Mehr Daten sind auch keine Lösung
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
ein altes Klischee über Ökonomen zeigt diese als bedächtige Zeitgenossen, die einmal im Monat oder gar einmal pro Quartal Wirtschaftsdaten erhalten und analysieren. Das ist natürlich Unfug, aber die Corona-Pandemie hat die Welt der Ökonomen dennoch gehörig durcheinandergebracht.
Die Unzulänglichkeiten herkömmlicher Daten
Tatsächlich begnügten sich die Ökonomen jahrzehntelang mit Daten, die bestenfalls monatlich, aber zum Teil mit mehrwöchiger Verspätung veröffentlicht und später noch mehrfach korrigiert wurden. Bisher waren diese großen Abstände und längeren Verzögerungen kein großes Problem für die Ökonomen. Konjunkturzyklen sind sehr lang; sie dauern oft mehrere Jahre – da sind Monatsdaten schon ein recht kurzes Zeitfenster. Die Analysten hatten daher eher das Problem, zu große Schwankungen zwischen einzelnen Datenpunkten auszugleichen, z.B. durch Kalender- und Saisonkorrekturen.
In der Corona-Krise wird das alles aber auf den Kopf gestellt. Weil die Krise ohne historisches Vorbild ist – eine amtlich verordnete „Vollbremsung“ der Wirtschaft gab es bisher nicht – bilden selbst Monatsdaten die Ist-Situation nicht mehr annähernd ab. Wie auch, wenn anfangs täglich neue politische, medizinische und sonstige Informationen und Daten neue Maßnahmen erforderten? Wie Trader an der Börse wünschen sich daher auch die Ökonomen Real-Time-Daten, die ihnen die Lage zumindest Tag für Tag verdeutlichen. Und solche Daten gibt es tatsächlich.
Schon das jahrelange Misstrauen gegenüber den offiziellen Konjunkturdaten aus China hat manche Analysten bewogen, zu unkonventionellen Daten zu greifen. Satellitenbilder lieferten z.B. wichtige Informationen über Industrieregionen, Baustellen oder Rohstofflager, werteten die Verkehrsdichte von Bahn- und Straßenverbindungen oder die Zahl der Pendler in großen Industriegebieten aus. Der Stromverbrauch oder die Zahl der erleuchteten Bürofenster waren weitere alternative Indikatoren.
Das Grundproblem bleibt
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Aus diesem Arsenal – und vielen weiteren Daten, die inzwischen zur Verfügung stehen – können sich die Analysten auch in der Corona-Krise bedienen. Die Zahl der Kräne auf Baustellen (und ihre Bewegungen) liefern z.B. Aufschluss über die Bautätigkeit, LKW-Mautdaten lassen auf die Transportdichte (und in Deutschland auch auf die Industrieproduktion) schließen, Passagierzahlen von Flugzeugen, Bahnen oder Bussen oder Hotelbelegungsraten geben weitere Hinweise über die Wirtschaftslage.
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