Insolvenz
Wenn eine Bank zumacht, dann…
Der Juni scheint kein guter Monat für innovative deutsche Finanzdienstleister zu sein. Am 25. Juni dieses Jahres musste der deutsche Börsenliebling Wirecard Insolvenz beantragen. Nur einen Tag später aber 46 Jahre früher traf es die Kölner Herstatt-Bank. Zwei Erfolgsgeschichten der Bundesrepublik Deutschland fanden in diesem Monat ihr Ende. In beiden Fällen testierten externe Prüfer nur wenige Monate vorher Bestnoten, spielten extrovertierte Personen die Hauptrolle und existierte ein System gegenseitiger Gefälligkeiten.
1955 gründete Iwan David Herstatt, Spross einer alt eingesessenen Kölner Unternehmerdynastie, die „Herstatt Bank“. Finanziell unterstützt wurde er dabei von seinen alten Schulfreund Hans Gerling, Patriarch der gleichnamigen Versicherungsgesellschaft. Bestens vernetzt in der rheinländischen Gesellschaft entwickelt sich die Privatbank in den folgenden Jahrzehnten zu einer guten Adresse. 1974 betreute die Bank mehr als 52.000 Kunden. Bereits 1958 begann Danny Dattel, ein Name wie aus einer Daily Soap, seine Banklehre bei Herstatt. Als Kleinkind 1944 nach Ausschwitz verschleppt machte er schnell Karriere in dem jungen Bankhaus. Was Jan Marsalek als Vorstand für Wirecard werden sollte, war Danny Dattel für Herstatt. Zwei Superstars im Unternehmen, die irgendwann Opfer ihres Erfolges wurden und sich dabei am Ende über Regeln und Gesetze hinwegsetzten.
Gold und Devisen brachten den Gewinn
Ende der 60er Jahre wurde Danny Dattel mit gerade einmal 31 Jahren Chefdevisenhändler der Bank. Eigentlich wollte er Schauspieler werden und das durchaus vorhandene Talent konnte er scheinbar gut einsetzen. Er wurde ein gefragter und sachkundiger Gesprächspartner über Goldgeschäfte in der lokalen Presse und bei dem noch jungen Westdeutschen Rundfunk. 1971 wurde das System der festen Wechselkurse aufgegeben und das Geschäft an den Devisenmärkten trat in eine neue Phase ein. Ab jetzt bestimmte der Markt den Preis von Währungen. Das Devisengeschäft der Bank ließ die Bilanzsumme der Bank explodieren. 1974 betrug die Bilanzsumme bereits mehr als 2 Milliarden Mark. Herstatt verkündete auf der letzten Bilanzpressekonferenz stolz: „Gold und Devisen brachten den Gewinn.“
Danny und seine Goldjungs
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Die Devisenabteilung der Bank bestand aus sechs jungen Devisenhändlern in ihren Zwanzigern. Herstatt sprach gerne von Danny und seinen „Goldjungs“. Die Mitarbeiter der Bank nannten den mit den Computern seiner Zeit vollgestopften futuristischen Handelsraum ehrfürchtig „Raumschiff Orion“. Über den Stammsitz der Bank, gelegen auf der biederen Kölner Bankenmeile Unter Sachsenhausen, wehte für wenige Jahre ein Hauch von Wall-Street. Denn das kleine Team der Kölner Privatbank spielte beim Spiel der ganz großen Banken mit. Pro Geschäftstag wurden zeitweise im Durchschnitt rund 180 Geschäfte mit einem Volumen von über 4 Mrd. DM abgeschlossen. Danny Dattel spekulierte im Wesentlichen mit seinem Team auf einen fallenden Dollar. In der Anfangsphase noch sehr erfolgreich, denn der Dollar fiel nach dem Ende des Bretton-Woods-Systems und füllte die Kassen des Bankhauses.
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