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     651  0 Kommentare Hoffnung auf Corona-Impfstoff: Biotech-Branche erlebt Imagewandel

    Mit einem vergleichsweise niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis lohnt der Biotechsektor einen genauen Blick. Walter Liebe, Leiter Intermediäre Deutschland bei Pictet Asset Management, zu Anlagechancen in einem Marktsegment, das als Hoffnungsträger gilt.
    Walter Liebe hat zum 1. April 2020 bei Pictet AM die Rolle des Leiters Intermediäre Deutschland übernommen. Dazu zählt der Vertrieb an Banken, Vermögensverwalter und Family Offices.

    Die Gesundheitsbranche im Allgemeinen und die Biotech-Unternehmen im Speziellen erleben gerade einen massiven Imagewechsel. Jahrelang wurde die Branche von der Politik der Preistreiberei bezichtigt und mit stärkerer Regulierung bedroht. Der Vorwurf war dabei häufig, dass sich die forschenden Arzneimittelhersteller die Durchbrüche in der pharmakologischen Forschung über die Medikamentenpreise (zu) teuer bezahlen lassen.
    In unguter Erinnerung ist hierbei ein Tweet von Hillary Clinton vom September 2015 – damals steckte sie gerade mitten im US-Präsidentschaftswahlkampf – in dem sie eine harte Regulierung der Pharmabranche für den Fall ihrer Wahl ankündigte. Es folgte ein Absturz der Notierungen für Biotech-Aktien von mehr als 30 Prozent und eine relative Durststrecke des Sektors bis zum Herbst 2019.
    In laufenden Jahr ergibt sich ein völlig gegensätzliches Bild: Die gesammelten Hoffnungen der Weltgemeinschaft scheinen auf den Pharmafirmen zu lasten: In Rekordtempo sollen therapeutische Ansätze für Corona-Erkrankte und Impfstoffe entwickelt und zur Zulassung gebracht werden. Jeder kleine Fortschritt wird von den Börsen gefeiert, sei es die positive Wirkung des Ebola-Mittels Remdesivir von Gilead Science Inc zur Linderung des Verlaufs der Corona-Erkrankung, seien es erste Erfolge in der Impfstoff-Forschung des Mainzer Unternehmens Biontech. Insgesamt scheint sich die vereinfachende Annahme vieler Investoren, bei Biotechnologieunternehmen handele es sich um ein "digitales Investment" (nach dem an den Binärcode aus Nullen und Einsen in der IT-Welt angelehnten Motto: ein Medikament funktioniert / funktioniert nicht) langsam aufzulösen. Im Gegensatz zu den breiteren Indizes konnte der Nasdaq Biotech Index bis Ende Mai sogar um rund 12 Prozent seit Jahresanfang zulegen.
    Biotechbranche schon seit vielen Jahren hoch innovativ
    Die häufigen politischen Interventionen und die aktuelle Covid-19-Krise verdecken etwas die langfristige Erfolgsstory, die sich hinter der Biotechnologiebranche verbirgt. Covid-19 ist ein akutes und zugegebenermaßen drängendes Problem, das eingedämmt werden muss. Es gibt jedoch darüber hinaus eine Vielzahl chronischer oder tödlicher Krankheitsbilder, die eine hohe Relevanz für die Menschheit haben. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Tumorerkrankungen, Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (zum Beispiel Alzheimer) und andere Infektionskrankheiten fordern jährlich viele Millionen Todesopfer. Alleine die Kosten durch Alzheimer liegen weltweit bei 2 Billionen US-Dollar pro Jahr, kalkuliert Alzheimer's Disease International, Dachorganisation von mehr als 100 Alzheimer-Vereinigungen auf der ganzen Welt.
    Durch technologischen Fortschritt wie Geneditierung, personalisierte Krebsmedikamente, Zelltherapien und künstliche Enzyme sind heute Behandlungsansätze möglich, die noch vor wenigen Jahren undenkbar waren. Auch die Herangehensweise in der Forschung hat sich gewandelt: Heute sind durch die Möglichkeit, riesige Datenmengen zu verarbeiten, systematische Suchprozesse für neue Moleküle möglich. Auch das Thema Biotechnologie wird – wie viele andere Anlagethemen – von wirkmächtigen Megatrends gestützt: Die demographische Veränderung, sprich die Alterung der Gesellschaften, macht es notwendig, Therapien für altersbedingte Krankheitsbilder zu verbessern. Die technologische Innovation hat für eine massive Beschleunigung in der Entwicklung neuer Therapien gesorgt. Zunehmend wird die Entwicklung personalisierter Medikamente möglich, die zielgerichtet die Erkrankung bekämpfen und so Nebenwirkungen minimieren.
    Aktienbewertung unter den historischen Durchschnitten
    Traditionell sind Kursverläufe einzelner Biotech-Aktien sehr schwankungsintensiv und häufig nachrichtengetrieben. Werden positive Daten einer laufenden klinischen Studie publiziert, die die Hoffnung auf die Zulassung eines neuen Medikaments schüren, explodieren die Kurse. Jede schlechte Nachricht wird mit heftigen Verlusten bestraft. Aufgrund der enormen einzeltitelspezifischen Risiken ist es in diesem Thema unerlässlich, in größeren Portfolios zu investieren. Dadurch werden die Auswirkungen einzelner Nachrichten begrenzt und gleichzeitig lässt sich das Wachstumspotenzial der innovativen Biotech-Unternehmen nutzen. Für viele therapeutische Felder sind noch keine wirksamen Medikamente verfügbar – so gibt es nur für etwa 5 Prozent der "Seltenen Krankheiten" – an denen weltweit immerhin 350 Millionen Menschen leiden – eine Behandlungsmöglichkeit.
    Gleichzeitig ist der Biotechsektor vergleichsweise günstig bewertet. So besitzen die profitablen Biotech-Unternehmen in den USA, dies sind in der Regel größere Unternehmen, ein geschätztes Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12 für die nächsten 12 Monate – ein substantieller Bewertungsabschlag gegenüber dem US-amerikanischen Aktienmarkt.
    Eine Phantasie der Anleger wird sich jedoch vermutlich zerschlagen: Ein Impfstoff gegen Covid-19 wird vermutlich nicht zum großen Geschäft. Denn der internationale Druck, diesen Impfstoff günstig weltweit zur Verfügung zu stellen, wird wohl kaum die Chance für hohe Preise lassen.

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    Hoffnung auf Corona-Impfstoff: Biotech-Branche erlebt Imagewandel Mit einem vergleichsweise niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis lohnt der Biotechsektor einen genauen Blick. Walter Liebe, Leiter Intermediäre Deutschland bei Pictet Asset Management, zu Anlagechancen in einem Marktsegment, das als Hoffnungsträger gilt.

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