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    LAW APOYNT  5790  4 Kommentare Digitalisierte Rechtsberatung in Zeiten der Krise: Experteninterview mit CEO & Rechtsanwalt Andreas Duckstein

    Bild: Andreas Duckstein CEO & Rechtsanwalt LAW APOYNT

    Die Digitalisierung hält in allen Bereichen der Industrie und Wirtschaft Einzug, so auch in der Juristerei. Wie haben Sie es geschafft, sich auf diesem Feld als verlässlicher und kompetenter Ansprechpartner für Kanzleien und Rechtsabteilungen zu etablieren?

    Ich bin da von Anfang an in einer besonderen Stellung gewesen. Einerseits bin ich Gründer und Partner einer volldigitalisierte Kanzlei, die sehr effizient und modern arbeitet und andererseits führe ich ein Unternehmen, dass sich auf die Digitalisierung von Kanzleien und Rechtsabteilungen in Unternehmen spezialisiert hat. Wir beraten und unterstützen Kanzleien, entwickeln aber auch eigene Software und spezielle Legal Tech-Produkte.

    Ich kenne daher sowohl die Sicht als Rechtsanwalt als auch die des Unternehmers. Die Anwaltskanzleien, die wir beraten und unterstützen, schätzen es sehr mit einem Kollegen von Anwalt zu Anwalt reden zu können und gleichzeitig den Input und die Sicht eines IT-Unternehmers zu bekommen.
     

    Die Covid-19-Pandemie hat viele hiesige Branchen beeinflusst und geschwächt. Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Rechtsberatung und im Besonderen auf die Digitalisierungsanstrengungen der Branche?

    Corona hat mit einer brutalen Deutlichkeit gezeigt, wie wichtig es ist digital gut aufgestellt zu sein. Das reicht von elektronischer Akte und papierloser Kanzleiorganisation bis hin zu mobilen Arbeitsplätzen und Flexibilität für Mitarbeiter. Die Anwälte, die dies schon frühzeitig erkannt hatten, haben nun einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Da auch die Mandanten jetzt oft im Home Office sitzen, ist eine datenschutzkonforme, digitale Kommunikation unerlässlich. Nur wenn Sie überall und mobil arbeiten können, hält das eine Kanzlei oder Rechtsabteilung dauerhaft am Laufen.
     

    Da der persönliche Kontakt nach Möglichkeit vermieden werden sollte, hat die Bedeutung von Video- und Telefonbesprechungen enorm zugenommen. Damit das funktioniert und datenschutzkonform ist, muss einerseits entsprechende Technik vorhanden und andererseits auch der Umgang mit dem Medium klar sein. Da gab es bei vielen Anwälten Nachholbedarf.

    Ich denke, dass die Pandemie der Digitalisierung einen kräftigen Schub verpasst hat. Nun wird es darauf ankommen, konsequent entsprechende Projekte voranzutreiben.

     

    Wann ist vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse für mich als Gesellschafter einer Sozietät der richtige Zeitpunkt gekommen, um das Thema Digitalisierung in Angriff zu nehmen?

    Je früher man das Thema angeht, desto besser. Viele Kollegen haben es die letzten Jahre vor sich hergeschoben und Investitionen gescheut. Nun ist es höchste Zeit, die Weichen richtig zu stellen. Auch der zunehmende elektronische Rechtsverkehr mit den Gerichten und das besondere, elektronische Anwaltspostfach (beA) erhöhen den Handlungsdruck.

    Dabei ist es wichtig, die Anwaltskanzlei oder die Rechtsabteilung im Ganzen zu betrachten, die Prozesse anzupassen und eine belastbare Struktur zu schaffen. Es ist eben nicht mit einem neuen Scanner getan, sondern es muss die gesamte Organisation digital aufgestellt werden. Wer das nicht richtig angeht, holt sich schnell eine blutige Nase.
     

    Sie können sich als Rechtsanwalt, Geschäftsführer, geprüfter Datenschutzbeauftragter und Digitalisierungsexperte auf eine vielschichtige Expertise stützen. Was treibt Sie an?

