgt, hatte immer ein mieses Bauchgefühl. Bloß steht zwischen Bauchgefühl und Betrugsnachweis eine hohe Hürde und diese hätte auch erst 2021 oder weit später übersprungen werden können. Mit anderen Worten – niemand wusste genau, wann die Bombe platzt.

    Jeder Anleger macht Fehler an der Börse, doch man kann aus ihnen lernen. Die Grundzüge eines sinnvollen Depotaufbaus haben viele Anleger nicht beachtet, doch man kann diese Unwucht korrigieren. In ein gut strukturiertes Depot gehören ganze Märkte und Regionen, Branchen und die sogenannten Trend-Märkte der Zukunft. Man kann sich ein solches Depot vorstellen wie die bekannte Ernährungspyramide. ETFs oder Indexzertifikate machen mit mindestens 50 Prozent die Basis des Depots aus. Die andere Hälfte darf man durchaus zum großen Teil mit breit gestreuten Aktien oder Anlagezertifikaten bestücken. Nur die oberen zehn Prozent, in Ausnahmefällen etwas mehr, sollten zum puren Zocken mit Hebel genutzt werden. Dazu gehört auch eine Aktie wie Wirecard, denn ihre Volatilität sagte seit Jahren aus, dass wirklich alles passieren konnte mit dem Titel. Von Kursexplosion bis Insolvenz. Diese Volatilität lag seit Jahren in völlig anderen Sphären als die Schwankungserwartung bei SAP oder Henkel. Das Risiko fuhr bei Wirecard also immer mit.

    Mit dem schwarzen Donnerstag bei Wirecard kamen jedoch auch noch andere Schwächen ans Tageslicht. So erfuhren viele Anleger neben dem Umstand des Absturzes ihrer Lieblingsaktie noch die Schwächen ihres Onlinebrokers. Onvistabank und DKB waren über lange Zeit nicht erreichbar und Anleger konnten ihre ohnehin schon lädierten Aktien nicht verkaufen. Auch beim Newcomer TradeRepublic war wenig Lob für die Handelsqualität zu vernehmen. Auch die richtige Wahl des Brokers ist in diesen Tagen essentiell, dies merkte man schon beim DAX-Absturz im März oder in den Vorjahren beim Brexit. Zeit für einen Neustart nach Wirecard ist es also für all die, die das Fiasko zielführend nutzen wollen. Das Jahr 2020 kann ein guter Zeitraum sein.

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    Daniel Saurenz
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    Der ehemalige FTD-Redakteur und Börse Online-Urgestein Daniel Saurenz hat zusammen mit Benjamin Feingold das Investmentportal „Feingold Research“ gegründet. Dort präsentieren die beiden Börsianer und Journalisten ihre Markteinschätzungen, Perspektiven und Strategien samt Produktempfehlungen. Im strategischen Musterdepot werden die eigenen Ideen mit cleveren und meist etwas „anderen“ Produkten umgesetzt und für alle Leser und aktiven Anleger verständlich erläutert. Weitere Informationen: Feingold Research.
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    Verfasst von Daniel Saurenz
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