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    GRENKE IM FOKUS  402  0 Kommentare Finanzdienstleister im Visier von Shortsellern

    BADEN-BADEN (dpa-AFX) - Der Finanzdienstleister und Leasingspezialist Grenke steht im Fadenkreuz von Leerverkäufern. Diese verbreiten Anschuldigungen und machen mit dem Kursrutsch der Aktie an der Börse Kasse. Ob von der Kritik tatsächlich etwas stimmt bleibt unklar, das Unternehmen weist die Vorwürfe vehement zurück und will sie unter anderem durch ein Sondergutachten aus der Welt schaffen. Doch liegt der dramatische Absturz des inzwischen insolventen Zahlungsabwicklers Wirecard noch nicht lang genug zurück, um bei den Börsianern nicht böse Erinnerungen wach werden zu lassen. Zur Lage bei Grenke, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.

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    Trotz Notierung im Mittelwerteindex MDax wurde der Grenke AG bislang eher geringe Aufmerksamkeit in der Wirtschaftspresse zuteil. Das mag auch daran liegen, dass Grenkes Geschäftsmodell zumindest auf den ersten Blick wenig eingängig daherkommt.

    1978 gründete Wolfgang Grenke als Student für Wirtschaftsingenieurwesen das Unternehmen in seinem Geburtsort Baden-Baden. Seine Geschäftsidee: Leasingverträge für damals zunehmend von Firmen benötigte Ausstattung wie Computer, Telefonanlagen und Kopierer. Der Konzerngründer ist zum vierzigsten Jubiläum seines Unternehmens vor zwei Jahren in den Aufsichtsrat gewechselt. Vorstandschefin ist seither Antje Leminsky.

    Das Geschäft des sogenannten Small-Ticket-Leasing, also Leasing-Verträge für Gegenstände von kleinerem Wert, macht mittlerweile nur noch einen Teil des inzwischen in 32 Ländern agierenden Grenke-Konzerns aus - der 2016 das Wort Leasing aus dem Firmennamen strich. Zum Unternehmen gehört heutzutage auch eine Bank. Sie bietet neben Geschäftsgirokonten, Festgeld und Krediten auch das sogenannte Factoring an. Eine Factoring-Firma kauft anderen Unternehmen üblicherweise deren Forderungen gegenüber Kunden ab und kümmert sich dann - gegen Provision - selbst um die Abwicklung der Zahlungen.

    Dem Geschäftsbericht zufolge erwirtschaftete der Konzern im Jahr 2019 weltweit mit knapp 1700 Beschäftigten einen Konzerngewinn von 142 Millionen Euro. 2020 sollten es nach ursprünglichen Planungen noch mehr sein, doch Corona macht wohl einen Strich durch die Rechnung. Zahlungsausfälle und eine höhere Risikovorsorge ließen den Gewinn in den ersten beiden Quartalen einbrechen. Bereits im April strich der Vorstand seine Jahresziele. Im Juni sprach Grenke immerhin von einer Belebung der Geschäfte.

    Nach dem Virus macht nun jedoch der nächste Angreifer dem Konzern aus Baden-Baden das Leben schwer. Die Vorwürfe der Investorengruppe Viceroy Research lauten auf angeblichen Betrug, Bilanzfälschung und Geldwäsche. Das garnierten die gefürchteten Shortseller mit Kritik am Geschäftsmodell und der Unternehmensführung.

    Shortseller wie Viceroy gelten nicht als der Robin Hood der Kleinanleger, selbst wenn sie sich als solcher ausgeben. Hinter der Firma steht Fraser Perring, der 2016 den Zahlungsdienstleister Wirecard mit dem berühmt-berüchtigten Zatarra-Report angriff. Das wilde Sammelsurium an Vorwürfen verpuffte jedoch damals, bevor Wirecard im vergangenen Jahr von der "Financial Times" angegangen wurde, die mit dem Material eines Whistleblowers letztlich den Sturz des Tech-Aufsteigers einleitete.

