Frank Thelen
„Wie Tesla im Detail Buchführung macht, interessiert mich nicht“
Die Kritik an Tesla ebbt nicht ab: Shortseller-Legende Jim Chanos warf dem US-Elektroautobauer unlängst in der Financial Times unsaubere Bilanzpraktiken vor. Teslafahrer und Aktionär Frank Thelen sowie Finanzjournalist Klaus Brune nehmen zu Chanos Tesla-Kritik gegenüber wallstreet:online Stellung.
Tesla „poliert seine Ergebnisse durch eine aggressive Buchführung auf“ behauptete Jim Chanos kürzlich im Gespräch mit Financial Times (FT)-Journalistin Harriet Agnew. Außerdem herrsche bei Tesla eine „Kultur der Täuschung“, denn der E-Autobauer verkaufe seinen Kunden vermeintlich selbstfahrende Autos, die es aber bisher „gar nicht gebe“, so Chanos.
Teslafahrer und Tech-Investor Frank Thelen findet Chanos Tesla-Kritik nicht gerechtfertigt. Gegenüber wallstreet:online sagte er: „Allein die Aussage "This is a car company" zeigt, dass er Tesla nicht verstanden hat. Tesla ist eine Multi-Technology- und Produkt-Firma wie Google, Apple und Amazon. Es bleibt die größte Position in meinem Portfolio. Wie Tesla im Detail Buchführung macht, interessiert mich nicht. Ich glaube an den Gründer und CEO Elon Musk.“
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In einem Ende Juli veröffentlichen FT-Artikel geht Finanzjournalist Jamie Powell detaillierter auf den Vorwurf der „Bilanz- Mauscheleien“ bei Tesla ein. Ein zentrales Argument von Powell: Teslas
Gewinne stammten überhaupt nicht aus dem E-Auto-Verkauf, sondern aus dem Verkauf von Zero Emissions-Punkten.
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Tatsächlich offenbart ein Blick in den jüngsten Tesla-Geschäftsbericht, dass im zweiten Quartal 2020 von den 5,179 Milliarden US-Dollar Umsatz 428 Millionen US-Dollar aus dem Verkauf der Zero Emissions-Punkte stammten. Die sogenannten „Regulatory Credits“ werden von einigen US-Bundesstaaten an Hersteller von emissionsfreien Fahrzeugen vergeben. Die Punkte können anschließend legal an konventionelle Autohersteller weiterveräußert werden, welche diese benötigen, um Verbrenner in dem Bundesstaat verkaufen zu dürfen.
Jamie Powell wirft Tesla zudem vor, seine Bilanz künstlich aufzublähen indem besonders viele offene Forderungen an Kunden und Geschäftspartner als gegenwärtige Erlöse bilanziert würden. Ein Viertel des gesamten Umsatzes von Tesla im zweiten Quartal 2020 bestünde aus solchen unbezahlten Rechnungen. Das sei der höchste Stand seit sechs Jahren, so Powell.
Finanzjournalist Klaus Brune vom Börsenbrief Platow merkt an, dass „der Vorwurf des 'aggressive accountings' bei Tesla ja nicht neu sei. Schon 2019 wurde häufig von Bilanzexperten moniert, dass Tesla zum Beispiel durch willkürlich niedrig angesetzte Rückstellungen für Garantieschäden den Gewinn aufblähe.“ Die IFRS-Rechnungslegung gestehe Unternehmen jedoch innerhalb eines klaren Rahmens gewisse Freiräume zu. Sein Vertrauen in die US-Börsenaufsicht SEC sei ungebrochen. Deshalb gehe er davon aus, dass „Elon Musk keine unrechtmäßigen Bilanztricks durchzieht“, so Brune.
Autor: Ferdinand Hammer