Interview mit Rainer Schorr
Berlin verschiebt sich nach Südosten
Interview mit dem Immobilienexperten Rainer Schorr zu den Effekten der BER-Eröffnung auf die lokale Wirtschaft und die Immobilienmärkte
Interview mit dem Immobilienexperten Rainer Schorr zu den Effekten der BER-Eröffnung auf die lokale Wirtschaft und die Immobilienmärkte
Herr Schorr, wann haben Sie das erste Mal eine Investitionsentscheidung mit Blick auf die BER Eröffnung getroffen?
Berlin hat lange auf den Flughafen warten müssen. Für mich ist er erst seit 2018 konkret als wir das erste Grundstück in unmittelbarer BER-Nähe erworben haben. Davor war die mögliche Eröffnung als Argument virulent, aber ich hätte keine Entscheidung von großer wirtschaftlicher Tragweite auf die Inbetriebnahme abgestellt. Seit etwa zwei Jahren aber herrscht Klarheit. Zwar hätte sich die Eröffnung noch um einige Monate nach hinten verschieben können, für eine Grundstücksentwicklung in der Größenordnung, wie wir sie planen, wäre das aber ein überschaubarer Zeitraum gewesen.
War das nicht etwas konservativ gedacht?
Die Erfahrungen mit dem BER zeigen, dass ein konservativer Ansatz prinzipiell richtig ist. Die öffentliche Hand bleibt als Auftraggeber in Bezug auf die Fertigstellung und die Budgetierung komplexerer Bauvorhaben nur ausnahmsweise im Plan. Dass es aber nach der zunächst angesetzten Eröffnung noch weitere acht Jahre bis zum ersten Start dauern würde, hat niemand ahnen können. Wir haben 2018 als Einstiegsdatum gewählt, weil die Gewerbeflächennachfrage insgesamt in der Region deutlich angestiegen war und zu diesem Zeitpunkt ein spürbarer Mangel an baureifen Grundstücken herrschte. Damit wurde die Baulandentwicklung auch zu einem wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung des Standortes.
Aufgrund der Coronavirus-Krise wird es anfangs nur wenige Passagiere am BER geben. Wird dies das Wachstum vor Ort etwas dämpfen?
Die aktuell schwierige Situation wirkt sich natürlich auch auf das Investitionsklima aus. Insbesondere bei Gewerbeanmietungen halten sich die Interessenten aktuell zurück. Die Unternehmen sondieren, wie sich der momentane Rückgang der Wirtschaftsleistung und der Trend zum Homeoffice auf ihren Flächenbedarf auswirken. Dass die Verantwortlichen keine vorschnellen Entscheidungen treffen wollen, ist nur verständlich. Anderseits ist das Angebot natürlich begrenzt. Bei den Projektentwicklern ist das jetzt schon spürbar. Wer hier nicht bald eine Investitionsentscheidung trifft, wird kein Vorhaben im Umfeld des BER mehr realisieren können.
Welche Industrien werden sich im Umfeld des BER ansiedeln?
Neben Unternehmen, die unmittelbar für den Betreib der Airlines arbeiten, kommen auch Industrie- und Beratungsunternehmen mit einem insgesamt hohen Mobilitäts- und Transportbedarf infrage. Sie ersparen sich zusätzliche Wege in die Stadt oder zu anderen Standorten, was deutlich zur Kostenreduktion und zu Effizienzsteigerungen beträgt. Hinzu kommen beispielsweise Bürodienstleister, die Tagungs- und Konferenzräume anbieten und natürlich viele Luftfracht- und Logistikunternehmen. Hier darf man überdies gespannt sein, welche Synergien es mit der Gigafabrik von Tesla gibt. Die ist bekanntlich nur 25 Kilometer vom BER entfernt und bringt noch mal zusätzlich 12.000 Arbeitsplätze in die Region. Beim BER geht die öffentliche Wirtschaftsförderung aktuell von 85.000 Arbeitsplätzen im näheren