    Vorgeknöpft hat sich Viceroy aber in der Vergangenheit auch andere, etwa den Medienkonzern ProSiebenSat.1 und die Pharmafirma Sorrento Therapeutics. Auch der Handelskonzern Steinhoff , ebenfalls vor ein paar Jahren in einen Bilanzskandal verwickelt, steht auf Viceroys Liste.

    Auf ihrer Internetseite verteidigt die Firma Viceroy Research ihr Tun mit dem angeblichen öffentlichen Interesse, räumt aber auch unverblümt ein, dass sie selbst von fallenden Aktienkursen durch eigene Positionen profitieren könnte. Der 64 Seiten lange Bericht zu Grenke spiegele die Meinung der Autoren wider. Er sei aber Ergebnis einer fundierten Recherche, gespeist aus angeblich offiziellen und verlässlichen Informationsquellen. Grenke-Aktien habe Viceroy leerverkauft.

    Grenke selbst konterte und wies sämtliche Vorwürfe und Anschuldigungen als unbegründet zurück. Nachdem Unternehmensgründer Wolfgang Grenke sich zuvor bereits in einem kurzen Statement geäußert hatte, teilte der Leasingkonzern am Freitagnachmittag dann mit, dass der Aufsichtsrat den bestehenden Abschlussprüfer KPMG mit einer Prüfung beauftragt habe. Ein Sondergutachten soll nun Klarheit bringen.

    Am Montag legte die Grenke AG nach: So prüft der Leasingspezialist nun die Integration seines stark kritisierten Franchisesystems in den Konzern. Wolfgang Grenke, bis dato stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, biete dabei die Übernahme der von der Gesellschaft CTP gehaltenen Beteiligungen an den Franchisegesellschaften an. Den möglichen Erwerb will der Konzern von einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft prüfen lassen. Ebenso sollen Franchise-Übernahmen der Vergangenheit durchleuchtet werden.

    Wolfgang Grenke will wegen möglicher Interessenkonflikte sein Aufsichtsmandat ruhen lassen, bis die Vorwürfe ausgeräumt sind. Die Familie Grenke bekannte sich unterdessen zu dem Unternehmen und will ihr Aktienpaket von 40,84 Prozent langfristig halten.

    Das Franchisesystem nutzt Grenke zur Expansion in neue Märkte. Die Kapitalmehrheit der Unternehmen liegt den Angaben zufolge bislang bei verschiedenen Finanzinvestoren, darunter der CTP Handels- und Beteiligungs GmbH (CTP), deren indirekter Eigentümer seit Februar 2020 Wolfgang Grenke ist. Nach etwa vier bis sechs Jahren erwirbt Grenke die Franchise-Unternehmen. Der Grenke-Konzern erwägt jetzt, bereits mit Gründung Gesellschafter der Franchise-Unternehmen zu werden.

    Obwohl der Konzern in seiner Verteidigungsstrategie derzeit auch auf die Widerlegung der Anschuldigungen durch Gegenbehauptungen setzt, ließen sich diese bislang nicht problemlos nachprüfen. Die Bundesbank beispielsweise wollte die Angaben zu den Grenke-Geldern, die laut der MDax-Firma auf ihren Konten liegen, nicht kommentieren. Grenke erwägt rechtliche Schritte gegen Viceroy. Auch die Bafin hat sich eingeschaltet: Die Finanzaufsicht will prüfen, ob Grenke oder andere den Preis der Aktie manipuliert haben.

    DAS MACHT DIE AKTIE:

    Den Kurs der Grenke-Aktie haben die Anschuldigungen von Viceroy in nur wenigen Tagen buchstäblich zerhackt. Seitdem die ersten Vorwürfe auftauchten, sank der Börsenwert des Unternehmens um knapp eine Milliarde Euro auf rund 1,6 Milliarden Euro. Vom Schlusskurs am vergangenen Montag bei 55 Euro sind inzwischen noch rund 33 Euro übrig. Zeitweise war die Aktie sogar bis auf 23,92 Euro gesackt - der tiefste Stand seit knapp sechs Jahren.

