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     1285  5 Kommentare Tu felix Asia?

    Es gibt da eine Gruppe von jungen Frauen in Berlin, die sich schon mächtig darauf freut, bald wieder nach Asien fliegen zu können, nach Japan, Singapur und Südkorea.

     

    Warum das?, habe ich gefragt. Weil das Leben für sie dort so frei sei. Man könne ganz entspannt abends ausgehen, ohne Sorge zu haben, von arabischen Jungmännern angestarrt, angemacht und verfolgt zu werden. Dort hätten sie überhaupt keine Angst, während hier nicht nur jede S-Bahn-Fahrt eine Gratwanderung wäre.

     

    Und wenn man mal sein Handy oder sein Laptop irgendwo liegen lässt, dann wäre es hinterher immer noch da. So etwas stehle dort niemand. Von allem anderen im Moloch Berlin einmal abgesehen.

     

    Tja. Ich nehme das einfach einmal in mir auf. Und kann mir gut vorstellen, dass da etwas dran ist. Andererseits sind das dort aber auch sehr traditionelle Gesellschaften, in denen es Frauen bestimmt schwerer haben werden als bei uns. Und es wird auch wesentlich mehr und härter gearbeitet als bei uns.

     

    Doch so war Deutschland ja auch einmal. Bis es langsam angefangen hat, zu verkommen.

     

    Erstaunlicherweise fällt mir genau in diesen Tagen das neue Buch „Wettkampf um die Klugen“ von Gunnar Heinsohn in die Hände, in dem er das Hohelied auf Asien singt. Ich erinnere mich noch gut an sein Buch „Privateigentum, Patriarchat, Geldwirtschaft“ aus dem Jahr 1984. Damit hat bei mir damals alles angefangen.

     

    Da war der Keim gesetzt für ein alternatives Verständnis der Ökonomie. Heute nun wandelt Heinsohn auf anderen Pfaden, hat seine Grundfeste jedoch nicht verlassen. Entscheidend für den Erfolg eines Landes sind bei ihm die möglichst freie Verfügung über Eigentum, Unternehmergeist und die kognitiven Fähigkeiten der Bevölkerung.

     

    Die Kompetenzforschung, zitiert Heinsohn, unterteilt die Welt in drei Gebiete: Die Musterschüler sind die 1,75 Milliarden Einwohner in Ostasien, Mittelmaß regiert in Nordamerika und Europa bei 1,15 Milliarden Menschen und die restlichen 4,7 Milliarden bekommen zwar drei bis sechs Kinder pro Frau, haben auf den Weltmärkten jedoch keinerlei Chancen.

     

    Interessant und erneut brandaktuell ist, wie klar Heinsohn die Unterschiede zwischen Nordamerika und Europa formuliert. Denn während die Angelsachen Kompetenznachweise von Zuwanderern vor dem Hereinlassen verlangen, setzt Westeuropa auf seine Willkommenskultur und alle Hoffnung auf sein Bildungssystem. Bisher allerdings vergeblich.

     

    Tja, so sieht die Welt derzeit wohl aus.

     

    Und wie wird sie in 50 Jahren aussehen? Ich muss gestehen, froh zu sein, das selbst nicht mehr zu erleben. Wenn ich mir nur das Berliner Abitur anschaue, wird mir schlecht. Natürlich gibt es trotz dieser Katastrophe findige junge Menschen, die Erfolg haben werden. Doch ob das reicht?

     

    Nun ist natürlich die Wirtschaft nicht alles, kann man an dieser Stelle einwenden. Das ist sicher richtig, doch ohne Wirtschaft ist alles ein Nichts. Allein von der Flüchtlingsrettung, dem Klimaschutz und dem Gelddrucken werden wir in der EU nicht leben können.

     

    Dafür haben wir jedoch unsere Demokratie. Und wie sieht es da in Asien aus? Die erfolgreichen Tigerstaaten haben hier sicher andere Modelle, bei denen es ebenfalls mehr um wissenschaftlich-technische Kompetenz und Know-how geht. Basisdemokratien wie bei uns gibt es dort eher nicht.

     

    Das ist natürlich ein Nachteil. Wobei ich mich allerdings frage, ob spiegelbildlich dazu die Inkompetenz unserer politischen Elite wirklich ein Standortvorteil ist?

     

    berndniquet@t-online.de

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Tu felix Asia? Weniger Bedrohungen und größerer wirtschaftlicher Erfolg