    Digitalisierung und Legal Tech ist für mich wie ein großer Spielplatz. Wer offen ist und mitspielen möchte, kann viel Spass haben und neue Freunde finden. Es ist eine riesige Chance, die jeder nutzen sollte und die unzählige Möglichkeiten bietet.

    Ich finde es immer wieder toll zu sehen, wenn die Kanzleien mit denen wir arbeiten in die Welt der digitalen Rechtsberatung eintauchen und sich weiterentwickeln. Es ist wichtig für unsere Gesellschaft, dass Rechtsanwälte als unabhängiges Organ der Rechtspflege am Puls der Zeit sind und dem Mandanten effizient die beste Leistung bieten können. Es ist schön, wenn wir dafür unseren Beitrag leisten können.
     

    Vor welchen Herausforderungen steht die Digitalisierung der Rechtsberatung im allgemeinen und wie schätzen Sie die Zukunft der Branche ein?

    Meiner Meinung nach steht unsere Branche einem großen und tiefgreifenden Wandel gegenüber. Es ist manchmal erschreckend, wie stoisch einige Rechtsanwälte dem begegnen. Die Digitalisierung der Rechtsberatung und Legal Tech spiegeln sich ja nicht nur in digitalen Arbeitsabläufen und elektronischen Akten wider, sondern es treten auch zunehmend neue Wettbewerber in den Markt ein. Diese sog. alternativen Rechtsdienstleister machen Anwaltskanzleien sehr erfolgreich Marktanteile streitig und sie entwickeln sich schnell. Insbesondere im Verbraucherrecht etablieren sich digitale Geschäftsmodelle zunehmend und die Akzeptanz bei Mandanten wächst.

    Der Rechtsanwalt ist längst nicht mehr unbestrittener Anbieter von Rechtsberatung und erste Anlaufstelle. In vielen Bereichen ist es dem Mandanten einfach nicht mehr wichtig, dass er einem Anwalt in einer schicken Kanzlei gegenübersitzt. Er möchte eine Lösung seines Problems und das mit minimalen Kosten und wenig Aufwand.

    Da müssen Anwälte lernen umzudenken und ihre Leistung z.B. online verfügbar machen und digitale Dienste nutzen. Das muss sich dann auch in der Preisstruktur widerspiegeln. Die Abrechnung der Anwaltstätigkeit auf Stundenbasis oder nach der gesetzlichen Vergütungsordnung verträgt sich oft nur schlecht mit den neuen, digitalen Möglichkeiten. Hier wird man neue Modelle finden müssen, die sowohl für den Rechtsanwalt als auch für den Mandanten attraktiv sind.

    Natürlich wird der Gang zum Anwalt in absehbarer Zukunft nicht gänzlich verschwinden. Es gibt einfach Sitationen, da ist der Anwalt erste Wahl und Anlaufstelle. Nehmen wir mal ein Beispiel: Um ein Blitzerfoto prüfen zu lassen, werden viele in Zukunft auf digitale Dienste zurückgreifen. Wenn aber eine Firmenübernahme ansteht oder die Frau die Scheidung will und die Kinder mitgenommen hat, wollen viele Mandanten einen echten Menschen vor sich haben, dem sie vertrauen und der sich für sie einsetzt. Die persönliche Beziehung ist manchmal wichtig. Gleichwohl kann die Bearbeitung des Mandats dann elektronisch erfolgen und digital unterstützt werden.

    Anwälte sollten sich darauf konzentrieren, was sie besser können als Computer und Algorithmen. Wer es schafft, den Mandanten dort abzuholen, wo er steht, eine gemeinsame Sprache mit ihm zu finden und ihm eine einfache, bequeme und schnelle Lösung zu bieten, der wird auch in Zukunft Bestand haben. Alle anderen werden den Status quo nicht auf Dauer halten können.




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    Seyit Binbir
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    Seyit Binbir ist Börsenexperte und Wegbereiter vieler Unternehmen im digitalen Sektor. Seine Erfahrungen und Analysen veröffentlicht er als Redakteur in verschiedenen Börsenpublikationen, damit auch andere von seiner Leidenschaft für Aktien profitieren.
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    Verfasst von Seyit Binbir
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