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    ROUNDUP/Druck auf Libanons Regierung  118  0 Kommentare Weiterer Rücktritt nach Explosion

    BEIRUT (dpa-AFX) - Nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut und massiver Gewalt bei Protesten gegen die politischen Elite wird der Druck auf die libanesische Regierung immer größer. Mit Justizministerin Marie-Claude Nadschm erklärte am Montag ein weiteres Mitglied des Kabinetts von Regierungschef Hassan Diab seinen Rücktritt, wie der libanesische TV-Sender MTV berichtete. Diab wollte seinen Ministern am Montag eine vorgezogenen Neuwahl vorschlagen, um die Lage zu beruhigen und einen Weg aus der schweren Krise zu bahnen.

    Zuvor hatten am Sonntag bereits Informationsministerin Manal Abdel Samad und Umweltminister Damianos Kattar ihre Ämter aufgegeben. Die Regierung gerät mit dem Rücktritt immer stärker ins Wanken. Sollten vier weitere Minister zurücktreten, wäre sie aufgelöst.

    Viele Libanesen machen die Regierung für die verheerenden Explosion am vergangenen Dienstag mit mindestens 160 Toten und mehr als 6000 Verletzten verantwortlich. Sie soll durch große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein, die dort über Jahre ohne Sicherheitsvorkehrungen lagerten. Die Ermittlungen zur genauen Ursache der Katastrophe laufen jedoch noch.

    Justizministerin Nadschm begründete ihren Schritt mit der verheerenden Explosion und den Demonstrationen, wie MTV weiter berichtete. Sie war in der vergangenen Woche bei einem Besuch am Ort der Katastrophe von aufgebrachten Menschen beschimpft und mit Wasser bespritzt worden, wie auf einem Video in den sozialen Medien zu sehen war.

    Eine Trauer- und Protestkundgebung im Zentrum Beiruts war am Wochenende in Gewalt und Chaos umgeschlagen. Aufgebrachte Demonstranten wollten Absperrungen zum Parlament durchbrechen, Sicherheitskräfte setzen massiv Tränengas ein. Über Stunden kam es zu Zusammenstößen. Ein Polizist wurde nach offiziellen Angaben getötet, mehr als 200 Menschen erlitten Verletzungen. Aufgebrachte Demonstranten stürmten mehrere Ministerien.

    Diab hatte erst im Januar nach einer monatelangen Hängepartie das Amt des Regierungschef in dem Land am Mittelmeer übernommen. Er folgte auf Saad Hariri, der nach Massenprotesten Ende Oktober zurückgetreten war. Diabs Regierung wird unter anderem von der Iran-treuen Hisbollah unterstützt, die im Libanon extrem mächtig ist. Wegen einer schweren Wirtschaftskrise und der Corona-Pandemie sind in seiner Amtszeit große Teile der libanesischen Bevölkerung in die Armut abgerutscht.

    Die nächste Wahl stünde Libanon eigentlich erst 2022 an. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass auch eine vorgezogenen Neuwahl des Parlaments die Lage nicht beruhigen kann. Die Demonstranten verlangten bei den Protesten weitgehende politische Reformen.

    Entsprechende Forderungen sind auch aus dem Ausland zu hören. So will der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Libanon mit einem Rettungspaket helfen, verlangt dafür aber eine politische Einigung auf umfassende Reformen. Die Finanzorganisation sei bereit, ihre Bemühungen zu verdoppeln, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa.

    Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kündigte im Deutschlandfunk an, diesen Mittwoch in den Libanon zu reisen. Neben Soforthilfen, die bei einer Geberkonferenz am Sonntag gesammelt wurden, brauche das Krisenland darüber hinausgehende, längerfristige Unterstützung. Diese könne es aber nur geben, wenn auch Reformen eingeleitet würden, die seit langem angekündigt seien.

    Deutschland und Europa seien bereit zu helfen, sagte Maas. "Wir werden aber auch sagen, dass wir der Auffassung sind, dass dieses Land reformiert werden muss, dass die Korruption beendet werden muss und dass alle weiteren Mittel, die es gibt, etwa aus Europa, sicherlich auch daran geknüpft werden." Neuwahlen seien nun "das Mindeste", was die Bevölkerung erwarten könne.

    Der Iran warnte ausländische Staaten vor einer Einmischung im Libanon. "Die Explosion war ein großer und bitterer Vorfall und es ist daher verständlich, dass die Menschen aufgebracht sind und Konsequenzen fordern", sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Es gebe aber auch Anzeichen für Provokationen seitens ausländischer Staaten und Gruppen, die ihre eigenen illegitimen politischen Ziele im Libanon verfolgten. "Das ist inakzeptabel", sagte der Sprecher./wh/DP/fba





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