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    US-WAHL/ROUNDUP 3  125  0 Kommentare TV-Debatte von Trump und Biden lässt verärgerte Wähler zurück

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    CLEVELAND (dpa-AFX) - Wenig Debatte, dafür viele persönliche Attacken - das erste Fernsehduell zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden hat offensichtlich viele amerikanische Bürger genervt. Vor der Präsidentenwahl am 3. November gaben die Kontrahenten einen Vorgeschmack, auf welchem Niveau und mit welcher Härte in den kommenden knapp fünf Wochen um den Einzug ins Weiße Haus gekämpft wird.

    Kommentatoren charakterisierten das erste von drei Duellen als chaotisch und einer Demokratie wie den USA für unwürdig. Erste Umfragen der Fernsehsender dokumentierten diese Unzufriedenheit.

    Vor allem Trump (74) fiel Biden (77) immer wieder ins Wort und ließ ihn nicht ausreden. Der 77-jährige Demokrat hielt dagegen und leistete sich anders als im bisherigen Wahlkampf keine Aussetzer. Stattdessen attackierte er und bezeichnete Trump in den etwas mehr als 90 Minuten als "Rassisten", "Lügner", "Putins Welpen" und "den schlechtesten Präsidenten, den Amerika je hatte".

    Trump weigerte sich vor dem riesigen TV-Publikum zu versprechen, dass er sich nicht vor dem offiziellen Wahlergebnis zum Sieger erklärt. Biden tat das. Auch wollte Trump weiße rassistische Gruppen nicht ausdrücklich verurteilen.

    Das Konzept der TV-Debatte war eigentlich, jeweils 15 Minuten lang sechs Themenblöcke zu diskutieren. Der Moderator stellt eine Frage, die Kandidaten haben jeweils zwei Minuten für ihr Statement, es folgt eine offene Diskussion. Doch diese Struktur fiel schnell auseinander.

    Dem Moderator und erfahrenen TV-Journalisten Chris Wallace entglitt schnell die Kontrolle - vor allem weil er es kaum schaffte, Trump zur Ordnung zu rufen. "Herr Präsident, lassen Sie ihn ausreden", appellierte er. Trump sorgte mit seinen Zwischenrufen dafür, dass Biden viele Gedanken nicht zu Ende bringen konnte.

    Der ehemalige Vizepräsident reagierte meist mit Kopfschütteln und einem ironischen Lächeln. "Würden Sie mal die Klappe halten, Mann?", fragte er an einer Stelle. "Es ist schwer, mit diesem Clown auf den Punkt zu kommen", beschwerte er sich und ließ sich von der Trump-Taktik nicht aus der Fassung bringen.

    Bei den Zuschauern kam das Spektakel nicht gut an. Befragt nach ihrem überwiegenden Gefühl beim Anschauen der Debatte antworteten in einer CBS-Blitzumfrage in der Nacht zum Mittwoch mehr als zwei Drittel (69 Prozent), die Diskussion habe sie vor allem verärgert. 48 Prozent sahen Biden als Gewinner der Debatte und 41 Prozent Trump. In einer Umfrage des Nachrichtensenders CNN war das Verhältnis 60 Prozent zu 28 Prozent für Biden. Im Saal in Cleveland (Bundesstaat Ohio) waren einige Dutzend Zuschauer, sie mussten sich aber leise verhalten.

    Moderator Wallace wählte als erstes Thema die Neubesetzung des Postens der verstorbenen Richterin Ruth Bader Ginsburg am Obersten Gericht der USA aus. Daraus wurde schnell eine Debatte über das Gesundheitswesen in den USA, nachdem Biden argumentiert hatte, dass mit der von Trump vorgeschlagenen Richterin Amy Coney Barrett die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama zu Grabe getragen würde. Nach Trumps Behauptungen über angebliche Pläne der Demokraten, die private Gesundheitsversorgung abzuschaffen, platzte Biden zum ersten Mal der Kragen: "Alles, was er bisher sagte, ist einfach gelogen." Jeder wisse, dass Trump ein Lügner sei.

    Dieses Muster - Trump unterbricht und stellt ungedeckte Behauptungen auf, Biden schlägt zurück - bestimmte die Debatte. Auch bei einer zentralen Frage für die USA - der Umgang mit der Corona-Krise - lief es ähnlich. "Er will einen Shutdown dieses Landes, und ich will es offen halten", sagte Trump. Biden konterte, Trump habe sich "völlig unverantwortlich" verhalten und so Tausende gefährdet. Biden betonte, dass er als Präsident zum Tragen von Masken ermutigen würde, weil das viele Menschenleben retten könne. Trump warf ein, dass einige den Nutzen von Masken bestreiten. "Keine ernsthafte Person hat das Gegenteil behauptet", hakte Biden ab. Die Pandemie kostete in den USA bislang mehr als 200 000 Menschen das Leben.

    Mit dem Vorwurf, dass Trump Kremlchef Wladimir Putin nicht die Stirn biete, preschte Biden im Zusammenhang mit Berichten über angebliche Kopfgelder Russlands auf US-Soldaten in Afghanistan vor. "Er ist Putins Welpe", sagte Biden. Bestätigt wurden die Berichte bisher nicht.

    Trump weigerte sich, ausdrücklich weiße rassistische Gruppen wie die Proud Boys zu verurteilen. "Wen soll ich verurteilen?", fragte er Moderator Wallace. "Proud Boys - haltet euch zurück und haltet Euch bereit", sagte Trump danach ("stand down and stand by").

    Der Satz sorgte unter US-Kommentatoren für Stirnrunzeln. Trumps Sohn Donald Trump Jr. sagte nach der Debatte im TV-Sender CBS, dass sein Vater sich wohl versprochen habe. Biden verwies mit einem Retweet darauf, dass die Proud Boys Trumps Äußerung im Netz feierten.

    Trump stellte Bidens Intellekt in Frage. Nachdem der Herausforderer sagte, die USA müssten im Umgang mit der Corona-Krise smarter werden, fuhr der Präsident ihn an: "Verwenden Sie nie das Wort smart bei mir. Verwenden sie nie dieses Wort. An Ihnen ist nichts smart, Joe."

    Biden ließ sich von Trump nicht in eine Ecke mit "extremen Linken" stellen. Der Präsident behauptet immer wieder, dass Biden deren "Marionette" sei. "Ich bin jetzt die Demokratische Partei", konterte Biden. "Die Plattform der Demokratischen Partei ist das, was ich gutheiße."

    Biden nutzte den Wirtschaftsteil der Debatte, um sich direkt an die Wähler zu wenden. In der Corona-Krise sei es Millionären und Milliardären wie Trump gut ergangen, "aber Ihr Leute zuhause, wie geht es Euch?", sagte Biden in die Kamera. Es ist ein klassischer Zug in TV-Debatten in Amerika, seit der damalige Kandidat Ronald Reagan 1979 die Zuschauer aufrief, darüber nachzudenken, ob es ihnen besser gehe als vor vier Jahren. Trump wiederholte unterdessen, dass er die beste Wirtschaft in der Geschichte des Landes aufgebaut habe.

    Ein eher überraschender Moment kam, als Trump in der Debatte den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel einräumte - zumindest teilweise. Auf die Frage, ob er glaube, dass Umweltverschmutzung und Treibhausgase zur Erderwärmung beitrügen, sagte er: "Viele Dinge tun das, aber in einem gewissen Ausmaß: ja." Trump sagte, die Waldbrände an der US-Westküste hätten ihre Ursache auch darin, dass dort anders als in Europa keine ausreichende Forstwirtschaft betrieben werde./so/DP/zb





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