    Dabei lief es für das Papier, das im Juni 2019 vom SDax in den MDax aufstieg, auch ohne den Angriff durch Viceroy schon nicht rund. Zunächst noch hatte der allgemeine Aufwind an den Börsen die Aktie im Februar in Richtung ihres bisherigen Rekordhochs aus dem Jahr 2018 bei 107,30 Euro geschoben.

    Doch der Corona-Crash brachte die abrupte Kurswende: Vom erreichten Top-Niveau bei mehr als 104 Euro fiel das Papier auf 40,50 Euro im März ab. Die pandemiebedingt schwachen Quartalsergebnisse standen einer nachhaltigen Kurserholung entgegen. Die Aktie wurde im Post-Crash-Zeitraum zu einer der schwächsten im Mittelwerteindex.

    Treue Grenke-Aktionäre müssen deshalb aktuell gute Nerven haben. Der Kursverlust seit Februar hat sich inzwischen auf rund 70 Prozent summiert.

    DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

    Auch die Analystengemeinde ist unruhig. Der Fall Wirecard war für die Zunft eine Blamage. Lange hatte sie an die Beteuerungen des Zahlungsabwicklers geglaubt und bis kurz vor dem Auffliegen des Skandals noch hohe Kursziele aufgerufen. Offenbar wollen sich nun einige Experten nicht noch einmal die Finger verbrennen: Mit Kepler, Warburg und der NordLB setzten gleich drei Analysehäuser ihr Votum in der vergangenen Woche aus - sie wollen zunächst abwarten, bis mehr Licht ins Dunkel kommt.

    Die Attacke von Viceroy Research sei vom Zeitpunkt her perfekt gewesen und gut vorbereitet worden, hatte Warburg-Analyst Marius Fuhrberg zuvor geschrieben. Auch wenn sich einige der Anschuldigungen kaum beweisen lassen dürften, müsse das Unternehmen vieles klar stellen, was kurzfristig kaum möglich sein dürfte. Es sei nicht zu leugnen, dass sowohl die Unternehmensstruktur als auch die Bilanz komplex und verwirrend erscheine.

    Damit trauen sich von den im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten derzeit noch vier Häuser ein Votum zu, die sich zuletzt jedoch vor dem Bekanntwerden der Viceroy-Vorwürfe zu der Aktie äußerten. Dabei halten sich jeweils zwei Kauf- und zwei Halten-Empfehlungen die Waage. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 68,75 Euro - also auch noch deutlich über dem erreichten Niveau, bevor die Gerüchte den Kurs zusammenstutzten.

    Commerzbank-Analyst Christoph Blieffert erklärte, dass einige der Vorwürfe eigentlich nichts Neues seien. Schon länger sorgt sich der Experte um die Qualität des Kredit- und Leasingportfolios, da der Anteil risikobehafteter und von Zahlungsausfällen bedrohter Verträge erheblich zugenommen habe. Dies sei ein Schwachpunkt des Unternehmens. Zudem sieht er einen Interessenskonflikt zwischen Mehrheits- und Minderheitsaktionären bei Grenke, der einer Aufklärung bedürfe.

    Aus Sicht von Blieffert steht für Grenke einiges auf dem Spiel: Das Unternehmen müsse nun "unter allen Umständen" einen Vertrauensverlust seiner Gläubiger sowie der Ratingagentur Standard & Poor's vermeiden, folgert er - denn mehr als die Hälfte der Grenke-Bilanz sei durch erstrangige Anleihen ohne Sicherheit (Senior Unsecured Funding) finanziert./tav/eas/men/jha/




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