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     1773  0 Kommentare Crash-Gefahr beim Dollar / Kommentar zum Dollarkurs von Dieter Kuckelkorn

    Frankfurt (ots) - Die europäische Gemeinschaftswährung zeigt sich gegenüber dem
    Dollar derzeit fest, was viele Analysten hinsichtlich ihrer Prognosen auf dem
    falschen Fuß erwischt hat. Es spricht momentan einiges dafür, dass der Euro noch
    mehr Boden gutmachen wird. Denn eine Reihe von Faktoren lässt eine weitere
    Dollarschwäche erwarten. So hat sich an dem für den Devisenmarkt wichtigen
    kurzen Ende der Kurve die Zinsdifferenz zwischen Europa und den USA deutlich
    verringert. Betrug sie zu Jahresbeginn 1,5 bis 1,75%, sind es jetzt nur noch
    0,25%. Damit nimmt die Attraktivität des Dollar zum Parken von Liquidität
    deutlich ab. Hinzu kommt, dass, wie die Analysten der Helaba vermuten, die
    Akteure am Devisenmarkt derzeit nicht mehr davon ausgehen, dass die Europäische
    Zentralbank ihre Geldpolitik weiter lockern wird.

    Und letztlich wird offenbar auch die Rolle des Greenback als sicherer Hafen in
    Krisenzeiten inzwischen in Frage gestellt. Die USA bieten derzeit ein eher
    desolates Bild, da die Trump-Administration die Coronavirus-Pandemie einfach
    nicht in den Griff bekommt. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt an, und der
    Hauptgrund, weshalb es nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommt,
    liegt darin, dass viele der jetzt arbeitslos gewordenen US-Bürger auch ihren
    Krankenversicherungsschutz verloren haben. Die Unruhen auf den Straßen hören
    nicht auf, sie gehen einher mit einer beispiellosen Kriminalitätswelle. Außerdem
    erscheinen die Eliten hoffnungslos zerstritten, sowohl Republikaner als auch
    Demokraten treiben die Polarisierung immer weiter voran.

    Derweil haben die Rettungspakete der Federal Reserve und der US-Regierung eher
    die Finanzmärkte, das Bankensystem und die ganz großen börsennotierten
    Unternehmen gestützt als die breite Realwirtschaft, dafür aber die
    Staatsverschuldung deutlich nach oben getrieben, was zukünftige Spielräume
    weiter einengt.

    Dies lenkt den Blick auf die längerfristigen Perspektiven des Greenback. Der
    prominente US-Ökonom Steven Roach, ehemaliger Chief Economist von Morgan Stanley
    und jetzt an der Yale University tätig, ist in dieser Hinsicht sehr
    pessimistisch. Er sagt einen Crash des Dollar um rund 35% auf das Tief von Juli
    2011 voraus und erwartet, dass die Sonderrolle, die der Dollar in der
    Weltwirtschaft genießt, bald der Vergangenheit angehören wird.

    Die Basis für die kommenden Kalamitäten des Dollar liegt für Roach darin, dass
    bereits vor dem Ausbruch der Pandemie die Ersparnis in den USA stark gesunken
    ist. Sie betrug im ersten Quartal 2020 mit 1,4% des Bruttoinlandsproduktes (BIP)
    nur noch ein Fünftel des Durchschnitts der Jahre 1960 bis 2005. Für die
    kommenden Quartale rechnet Roach damit, dass es krisenbedingt zu einer negativen
    Ersparnis der US-Haushalte in der bisher noch nie gesehenen Größenordnung von 5
    bis 10% des BIP kommt. Um dies auszugleichen, sind die USA mehr denn je auf
    Kapitalimporte angewiesen. Bereits seit fast 30 Jahren besteht ein
    amerikanisches Leistungsbilanzdefizit, das nun auf einen Rekordwert steigen
    dürfte. Neben dieses tritt ein gewaltiges Haushaltsdefizit von laut Schätzung
    des Kongresses 17,9% des BIP im laufenden Jahr. So hoch war es in Friedenszeiten
    noch nie.

    Vor diesem Hintergrund ist es äußerst gefährlich, wenn der US-Präsident und
    seine unbedarften Berater mit Eifer an einer umfassenden internationalen
    Destabilisierung arbeiten, in der irregeleiteten Erwartung, dass sich damit die
    globale Vormachtstellung der USA dauerhaft sichern lässt. Dieser außenpolitische
    Harakiri-Kurs unterminiert letztlich das internationale Vertrauen in den Dollar.
    Es ist auffällig, dass sich eine Reihe von Ländern, und zwar nicht nur China und
    Russland, auf eine Zeit nach der Dollardominanz in der Weltwirtschaft
    vorbereiten und dazu ihre Goldvorräte stark hochfahren, während US-Treasuries
    von diesen Notenbanken verkauft werden.

    Sollte es zu dem von Roach erwarteten Crash des Dollar kommen, drohen den USA
    seiner Meinung nach eine Phase der Stagflation und ein tiefgreifender
    Wohlstands- und Kaufkraftverlust weiter Teile der Bevölkerung. Die
    Handelsbilanz- und Leistungsbilanzdefizite würden steigen - mit dem Unterschied
    zu heute, dass China nach einer von der US-Administration erwirkten Abkopplung
    nicht mehr zur Verfügung stehen wird, um Defizite zu finanzieren.

    Ob die gegenwärtige Dollarschwäche bereits der Einstieg in dieses Szenario ist,
    lässt sich noch nicht sagen. Dass der Dollar seine besten Zeiten als
    international dominierende Währung gesehen hat, ist aber klar.

    (Börsen-Zeitung, 18.07.2020)

    Pressekontakt:

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    Telefon: 069--2732-0
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