Aktie erholt sich
Unternehmensgründer Grenke meldet sich doch noch: Franchisesystem „wesentlicher Erfolgsfaktor“
Die Grenke-Aktie hat sich am Donnerstag erholt, nachdem der Kurs in den Tagen zuvor zeitweise um mehr als die Hälfte gefallen war. Das Unternehmen aus Baden Baden ging am dritten Tag nach der Veröffentlichung der Anschuldigungen der Shortseller von Viceroy Research in die Offensive. Eine eigene „Taskforce“ soll die Vorwürfe entkräften, hieß es in einer Pressemitteilung. Ein Statement von Unternehmensgründer und Aufsichtsrat Wolfgang Grenke ließ am Nachmittag lange auf sich warten.
Die Grenke AG ist ein Leasinganbieter für kleine und mittelständische Unternehmen. Kunden leasen beispielsweise Hardware und Software für das Büro oder auch E-Bikes über Grenke. Mit diesem Geschäft ist der MDax-Konzern in 33 Ländern aktiv. Über die Grenke Bank, die Einlagen von 1,3 Milliarden Euro verwaltet, bietet das Unternehmen außerdem Kredite, Konten und Kreditkarten an.
Grenke wickelt seine Leasinggeschäfte über Franchise-Unternehmen ab. „Kern des Franchisesystems ist weniger die Vereinnahmung von laufenden Franchisegebühren als vielmehr das Recht (nicht die Pflicht) der Grenke AG, die Franchisegesellschaften nach Ablauf von vier, fünf oder sechs Jahren zu übernehmen“, schreibt Wolfgang Grenke in einer Erklärung, die am Donnerstag mit einstündiger Verspätung veröffentlicht wurde.
Viele der Franchise-Unternehmer sind ehemalige Grenke-Mitarbeiter. Viceroy wirft Grenke vor „ein betrügerisches Schema im großen Stil“ zu betreiben. Der Vorwurf lautet, dass die Baden-Badener die Franchise-Unternehmen zu überteuerten Preisen über eine Beteiligungsgesellschaft von Wolfgang Grenke kaufen.
Grenke selbst verteidigt hingegen diese Praxis. „Das Franchisesystem ist einer der Erfolgsfaktoren der Grenke AG und einer der wesentlichen Treiber für die Expansion der letzten 10 Jahre wie auch für unser künftiges Wachstum“, so das Grenke-Statement weiter.
Lesen Sie auch
Hinter Viceroy steckt Fraser Perring – der Shortseller, der unter anderem für seine Recherchen im Fall Wirecard berühmt wurde.
Klaus Brune, Leiter des Börsenressorts beim Platow-Verlag, mahnt angesichts der schweren Vorwürfe zu Vorsicht. „Hier ist der gesamte Finanzplatz Deutschland gefragt. Wirecard, Betrugsvorwürfe gegen Winterkorn, jetzt Grenke unter Bilanz-Manipulationsverdacht – es drängt sich der Eindruck auf, dass sich solche Fälle in Deutschland häufen“, so Brune im Gespräch mit wallstreet:online.
Der Experte mahnt bei der Aufklärung zur Eile. „Das Unternehmen muss schnell, umfassend, verlässlich und offen alle Vorwürfe adressieren und ausräumen. Der Liquiditätsvorwurf müsste eigentlich rasch aus der Welt geräumt werden können“, so Brune. „Wenn es da Verzögerung gibt, Alarmsignal! Eine zu hohe Bewertung von Unternehmen? Das sollten Bilanzprüfer schnell ausräumen können. Wichtig ist: schnell, umfassend, offen.“
Entscheidend sei auch wie die Aufsichtsbehörden jetzt reagieren und ob man aus dem Fall Wirecard gelernt habe. „BaFin und die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung müssen umfassend und mit der notwendigen Manpower – nicht wie bei Wirecard – und offen in alle Richtungen prüfen und Missstände sanktionieren“, sagt Brune. „Der Anfang ist gemacht, die BaFin hat Ermittlungen in alle Richtungen angekündigt.“
Autor: Julian Schick, wallstreet:online Zentralredaktion